Au revoir, Yves Yersin!

Yves Yersin © filmcoopi

Yves Yersin war ein Schweizer Phänomen. Ein rares Filmtalent, das sich rar gemacht hat. Der ausgebildete Fotograf machte sich seinen Namen als Dokumentarfilmer, zunächst zusammen mit der Westschweizer Kollegin Jacqueline Veuve.

1974 gelang ihm eine Art «Swiss-Ethno-Hit» mit seinem extrem detaillierten und liebevollen Film über die austerbenden Seidenbändel-Weber «Die letzten Heimposamenter», die vor allem im Baselbiet noch anzutreffen waren und die einst blühende Heimindustrie des Basler Kapitals begründeten.

Fün Jahre später gelang ihm etwas vergleichbares mit «Les petites fugues». Der Spielfilm über den Bauernknecht Pipes, der mit seiner Pensionierung und mit Hilfe eines Mofas zum ersten Mal im Leben eine Art Freiheit erlebt, rührte Generationen zu Tränen.

Und dann? Dann kam nichts mehr. Yersin machte keine Kompromisse, keine Filme mehr. Bis er auf diese kleine Schule im Jura stiess, die geschlossen werden sollte. Tableau noir war ein Langzeitdokumentarfilm, für den Yersin wörtlich alles gab, er verlor sogar einen Teil seiner Zähne, weil er sein Geld lieber in dieses Projekt steckte, als es über Zahnarztrechnungen auszugeben.

Tableau noir schaffte noch einmal, was Die letzten Heimposamenter und Les petites fugues geleistet hatten: Yves Yersin schärfte den Blick seines Publikums für die Mischung aus Tradition, Arbeit, Verbundenheit und, ja, auch Abgeschiedenheit, die kleine Welten in der Grossen so reizvoll machen.

Yersin hatte einen Blick für die Menschen und die Gemeinschaften, der sich schärfte an Verlusten und Vergänglichkeit. Er hatte die Fähigkeit, Idyllen aufzuzeigen, die aus Not entstanden waren. Seine ganz eigene Kunst bestand wohl darin, nostalgische Sehnsucht mit Realismus zu kontern und beides zu versöhnen.

SRF1 zeigt am kommenden Samstag um 14.15 Uhr Chlini Schprüng, die Deutschschweizer Dialektfassung von Les petites fugues, mit der Stimme von Sigfrit Steiner als Pipe.

2 Antworten auf „Au revoir, Yves Yersin!“

  1. Liebe Nicoletta, ja, Samstag, 24. Nov. „Chlini Schprüng“ wird ausgestrahlt statt der restaurierten Fassung von „Jä soo!“, die auf einen späteren Termin wandert. Wird wohl heute im Programmraster auftauchen, das wurde ja erst gestern Nachmittag entschieden…

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