Cannes 18: ASH IS THE PUREST WHITE – Jiang hu er nü von Jia Zhang-Ke (Wettbewerb)

Qiao (Zhao Tao) © MK2 Films

Als Jia Zhang-Ke vor fünf Jahren mit A Touch of Sin in Cannes am Wettbewerb teilnahm, wirkte der episodisch aufgebaute Film wie eine Abkehr von seinem bisherigen Werk. Zeitgenössischer, bissiger, satirisch gar.

Aber nun macht er einen Schritt vorwärts und zugleich einen zurück, im besten Sinn. Zhao Tao, seine Schauspielerin in Unknown Pleasures von 2002 spielte damals eine Frau namens Qiao Qiao. Und 2006 in Still Life, der vor dem Hintergrund des wachsenden Drei-Schluchten-Staudamms spielte, war sie Shen Hong. Nun hat er die zwei Frauenfiguren und ihre Geschichten kombiniert und erzählt sie über etliche Jahre hinweg mit einer anderen Perspektive.

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Cannes 18: LE LIVRE D’IMAGE von Jean-Luc Godard (Wettbewerb)

Der Mythos Godard ist unzerstörbar, daran wird auch die jüngste Iteration seines späten Oeuvres nichts ändern. Fünfzig Jahre nach der Rebellion der Kinobilderstürmer in Cannes gibt sich der ewige Revolutionär so kompromisslos wie (fast) eh und je.

«Ich werde immer auf der Seite der Bombenleger sein», erklärt seine doch mittlerweile etwas brüchig gewordene Autoritätsstimme sinngemäss im Verlauf seiner jüngsten Bild- und Ton-Kaskade. „Cannes 18: LE LIVRE D’IMAGE von Jean-Luc Godard (Wettbewerb)“ weiterlesen

Cannes 18: COLD WAR (Zimna wojna) von Paweł Pawlikowski (Wettbewerb)

Joanna Kulig (Zula) und Tomasz Kot (Viktor) in ‚Zimna wojna‘ © filmcoopi

Mit Ida, seiner in wundervollem Schwarzweiss erzählten Geschichte einer angehenden Nonne in Polen gewann Pawlikowski 2014 den Oscar. Ida war weniger eine Geschichte um Glauben und Vertrauen, als um Wissen und Entdecken. Die Novizin stösst, kurz bevor sie ihr Gelübde ablegen soll, auf die dunkle Familienvergangenheit in der Besetzungszeit.

Cold War, Pawlikowskis neuer Film hat einiges gemeinsam mit Ida. Wieder filmt Lukasz Zal, einer der beiden Ida-Kameramänner, in dem gleichen hypnotisch-cremigen Schwarzweiss. Das Bild ist im klassischen Akademie-Format und erinnert damit an die Zeit, in der die tragische, stürmische, unmögliche Liebesgeschichte von Zula und Wiktor ihren Anfang nimmt. „Cannes 18: COLD WAR (Zimna wojna) von Paweł Pawlikowski (Wettbewerb)“ weiterlesen

Filmpodcast Nr. 561: Filmfestival Cannes, I Am Not A Witch, Doppelgänger

‚I Am Not a Witch‘ von Rungano Nyoni © Outside the Box

Kino im Kopf – mit Julia Voegelin. Am Filmfestival in Cannes sorgt der US-amerikanische Streamingdienst Netflix für Unmut. Der Film I Am Not A Witch thematisiert die moderne Hexenjagd in Sambia. Ein Häppchen Filmwissen. Und natürlich wie immer fünf kurze Filmtipps und eine Tonspur zum Rätseln.

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Cannes 18: YOMEDDINE von A.B. Shawky (Wettbewerb)

Beshay (Rady Gamal) und Obama (Ahmed Abdelhafiz) © Wild Bunch

Der Filmtitel steht auf Arabisch für das jüngste Gericht. Geisteskranke werden nicht gerichtet werden, sondern kommen direkt in den Himmel, erklärt der Arzt der ägyptischen Lepra-Kolonie einmal.

Und Beshay, die Hauptfigur des Films, versichert seinem Schützling, dem Waisenjungen Obama, dass auch ihr Esel direkt in den Himmel kommen werde, als er den Strapazen der langen gemeinsamen Reise der beiden erliegt. „Cannes 18: YOMEDDINE von A.B. Shawky (Wettbewerb)“ weiterlesen

Cannes 18: LETO (Summer) von Kirill Serebrennikov (Wettbewerb)

Mike und Natasha (Roman Bilyk, Irina Starshenbaum)

Der Regisseur ist nicht nach Cannes gekommen. Festivaldirektor Thierry Fremaux erklärte, man habe Putin persönlich darum gebeten, Kirill Serebrennikov ausreisen zu lassen. Aber, so Putin, der Mann habe Probleme mit der russischen Justiz und die Justiz sei unabhängig…

Das klingt plausibel, wenn man rechtsstaatliche Verhältnisse für das heutige Russland akzeptiert. Aber es passt auch zu Serebrennikovs jüngstem Film, der zu Beginn der 80er Jahre in der Sowjetunion spielt. „Cannes 18: LETO (Summer) von Kirill Serebrennikov (Wettbewerb)“ weiterlesen

