Die verliebte Stella des Filmtitels ist autobiographisch. Und die Filmemacherin hat ihr 2008 schon einen ganzen Film gewidmet: Stella. Der spielte 1977 und Stella war 11 Jahre alt.
Der neue Film begleitet Stella durch ihr siebzehntes Jahr, von den Sommerferien mit den Freundinnen in Italien über ihre Mühe mit der Schule und den Vorbereitungen auf das «Bac» und der Trennung der Eltern bis zu ihrer neuen Leidenschaft.
Das ist Clubbing in den «bains douches» und ihre Verliebtheit in den umschwärmtesten Tänzer dort, den schönen André in seinem Black Panther Look.
Stella ist in der Bar ihrer Eltern aufgewachsen, sie kommt aus diesem euphemistisch als «einfache Verhältnisse» beschriebenen Milieu, das in Wahrheit ausgesprochen kompliziert ist.
Stella liest viel, gerne auch Balzac, aber ihre Allgemeinbildung existiert kaum, ob sie das Bac schaffen wird, daran zweifelt sie. Zumal sie nicht weiss, wofür denn auch. Denn eine Idee davon, was sie danach machen möchte, hat sie nicht.
Ihre mysteriös verschwiegene Attraktivität weckt tatsächlich Andrés Interesse. Da sie aber weder über sich noch über ihn noch über sonst etwas mit ihm wirklich zu reden vermag, bleibt ihre Beziehung trotz erstem Sex und eindeutiger Anziehung eine offene, fragile Angelegenheit.
Sylvie Verheyde rekonstruiert die Atmosphäre und die Kleider der 1980er Jahre mit viel Aufwand und Liebe zum Detail, darin erinnert der Film an L’événement oder auch entfernt an Joanna Hoggs The Souvenir.
Aber der Vergleich funktioniert nur ganz oberflächlich. Stella est amoureuse ist weit entfernt von der Vielschichtigkeit dieser Filme. Und Sylvie Verheyde hat sich zwar sichtlich darum bemüht, die Stimmung und das Lebensgefühl ihrer Teenjahre zu bschwören, aber dem Film fehlt genau die entscheidende Ebene der Reflexion.
Klar ist es berührend, dieser verstockten Siebzehnjährigen dabei zuzuschauen, wie sie mit dem Leben und sich selbst kämpft, beziehungsweise, eben nicht wirklich kämpft. Sie ist nicht naiv, sie trinkt etwa keinen Alkohol, gerade weil sie in einer Bar aufgewachsen ist, wie sie einer Freundin erklärt.
Aber der Film legt sich ausgerechnet zwischen die beiden vielversprechendsten Ansätze. Er ist weder immersiv und subjektiv genug, um einen einfach in die Welt dieser jungen Frauen hineinzuziehen. Und er ist auch nicht reflektiert und doppelbödig genug, um die Reise mit der erwachsenen Filmemacherin zurück zu ihrem jungen Ego zwingend zu machen.
Dabei sind die Clubszenen musikalisch und gestalterisch ausführlich und zahlreich und damit in ein paar Momenten auch recht nahe an dieser Direktheit. Aber der Rest oft nicht, trotz der ansprechenden Kameraarbeit von Léo Hinstin.
Was einigermassen gelingt, ist der Kontrast zwischen der schäbigen, eher hoffnungslosen Welt der Eltern (Marina Foïs, Benjamin Biolay) und den selbstvergessen ekstatischen Momenten im Club.
Und was ebenfalls greifbar wird, ist die Isolation von Stella, ihre Unfähigkeit, konventionell nett und gesprächig zu sein. Selbst bei ihren Freundinnen oszilliert sie zwischen Selbstausschluss und Solidarität. Und da geht dieser Film zumindest manchmal über sich hinaus.