HATCHING von Hanna Bergholm

Siiri Solalinna in ‚Hatching‘ (Pahanhautoja) von Hanna Bergholm © Präsens Film

Mehr Regisseurinnen, das bedeutet auch mehr weibliche Perspektiven im Kino. Und dies nicht nur im progressiven Autorenfilm, sondern auch bei den grossen Disney-Kisten und im Genre-Kino. Jetzt läuft mit Hatching von der Finnin Hanna Bergholm ein augenzwinkernder Horrorfilm an, der Influencer-Satire mit aufblühender Weiblichkeit kombiniert.

Alles ist friedlich im Haus der 12jährigen Tinja. Die Mutter, eine erfolgreiche Influencerin, filmt die Tochter beim Spitzentanz, oder gleich die ganze glückliche Familie auf dem Sofa. Aber dann knallt eine Krähe durch die Wohnzimmerscheibe:

Tinja gelingt es, den Vogel mit einer Wolldecke einzufangen – aber die Mutter dreht dem Tier zu Tinja Entsetzen den Hals um. «Schmeiss das in den Müll», sagt sie zu Tinja: «Aber in die Biotonne!»

Die Influencer-Mutter stellt das Familienbild über alles, worunter die kunstturnende Tochter offensichtlich leidet: Die von der Mutter geforderte Makellosigkeit gelingt ihr nicht immer.

‚Hatching‘ (Pahanhautoja) © Präsens Film

Dafür findet sie am Tag nach dem jähen Krähentod im Wald hinter dem Haus ein einsames Krähenei und versteckt es in ihrem Bett unterm Teddybär.

Worauf ein paar Tage später ein riesiges, hässliches, schleimtriefendes Vogelmädchenmonster schlüpft, das Tinja unterm Bett versteckt.

In den nächsten Tagen führt Tinjas Doppelgänger-Vogel-Monster-Mädchen zu immer blutigeren Ereignissen. Die drastische Perioden-Metaphorik, welche Regisseurin Hanna Bergholm hier fantasiereich und auch technisch brillant umsetzt, ist nicht neu. Die Frauwerdung adoleszenter Mädchen hat der Horrorfilm immer wieder umgesetzt, gerne auch mit Werwölfinnen als Metapher.

Siiri Solalinna in ‚Hatching‘ (Pahanhautoja) von Hanna Bergholm © Präsens Film

Aber selten so konsequent aus der Perspektive des Mädchens. Im Original heisst der Film Pahanhautoja – böse Gräber. Aber der englische Titel Hatching – ausschlüpfen – ist viel bildhafter. Und wie Tinja sich selbst gleichzeitig als Opfer und als Monster erlebt, entspricht unseren eigenen Teenager-Erfahrungen.

Um einiges knuddliger, aber nicht weniger metaphorisch, sogar im Titel, setzt das auch Disneys Animationsfilm Turning Red um, den die chinesischstämmige Regisseurin Domee Shi für Pixar geschrieben und umgesetzt hat. Da verwandelt sich die 13jährige Meilin in einen riesigen roten Panda, jedes Mal wenn sie sich aufregt – in ein unkontrollierbares, aber eigentlich doch ganz süsses Monster.

‚Turning Red‘ von Domee Shi / Pixar © Disney

Der rote Werpanda als Bild für den Hormonsturm, das ist gerade verschlüsselt genug, um im aktuellen Disney-Kanon noch durchzugehen.

Das Mädchen als Monsterversion seiner selbst in Hatching dagegen ist definitiv nicht für Kinder. Aber Teenager dürften den Film grossartig finden. Und für Erwachsene ist er ein witziges, kathartisch-satirisches Erlebnis.

Hatching von Hanna Bergholm läuft ab morgen im Kino.
Turning Red – oder mit deutschem Titel Rot
ist auf Disney plus
und den meisten
On-Demand-Plattformen zu sehen

 

 

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