Die Unverpassbaren, Woche 19 – 2018

Wes Andersons ‚Isle of Dogs‘ © 2018 Twentieth Century Fox

Erst diese fünf Filme sehen, dann alle anderen:

  1. I am not a Witch von Rungano Nyoni. Eine Achtjährige wird in Zambia der Hexerei beschuldigt. In ihrem ersten Spielfilm verwebt die Regisseurin Erfahrungen, die sie im Alltag in Ghana gemacht hat.
  2. Isle of Dogs von Wes Anderson. Andersons zweiter Stop-Motion Film mit Puppen versammelt wieder eine kuriose Wahlverwandschaft. Diesmal sind es die verbannten Hunde einer japanischen Megacity, die sich auf ihrer Insel verbünden. Wieder taucht Anderson in eine andere Kultur ein wie ein Erzählschwamm und transponiert seine Familiengeschichten. Charmant und witzig.
  3. Loveless (Nelyubov) von Andrey Zvyagintsev. Die Kälte in diesem Film ist schwer auszuhalten. Ein Paar streitet darüber, wer nach der Scheidung den Sohn zu sich nehmen muss – der Junge hört mit und verschwindet. Ein starker, unerbittlicher Film.
  4. Jupiter’s Moon von Kornél Mundrúczo. Ein junger syrischer Flüchtling wird erschossen und beginnt zu levitieren. Ein zynischer Arzt möchte daraus Kapital schlagen. Irrwitzig, märchenhaft, metaphorisch im Plot, verblüffend realistisch in der Umsetzung.
  5. You Were Never Really Here von Lynne Ramsay. Die schottische Regisseurin schickt Joaquin Phoenix als traurigen Totschläger auf Mädchenrettungsmission. Dabei ist der Killer-Thriller-Plot mehr Folie als Motor, der Film ein assoziatives, entsetzlich packendes Netzwerk aus Bildern und Tönen.

Morgen im Filmpodcast: I am not a Witch, Filmfestival Cannes

Cannes 18: TODOS LO SABEN von Asghar Farhadi (Wettbewerb)

Penélope Cruz, Javier Bardem © frenetic

Ein ausgeklügeltes, durchdachtes, unentrinnbares Familiendrama als Auftakt für dieses Festival, das sich seit mehr als siebzig Jahren als Familientreffen der globalen Cinéphilie gebärdet: Das hat was.

Laura (Penélope Cruz) kommt mit ihrer sechzehnjährigen Tochter und dem deutlich jüngeren Sohn aus Argentinien zu einer Hochzeit zurück in die spanische Kleinstadt, ihr Mann Alejandro (Ricardo Darín) ist aus noch unklaren Gründen nicht dabei. „Cannes 18: TODOS LO SABEN von Asghar Farhadi (Wettbewerb)“ weiterlesen

Filmpodcast Nr. 560: Jupiter’s Moon, Grain, Mexploitation, #KlappeAuf

‚Grain‘ (Bugday) von Semih Kaplanoglu © trigon

Ein Flüchtling beginnt ganz wörtlich zu schweben in Kornél Mundrúczos Jupiter’s Moon. Der türkische Regisseur Semih Kaplanoglu emuliert mit seinem Science-Fiction-Mystery Grain Andrei Tarkovsky. In Zürich gibt’s Mexploitation, und in Österreich fordern Film- und Kulturschaffende Zivilcourage mit #KlappeAuf.

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Die Unverpassbaren, Woche 18 – 2018

Aryan (Zsombor Jéger) levitiert © Outside the Box

Erst diese fünf Filme sehen, dann alle anderen:

  1. Jupiter’s Moon von Kornél Mundrúczo. Ein junger syrischer Flüchtling wird erschossen und beginnt zu levitieren. Ein zynischer Arzt möchte daraus Kapital schlagen. Irrwitzig, märchenhaft, metaphorisch im Plot, verblüffend realistisch in der Umsetzung.
  2. You Were Never Really Here von Lynne Ramsay. Die schottische Regisseurin schickt Joaquin Phoenix als traurigen Totschläger auf Mädchenrettungsmission. Dabei ist der Killer-Thriller-Plot mehr Folie als Motor, der Film ein assoziatives, entsetzlich packendes Netzwerk aus Bildern und Tönen.
  3. In den Gängen von Thomas Stuber. Eine Liebesgeschichte im Lebensmittelgrossmarkt, durchkomponiert und packend einfach, mit Franz Rogowski, Sandra Hüller und vielen Gabelstaplern.
  4. Jeune femme von Léonor Serraille. Die junge Schweizerin Laetitia Dosch ist das dauergeschüttelte Epizentrum dieser perfekt komponierten Pariser Odyssee ins Erwachsenenleben.
  5. Lean on Pete von Andrew Haigh. Vom Regisseur von 45 Years, ein Roadmovie mit Pferd und Teenager und einer satten, runden Figurenzeichnung. Verblüffend einnehmend.

Morgen im Filmpodcast: Jupiter’s Moon, Grain, Mexploitation, #KlappeAuf.