LUCE von Silvia Luzi und Luca Bellino

Marianna Fontana ‚Luce‘ © Bokeh Film, Stemal Entertainment

Marianna Fontana hat ein unglaublich schönes Gesicht. Sie sieht aus jedem Blickwinkel ein wenig anders aus, aber stets einnehmend. Und das ist gut so, denn dieser Film zeigt vor allem ihr Gesicht.

Luce ist ein konsequenter, strenger Film. Bisweilen fast schon eine Disziplinierung des Publikums. Das hat natürlich auch strenge, konsequente Gründe. Aber die machen die Vorenthaltungsstrategie des Kamerablicks nicht weniger frustrierend.

‚Luce‘ © Bokeh Film, Stemal Entertainment

Die junge Frau arbeitet mit vielen anderen Frauen am Fliessband in einer Ledergerberei. Aber das finden wir erst recht spät heraus, nachdem wir, meist über die Schulter des Mädchens, dicht an ihrem Gesicht vorbei auf die Gesichter der anderen Frauen geblickt haben.

Was sie da auf der ratternden Maschine jeweils packen und offenbar befestigen, das lässt sich in der gezielten Unschärfe jenseits der Gesichter nicht ausmachen.

Was tun die da? Wer hämmert da? Warum schaut die junge Frau so frustriert beim Familiengruppenfoto bei einer Hochzeit? Und warum meint die Frau, die wohl ihre Tante ist, sie habe eine Obsession?

Dokumentarfilme nutzen manchmal diese Vorenthaltungsstrategie, um unsere Neugier zu wecken und dann Schritt für Schritt präzise in die Details zu gehen, gerade bei Arbeitsprozessen.

Aber Luce ist kein Dokumentarfilm. Luce zeigt nicht, zwingt dazu, sich eine Geschichte im Kopf zurechtzulegen. Und das ist, wie sich herausstellt, auch das, was mit der Hauptfigur passiert.

Marianna Fontana ‚Luce‘ © Bokeh Film, Stemal Entertainment

Sie hat eine Idee, welche den Fotografen und dessen Drohne involviert. Die beiden kleben ein Mobiltelefon auf die Drohne und fliegen es mitten in der Nacht über eine hohe, mit Stacheldraht getoppte Mauer.

Irgendwann in den Tagen danach klingelt das Mobiltelefon der jungen Frau.

Pronto? – Die Männerstimme, die sich schliesslich nach dem dritten oder vierten noch stummen Anruf meldet, gibt keinen Namen an. Der Mann bestätigt auch nicht, der Vater der Frau zu sein, den sie gerne am Telefon hätte. Aber er ruft weiterhin an.

Luce ist ein Film über eine virtuelle Beziehung, die aus Wünschen entsteht, keinen Wert auf Tatsachen legt, aber dafür so etwas wie Wahrhaftigkeit generiert.

Der Versuch, das mit den analogen Mitteln des Films im Kopf des Publikums nachzuvollziehen, hat etwas von einer Zwangsmassnahme.

Silvia Luzi und Luca Bellino ©Tokyo Film Festival

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