Filmpodcast Nr. 574: Look and Roll, Eingeimpft, David Lynch in Sitten und Morges

‚Eingeimpft‘ ? David Sieveking mit seiner Tochter © Stamm Film

Heute mit einer etwas ungewöhnlichen Ausgabe. Wir steigen ein mit einem Ohr auf das nur alle zwei Jahre stattfindende «Look and Roll» Kurzfilmfestival in Basel. Dann nehmen wir uns den sympathischen, aber verunglückten Dokumentarfilm «Eingeimpft» von David Sieveking vor ­– und geben im Anschluss dazu den Kolleginnen von der Wissenschaftsredaktion das Wort, weil das bitter nötig ist.

Und schliesslich nimmt uns Georges Wyrsch mit ins Wallis und an den Genfersee, zu gleich zwei Ausstellungen mit grafischen Arbeiten des Filmemachers David Lynch.

Dazu natürlich die unumgängliche Tonspur, und unsere Kurztipps.

Hören:

Saugen: Filmpodcast Nr. 574 (Rechtsklick für Download)


filmpodcast

Den Filmpodcast können Sie via iTunes oder direkt abonnieren.

2 Antworten auf „Filmpodcast Nr. 574: Look and Roll, Eingeimpft, David Lynch in Sitten und Morges“

  1. Lieber Michael Sennhauser,

    ich hab gerade zufällig ihren Beitrag gehört in dem mein neuer Film vorkommt. Natürlich hat mich Ihr Interesse an meiner Arbeit gefreut, aber was „Eingeimpft“ betrifft, bin ich über Ihre Reaktion doch sehr verwundert. Anscheinend haben Sie sich von der allergischen Reaktion in den deutschen Medien anstecken lassen und sind reflexartig in den allgemeinen Tenor einfallen, der den starken Eindruck hinterlässt, dass über dieses Thema auf keinen Fall differenziert berichtet werden darf.
    Natürlich können Sie meinen Film kritisieren und auch für schlecht befinden, aber Sie scheinen in Ihrer Betrachtung lediglich die ersten zehn Minuten zugrunde gelegt zu haben und machen lauter falsche Tatsachenbehauptungen. Besonders hervorstechend unterstellen Sie mir in Ihrem Audio-Beitrag, dass in meinem Film die These vertreten werde, Impfungen könnten Autismus auslösen. Haben Sie den Film wirklich angeschaut? Von Autismus ist in meinem Film aber kein einziges Mal die Rede – wie kommen Sie darauf? Ich appelliere hier an Ihren journalistischen Ethos, das richtig zu stellen.
    Entgegen ihrer Behauptung kommt in meinem Film auch kein einziger Impfgegner und auch keine einzige pseudowissenschaftliche Stimme vor. Alle Mediziner und Wissenschaftler, die in meinem Film zu Wort kommen, sind grundsätzlich für das Impfen, melden unter Umständen hier und da Kritik an einzelnen Impfstoffen oder Impfprogrammen an, aber niemand wird aus meinem Film kommen und wegen des Films nicht impfen. Ich verstehe auch nicht den Ausflug Ihres Beitrags in das Schweizer Gesundheitswesen, wo dann über die Wichtigkeit der Masernimpfung referiert wird: Mein Film ist ein flammendes Plädoyer für ebendiese Impfung, wieso bleiben Sie nicht bei der Sache? Ducrh Ihren Beitrag kann man eigentlich nur schlussfolgern, dass wir gar nicht geimpft hätten – soll das suggeriert werden? Dabei erzählt mein Film im Prinzip davon, wie ein Vater seine Lebensgefährtin vom Impfen der gemeinsamen Kinder überzeugt.
    Die Forschung von Peter Aaby eröffnet dabei noch einen hochspannenden Blick auf unser Immunsystem, wobei sich ein großer Teil der wissenschaftlichen Community, die sich mit Impfen beschäftigt, einig ist, dass diese Forschung das Potenzial hat, die Art wie wir Impfen zu verändern. http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/eingeimpft-peter-aaby-was-sind-unspezifische-effekte-von-impfungen-a-1225184.html
    Besonders betrübt mich, dass selbst in einem cineastischen Format wie Ihrem überhaupt nicht auf filmische Aspekte eingegangen wird, sondern ein politischer Gedanke im Hintergrund zu stehen scheint: Bei diesem Thema darf auch nicht der leiseste Zweifel geäußert werden, denn das könnte die Impfquoten fallen lassen. Aber Sie sind doch keine Gesundheitsbehörde, sondern Filmkritiker. Der Film wird übrigens auch von vielen Ärzten, Wissenschaftlern und Mitgliedern der Ständigen Impfkommission am Robert Koch-Institut als wertvoll erachtet, ein Dokument darüber, wie Eltern heutzutage drauf sind, was sie für Sorgen und Ängste und Probleme haben. Natürlich kann man die schlussendliche Impfentscheidung im Film für nicht richtig befinden, aber der Zuschauer hat genug Raum, sich seine eigene Meinung zu bilden. Das hat übrigens auch die NZZ erkannt und zur Abwechslung mal einen ganz anderen Ton angeschlagen: https://www.nzz.ch/wissenschaft/die-impffrage-als-beziehungskonflikt-ld.1421367

