BOY FROM HEAVEN (Walad min al Janna) von Tarik Saleh

© ARTE Cinéma

Am Tag, an dem der begabte Fischerjunge aus einem ägyptischen Dorf sein Stipendium an der renommierten islamischen Al Azhar-Universität in Kairo beginnt, stirbt der Gross-Imam, der Universtätsleiter. In den Machtkampf um seine Nachfolge greifen nicht nur die Muslim-Brüder ein, sondern auch der ägyptische Geheimdienst.

Es gibt drei Kandidaten, den regierungstreuen, den der strubbelige Geheimdienst-Offizier um jeden Preis an die Macht bringen soll, den fundamentalistischen Sheik, den die Muslim-Brüder unterstützen. Und den blinden Sheik, den das Volk und die Studenten für seine Aufrichtigkeit und Gerechtigkeit verehren.

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Da gibt es Studenten, die im Auftrag des Geheimdienstes verdeckt operieren, und solche welche offen eine Anhänger- und Studiengruppe für den Fundamentalisten betreiben. Und der Fischerjunge nicht nur mitten unter die Fraktionen, er wird auch gleich in die Spion-Funktion des Geheimdienstes gepresst, nachdem er den nächtlichen Mord an seinem Vorgänger mit ansehen musste.

Ein Kairo- und Moscheenthriller! Auch wenn man dieser italienisch-französisch-schwedischen Koproduktion Salehs Serien-Routine anmerkt, funktioniert die lineare Abfolge empörender Momente wie geschmiert.

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Dass alles ein wenig einfach gestrickt ist, merkt man von aussen nur bedingt, zumal die ägyptischen Institutionen sowohl des Geheimdienstes, aber auch der islamischen Universität auf die meisten Kinozuschauer ungewohnt fremd und aufregend wirken dürften.

So wie die israelische Netflix-Serie «Fauda» mit komplexen Geschichten die reale Politik gerade so einfach macht, dass man nicht mehr wegschauen kann, so zieht auch Boy from Heaven sofort in Bann.

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Am Ende ist das zwar die alte Geschichte vom Kampf um die Macht in einem korrupten Staat, der eng mit den religiösen Institutionen verflochten ist. Aber ein paar verblüffende Einfälle, die Figur des weisen blinden Sheiks und schliesslich die religionsphilosophische Beschlagenheit des jungen Studenten sorgen dafür, dass das gleichermassen spannend wie instruktiv daherkommt.

Eine filmische Lektion über Ägypten, die vieles sichtbar macht, an das Touristen wohl nie denken würden. Und damit ein klassisches Weltkinostück mit Aufklärungscharakter und zeitgenössischer Serientaktung.

 

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