Gu Wentong ist geschieden, seine kleine Tochter lebt bei seiner Schwester und seinem Schwager. Er war einst Dichter, Teil einer ganzen Feundesclique, deren bekanntester Exponent mittlerweile in Paris lebt.
Nun schlägt sich Gu Wentong als Foodblogger in Peking durch, besucht so oft wie möglich seine kleine Tochter und bleibt auf Distanz, wenn die deutlich jüngere Fotografin Ouyang Wenhui mit ihm flirtet. Was ständig passiert, denn sie fotografiert für seinen Blog.
Was Ouyang Wenhui ihm bald vorwirft, war wohl auch der Grund für seine Scheidung: Gu Wentong ist unglaublich höflich. Seine Höflichkeit steht wie eine Mauer zwischen ihm und den Menschen, erklärt seine Ex-Frau einmal.
Aber bis es zu dieser Begegnung kommt, lernen wir viele Figuren kennen, auch den einsamen alten Vater von Gu, der einst wegen einer Grapscher-Anschuldigung ins Arbeitslager kam und von dem sich seine Frau denn auch auch prompt scheiden liess.
Für Gu und seine Schwester ist «der Vater» seither inexistent. Bis der Schwager ihn im weit entfernten Beidaihe aufspürt und Gu ohne das Wissen seiner Schwester informiert.
Zhang Lus Film erinnert in seiner mal prächtigen, dann wieder schäbigen Ausgestaltung und mit seinen melancholisch-liebenswerten Figuren an Wong Karwei, aber auch an das koreanische Autorenkino der letzten Jahrzehnte.
Gleichzeitig ist das ein Film, der ein völlig gegenwärtiges Peking zu vermitteln scheint, einen chinesischen Alltag, der beiläufig und viel weniger fremd wirkt, als wir das aus anderen chinesischen Filmen gewohnt sind.
Nicht nur die Hauptfigur war einst Dichter, auch der Filmemacher mit seinen koreanisch-chinesischen Wurzeln hat sich einen Namen als Autor gemacht, lange bevor er seine ersten Filme drehte.
Mit Bildern und Metaphern kann er umgehen, schon der Titel des Films verweist auf eine uralte weisse Pagode in Peking, die angeblich so gebaut ist, dass sie keinen lokalen Schatten wirft – dafür aber bis in die Berge Tibets.
Natürlich ist der schattenlose Turm nicht nur ein Bild für den abwesenden Vater, in den sich die Hauptfigur nach eigenem Bekunden je länger je mehr verwandelt, sondern auch ein inszenatorische Landmarke im Quartier, in dem er lebt.
Andere Momente könnten wiederum direkt von Wong Karwei stammen. Wenn Gu heimlich die Wohnung des wiederentdeckten Vaters besucht und dort die Stummel seiner Zigaretten zurücklässt, worauf der Vater ein Päckchen der gleichen Marke kauft und auf dem Nachttisch bereit legt, als Zeichen für den Sohn, dass er seinen Besuch nicht nur wahrgenommen hat, sondern auch auf einen weiteren hofft, dann geht das ans Herz.
Solche poetischen, rührenden und zugleich alltäglichen Momente finden sich immer wieder in diesem Film, der einem so schnell ans Herz wächst, dass man sich auch mit Höflichkeit nicht mehr auf Distanz halten kann.