    Gar nicht erwähnt wird in Ihrer Kritik, dass mein Film nicht den Anspruch hat, eine umfassende wissenschaftliche Abhandlung über das Impfen zu bieten, sondern neben den Recherchen vor allem eine Beziehungskomödie ist. Warum wird bei Dokumentarfilmen fast nie über dramaturgische oder filmische Aspekte gesprochen? Stellen Sie sich doch mal den gleichen Stoff als Spielfilm vor? Ein Liebespaar, dass eine Familie gründet, sieht sich auf einmal Problemen gegenüber, die sie vorher gar nicht hatten. Der Mann zieht los durch Recherchen sein Dilemma zu lösen. Mir geht es nicht um eine Impfempfehlung, sondern den Zuschauer mal dazu zu bringen, seine Perspektive zu ändern, dann können wir Konflikte wirklich lösen und kommen miteinander weiter, als wenn wir nur schwarz-weiss denken, einander in Schubladen stecken und mit moralisierenden Vorwürfen bedenken.

    Lieber Herr Sennhauser, tut mir leid, dass ich hier so ein lange referiert habe, ich musste mir das wohl von der Seele schreiben ;-)

    Mit freundlichen Grüßen,
    David Sieveking

  2. Lieber David Sieveking,
    Ich kann Ihre Betrübnis nachvollziehen und auch die meisten Ihrer Argumente. Zumal ich ja auch ihre früheren Filme kenne und liebe. Dass wir in einem Dreiminuten-Format auf einen einzelnen Aspekt fokussieren, liegt in der Natur der Sache. Und das war in diesem Fall tatsächlich die Überlegung, was der Film beim Publikum erreicht und was er als Absicht ausweist.
    Ich bin überzeugt, dass sie das alles viel ausgewogener sehen, als wir es darstellen. Und das ist auch gut so. Ich rate ja auch niemandem vom Filmbesuch ab, im Gegenteil.

    Dass meine Befürchtungen (und die anderer Kolleginnen und Kollegen) nicht ganz aus der Luft gegriffen sind, sieht man man einfachsten an den online-Kommentaren zu den Beiträgen auf der SRF.ch Plattform. Da melden sich halt lautstark vor allem wieder Impfgegner und Verschwörungstheoretiker.

    Wir haben uns ja seinerzeit in Locarno kennengelernt, Sie waren in unserer Radiosendung, zusammen mit ihrem Vater, wenn ich mich recht erinnere. Und ich freue mich sehr auf Ihren nächsten Film.

    Mit Dank und Gruss:
    Michael Sennhauser

Kommentar verfassen