FLIGHT RISK von Mel Gibson

Michelle Dockery, Mark Wahlberg © 2024 Ascot Elite Entertainment

Vor fünfunddreissig Jahren spielte Mel Gibson in Air America von Roger Spottiswoode einen draufgängerischen Buschpiloten der CIA. Es ging da um verdeckten Drogenhandel, Militärhilfe und dreckige Agenten.

Jetzt ist Mel Gibson doppelt so alt – nächsten Januar wird er 70 – und, gemeinsam mit Sylvester Stallone und Jon Voight, Donald Trumps Hollywood-Ambassador.

Gibsons grosse Zeiten als manischer Schauspieler in den Mad-Max– und Lethal-Weapon-Filmen sind vorbei, und den Ruf als Regisseur, den er sich mit Braveheart erworben und mit The Passion of the Christ einigermassen torpediert hat, hat er sich weiter ramponiert mit Ausfälligkeiten und betrunkenen Eskapaden über die letzten 15 Jahre hinweg.

Aber nun hat er als Regisseur wieder einen unerwarteten kleinen Kassenschlager gelandet, mit Flight Risk, einem fliegenden Action-Kammer-Drama, dem ein kleines Echo von Air America innewohnt.

Die US-Filmkritik konnte dem von Jared Rosenberg geschriebenen «High Concept»-Thriller nicht viel abgewinnen. Aber beim US-Kino- (und Streaming-) Publikum hat das fast schon altmodisch anmutende Drei-Personen-Kabinen-Drama eingeschlagen.

Dabei liegt der Reiz des Ganzen vielleicht gerade in der weitgehend absurden Kombination von disparaten und grotesk überzeichneten Elementen.

Michelle Dockery © 2024 Ascot Elite Entertainment

Michelle Dockery (Downton Abbey) spielt die etwas angeschlagene US-Air-Marshall Madolyn Harris, die einen flüchtigen Zeugen, den Mob-Buchhalter Winston (Topher Grace), in Alaska aufspürt und versucht, ihn in einem Kleinflugzeug mit Hilfe des texanischen Privatpiloten Daryl Booth (Mark Wahlberg) nach Anchorage zu transportieren, damit er schliesslich in New York gegen seine Ex-Bosse, die Morettis, aussagen kann.

Abgesehen von ein paar Szenen zu Beginn des Films und jenen am Ende, ist Flight Risk tatsächlich ein Drei-Personen-Drama an Bord einer klapprigen Cessna 208 Grand Caravan. In diesem limitierten Raum lässt Mel Gibson allerdings ordentlich die Fetzen fliegen.

Alle drei Figuren haben ihre Geheimnisse und ihre eigene Agenda und wenn sich nicht gerade das Flugzeug im unfreiwilligen Sturzflug befindet, versuchen sich die drei gegenseitig umzubringen oder zu retten.

Zum Glück gibt es für solche Szenen den Autopiloten und die für das Kameraequipment zugänglichen Flugzeugkulissen auf einer Soundstage. Was auf dem Greenscreen ausserhalb der Kabinenfenster so vorbeizieht, ist unterschiedlich überzeugend.

Michelle Dockery, Topher Grace, Mark Wahlberg © 2024 Ascot Elite Entertainment

Aber Gibson sorgt mit viel Action dafür, dass kaum Zeit bleibt, darauf zu achten. Und seine Schauspieler legen mit genüsslichem Over-Acting noch eins drauf.

Topher Grace spielt seinen Winston als überzogene Karikatur der nerdigen, dauerquasselnden Nervensäge mit so viel Hingabe, dass man ihm bisweilen die Batterien rausnehmen möchte.

Michelle Dockery ist abwechselnd tough und einfühlsam, verwundet, blutend, gutherzig, flirtend, sexy bewaffnet und wutschnaubend zuschlagend.

Mark Wahlberg allerdings, der schiesst hier jeden Vogel ab. Vom kaugummikauenden texanischen Grossmauldraufgängerpiloten bis zum Obszönitäten spuckenden, sadistischen Psychopathen mit Halbglatze gibt es bei ihm keinen Übergang. Wie sehr sich Wahlberg in dieser Rolle suhlte, zeigt nicht zuletzt die von seinen Publicists fleissig kolportierte Tatsache, dass er sich während des Drehs tatsächlich täglich den halben Schädel rasiert habe.

Und wo landet denn nun dieser flotte fliegende Dreier?

Eigentlich genau dort, wo es das Konzept des Drehbuchs vorsieht. Das ist schweisstreibende Action mit absehbar überraschenden Wendungen, kompetent gefilmt und geschnitten und ohne jegliche Subtilitäten inszeniert.

Wie viel Mel Gibson da tatsächlich drin steckt, ist schwer zu sagen, weil auf der handwerklichen Ebene gerade so viel gekonnte Ablenkung die logischen und sonstigen Löcher übertüncht, dass man als halbwegs gewogener Zuschauer weder zur Kotztüte greifen, noch zum Notausgang rennen muss.

Ideologisch legt sich der Plot auch nicht fest, die Korruption ist überall verortet, auch institutionell, was sowohl dem MAGA-Publikum wie den Popcorn-Teenies nicht weiter aufstossen dürfte. Und dass nicht nur das Gute triumphiert, sondern auch die Gute, das versteht sich ja von selbst.

Also kein Flight Risk im Publikum, dieser Film liefert in aller Anspruchslosigkeit, was er verspricht.

Ab 27. Februar 2025 im Kino


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