Der erste Wettbewerbsfilm der 73. Berlinale ist eine Tech-Tragikomödie aus Kanada. Sie erzählt die Geschichte der ersten Smartphone-Produzenten – als prototypische Silicon-Valley-Satire.
Waterloo war nicht nur der Anfang vom Ende von Napoleon, sondern auch der von BlackBerry. Allerdings Waterloo, Ontario. Und der Blackberry, das war nicht nur das erste Smartphone, sondern für ein paar Jahre auch das Must-have-Gadget für jeden Businessman, Politiker und alle anderen Mischler.
Matt Johnsons Film erzählt den wilden Ritt von der chaotischen Nerd-Entwicklerbude in Kanada zu einem der kurzfristig wertvollsten Unternehmen der Welt und dem darauffolgenden Absturz in jener Reinkarnation, die jede Tragödie eines Tages erfährt: Als Komödie.
Damit das funktioniert, steht der Regisseur selbst an der Front. Er spielt den ewig optimistischen Supernerd Doug an der Seite des semi-autistischen Tüftler-Genies Mike Lazaridis (Jay Baruchel). Als Doug motiviert er den wilden Programmierer- und Elektronik-Bastler-Haufen, der sich RIM nennt, Research in Motion, wenn es sein muss auch mit einer Movie-Night oder einer WC-Saugglocke, wenn der Lohn mal wieder ausbleibt, weil sie eben alle besser basteln können, als sich verkaufen.
Das ändert sich erst, als der windhundige, skrupellose und absolut durchsetzungsfähige Businessmanager Jim Balsillie (Glenn Howerton) sich Research in Motion als CO-CEO unter den Nagel reisst, weil er – eher zufällig – gemerkt hat, dass die jungen Nerds mit ihrer Kombination aus Pager, Mini-Computer und Mobiltelefon gerade die nächste Tech-Revolution erfunden haben.
Balsillie ist der Geschäftsmann, der Corporate-Shark, Lazaridis das Entwicklergenie und Doug die gute Seele im Betrieb. Anhand dieser drei Hauptfiguren erzählt BlackBerry die grosse Gründergeschichte der Tech-Generation, den Garagen-Mythos von Hewlett-Packard, Apple, Google oder unzähligen anderen in rasendem Tempo von 1996 bis zur Entthronung von Blackberry durch Apples iPhone und den darauf folgenden schnellen Absturz.
Dank einer nostalgisch-ironischen 90er und 00er Ästhetik, der permanenten Gegenüberstellung von Geek-Kultur und Corporate Warfare und unzähligen Film-, Game- und Pop/Rock-Zitaten gelingt Johnson dabei eine Tragikomödie, die sich wieselflink zwischen Wayne’s World, The Social Network und Wallstreet bewegt.
Die Zitate beschränken sich dabei nicht auf eine einzelne Filmebenen, sie sind überall. Wie etwa der Umstand, dass der Ein- und Durchpeitscher, den Balsillie zu RIM holt, nicht nur ein wenig an Steve Ballmer von Microsoft erinnert, sondern auch gleich vom unverwüstlichen Michael Ironside gespielt wird, dem unvergessenen Haudegen und Militär-Ausbilder aus Paul Verhoevens «Starship Troopers».
Einen ganz speziellen Kniff leistet sich der Film durch den weitgehenden Verzicht auf weibliche Figuren. Es gibt zwar ein paar Frauen im Hintergrund, aber hier spielen erst mal die Jungs mit ihren Spielsachen und die ewigen Krieger der skrupellosen Business-Welt unter sich.
Bis dann am Ende die Frauen aufräumen. Es ist eine Frau, die Balsillies Traum zerstört, gleich mehrere Hockey-Teams zu kaufen – indem sie ihm lächelnd erklärt, er sei moralisch schlicht zu verkommen, der ganze Vorstand der Liga habe gegen ihn gestimmt.
Und es ist eine Frau von der Steuerbehörde, welche die Untersuchungen wegen Aktien-Betrug leitet und schliesslich das Ende von BlackBerry einläutet.