MANGA D’TERRA von Basil Da Cunha

Eliana Rosa ‚Manga D’Terra‘ ©AKKA Films

Manga D’Terra ist eine Art Ghetto-Musical zwischen den Kapverden und Lissabon. Und damit die konsequente Weiterführung von Da Cunhas Arbeiten mit den Bewohnern der Favela Reboleira.

Sie sei eine heimische Mango, eine «Manga D’Terra» von den kapverdischen Inseln, singt die hinreissende Eliana Rosa am Ende des neuen Films von Basil Da Cunha, gereift in der Fremde.

Damit erklärt sich der Titel des Films in den letzten Minuten.

‚Manga D’Terra‘ ©AKKA Films

In den ersten Sekunden des Films dagegen starrt ein kleines schwarzes Mädchen wütend auf die Gewehrläufe der Polizisten, die in der Favela Reboleira in Lissabon wieder einmal Jagd auf einen flüchtigen Mann machen.

Es ist eine harsche Welt, in die die zwanzigjährige Rosa aus ihrer kapverdischen Heimat aufgebrochen ist. Sie hat ihre zwei kleinen Kinder bei ihrer Mutter zurückgelassen, um in Portugal eine Zukunft für sie zu suchen.

Aber Reboleira ist ein Slum mit eigenen Gesetzen und wenig Hoffnung.

Eliana Rosa ‚Manga D’Terra‘ ©AKKA Films

Basil Da Cunha, Sohn einer Schweizerin und eines Portugiesen, geboren in Morges am Genfersee, hat da in Reboleira gelebt, eigene Wurzeln geschlagen und schon etliche Filme gedreht mit den Einwohnern des Quartiers, etwa auch seinen Locarno-Wettbewerbsbeitrag O Fim do Mundo von 2019.

Mit seiner verblüffenden Mischung aus Realismus und filmischer Überhöhung, mit dem meist ziemlich überzeugenden Einsatz der Laiendarstellerinnen und -Darsteller vor Ort, die mehr oder weniger ihre eigenen Rollen spielen, hat der an der Genfer HEAD ausgebildete Regisseur von Film zu Film zu beeindrucken vermocht.

Da Cunhas filmischer Stil orientiert sich an dem, was auch seine Darstellerinnen und Darsteller kennen. Die grossen Vorbilder des einschlägigen Kinos, Gangster, Rapper, streitbare Frauen und die Realität dieser kreolischen (Zwangs-) Gemeinschaft vermischen sich zu verblüffenden Sequenzen zwischen sozialer Realität und Selbstdarstellung.

Die technische Perfektion und die flüssige Montage, die Da Cunha da unter nicht einfachen Bedingungen immer wieder hinbekommt, sind staunenswert.

Sei letzter dokumentarischer Kurzfilm 2720 war am diesjährigen Dokumentarfilmfestival in Nyon zu sehen und verblüffte mit ausgeklügelter Kameraarbeit, einer scheinbar nahtlos gefilmten Odyssee durch die Nachbarschaften von Reboleira. Auch dieser Film war die perfekte Mischung technischer Errungenschaften mit dem eingeweihten Blick.

Manga D’Terra geht nun allerdings einen Schritt weiter in der Formalisierung. Da Cunha hat diesen Film als Hommage an die Frauen von Reboleira konzipiert, als «Musical, das den kosmischen Sound von Kap Verde aufleben lässt».

Eliana Rosa ‚Manga D’Terra‘ ©AKKA Films

Nun ist das Filmmusical, wie die Oper, die offensichtlich und unüberhörbar künstlichste Form des Erzählens. Zwar beschränken sich Da Cunha und seine wunderbare Darstellerin auf fünf gut eingebettete Lieder – aber auch die sorgen jeweils für einen Stimmungsumbruch.

Damit verzichtet Da Cunha auf das stärkste Element seiner bisherigen Filme, das nahtlose Oszillieren zwischen Realismus und Überhöhung.

Basil Da Cunha ©AKKA Films

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