Iggy Pop ist ein Coffee-Zombie. Kaum dem Grab entstiegen, futtert er zwar standesgemäss das Gedärm einer Diner-Servierdame. Aber danach schüttet er Kaffee in sich hinein.
«Sie gravitieren zu den Dingen, an denen sie im Leben hingen», erklärt Adam Driver, der einen der drei Kleinstadtpolizisten spielt, in Jim Jarmuschs Smalltown-Idylle namens Centerville. Die anderen beiden verkörpern Bill Murray und Chloë Sevigny.
Die Analyse sitzt. Ein weiblicher Zombie krächzt «Chardonnay», und eine ganze Gruppe irrt mit Mobiltelefonen durch die Nacht auf der Suche nach «Wifi».
Seit George A. Romero die Untoten in die aufgeklärte Welt transferiert hat, sind die Zombies ganz klar unsere Gesellschaftsmetapher Nummer eins geworden. Der Riesenerfolg der «Walking Dead» von AMC war wohl die Krönung einer unaufhaltsamen Entwicklung.
Da ist es auch durchaus folgerichtig, wenn Jim Jarmusch diese ohnehin langsamsten aller Schreckensgestalten noch etwas langsamer macht. Schliesslich war bei ihm schon 1995 Johnny Depp als Dead Man die Slow Food Variante des Spätwestern. Und mit Ghost Dog: The Way of the Samurai brachte er es 1999 fertig, die Schwertkämpferromantik fast bis zum Stillstand zu entschleunigen.
Jarmusch ist sein eigenes Label, viel von seinem Humor funktioniert schlicht und einfach über die Erwartungen, die sein Name weckt. Um so überraschender war denn auch 2013 sein poetisches Riff zum Vampir-Thema mit Only Lovers left Alive. Die Vampire, allen voran Tilda Swinton, waren die Künstler, die Lebens-Künstler, in der untergehenden Stadt Detroit, aber auch sonst in der Welt.
Mit den Zombies verfährt nun aber auch Jarmusch deutlich einfacher. Er übernimmt in erster Linie die von Goerge A. Romero ausgearbeitete Prägung des Konsum-Zombies und lässt die auf die cartoonmässig reduzierte US-Kleinstadtidylle mit all ihren Stereotypen los.
Die einzigen fremden Elemente sind Tilda Swinton als ausserirdisch schöne Bestatterin aus Schottland, die mit dem Schwert besser umzugehen weiss, als mit dem Schminkpinsel bei den Leichen. Und drei «Hipster aus Cleveland», angeführt von Ex-Disney-Star Selena Gomez, welche die Horror-Genre üblichen städtischen Teenager im Hinterland-Urlaub verkörpern.
Technisch erfüllt der Film alle Wünsche. Effekte, Schminke, Ausleuchtung und vor allem Ausstattung erfüllen jeden Grossproduktionsstandard. Und die Ansammlung von Charakterköpfen kann sich – wie meist bei Jarmusch – ebenfalls sehen lassen.
Bill Murrays Lakonie, Chloë Sevignys Hang zu Hysterie und Adam Drivers drehbuchgetriebener Fatalismus («This is all going to end badly») sind eben so amüsant, wie die Jarmusch-typischen Wiederholungen ganzer Formulierungen: Verbaler Slapstick.
Aber Zombies sind mittlerweile dermassen durch alle Variations-Maschinen gedreht worden, dass man von Jarmusch einen überraschenden Twist erwartet hätte. Und der bleibt weitgehend aus. Dass sich der New Yorker über Trumps Amerika und seine Klimawandel-Bestreitungs-Formeln lustig macht, ist ein hübscher, aber erwartbarer Schlenker.
Seine vielen Hommagen an frühere Genre-Filme, die sogar ein Ed-Wood-Zitat mit einschliessen, sind so wunderbar wie vieles an diesem Film.
Das einzige, was The Dead don’t Die fehlt, ist dieser letzte Funken Originalität, der Twist, der aus Only Lovers Left Alive einen Instant-Klassiker gemacht hat.
Dafür hat er Bill Murray und Tilda Swinton. Man soll nicht immer noch mehr wollen.
Kinostart
Frankreich: 14. Mai (simultan mit Cannes-Eröffnung)
Deutschschweiz: 13. Juni 2019 (Universal)
USA: 14. Juni 2019
Genau. Packt Tilda vor die Kamera. Es kann nichts schlechtes dabei rauskommen. Und schön, dass Murray wieder in einem Zombiefilm mitmacht, aber abermals selbst keiner ist. :D