SERVIAM – ICH WILL DIENEN von Ruth Mader

© Christine A. Maier

Wohl wahr, die Kirche hat es sich selbst zuzuschreiben, dass mit ihren Insignien, Ritualen und Vorstellungen so effiziente Horrorbilder zu erzeugen sind. Jahrhunderte von Machterhaltung via Höllendrohung, Sündenmalereien und Gottesfurchteintreibungen haben Spuren hinterlassen in unserem kollektiven Schattenfühlen.

Aber die Österreicherin Ruth Mader holt sich auch ausgesprochen gekonnt das halbe Arsenal des gehobenen Horrors zu Hilfe, um diese sehr österreichische Variation auf den Nunsploitation-Film auf Höchstleistung zu trimmen.

© Christine A. Maier

Das moderne klösterliche Mädchen-Internat, in dem wir uns sehr schnell befinden, ist nicht jenes der Schmuddelerotik und Nonnenwitze. Im Gegenteil. Das ist eine sehr teure Elite-Schule für Mädchen und die braunlockige, tiefgläubige Sarah ist so ein Elite-Mädchen.

Ihr Vater lebt mit ihrer Mutter in deren Heimat Spanien, und Martha ist die Lieblingsschülerin der von Maria Dragus gespielten Internatsschwester.  Diese Schwester ist überzeugt, dass die Welt vom Glauben abgefallen ist und dass es an ihr und ihren Schwestern im Glauben liegt, da Gegensteuer zu geben.

© Christine A. Maier

Das Mittel ihrer Wahl ist Disziplin für alle. Und mehr Disziplin für die Auserwählten. Martha bekommt von ihr einen Bussgürtel aus Draht, ein Gerät mit vielen fiesen Spitzen, das man sich unter der Kleidung zur automatischen Selbstgeisselung um den Bauch bindet. Was Martha mit fast schon ekstatischer Überzeugung auch tut.

Allerdings fügt sie sich damit innert Tagen so schwere Entzündungen zu, dass sie ins Krankenlager muss. Das organisiert die Schwester heimlich für Martha im leeren fünften Stock des Hauses, den Mitschülerinnen erzählt sie, Martha sei überraschend von ihren Eltern nach Spanien geholt worden.

Nun liegt da also ein verzückt leidendes gläubiges Mädchen im verbotenen fünften Stock, umsorgt von der strengen Schwester, die sie weiter im Glauben bestärkt, die Abötung des eigenen Fleisches sei nicht nur gottgefällig, sondern auch gut zum Wohle der Menschheit.

© Christine A. Maier

Indoktrination und Kindsmissbrauch im Namen Gottes, das bekommt hier eine schauerlich ungewohnte Note über den gemeinsamen Glauben der beiden jungen Frauen.

Wie überhaupt der ganze Film es schafft, die gewohnten Mechanismen all der Internats-Schreckengeschichten auszuhebeln über dieses unüberwindbare Glaubensbekenntnis.

Die Dynamik der anderen Mädchen im Internat wird geschickt verwoben, die Einsamkeit der einen, die analytische Disziplin einer anderen.

Und inszeniert ist das alles mit einem expressiven Hitchcock-Musik-Teppich voller Bernard Herrmann Anmutung, Kubrickschen Einstellungen und viel, viel Seidelscher Zentralperspektive.

Und mit animierten Zwischensequenzen, welche die biblischen Visionen illustrieren.

© Christine A. Maier

Das ist ein effizienter Horrorfilm der absolut saubersten Sorte. Ruth Mader braucht kein Excorcist-Brimborium, keinen teuflischen Schleim und schon gar keine gottlose Sprache, um den Schrecken zu maximieren.

Denn der erwächst hier aus der Tatsache, dass die unerschütterliche Überzeugung, das Richtige zu tun, unaufhaltsamer und schrecklicher sein kann als alles andere – zumal dann, wenn die vielbeschworene Gottgefälligkeit mit ins Spiel kommt.

Ruth Mader © Verband Filmregie Österreich

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