LES PAPAS von David Maye

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«Meine Partnerin ist seit 32 Wochen und zwei Tagen schwanger. Ich weiss das so genau, weil ich eben noch mit ihr telefoniert habe. Und sie hat gesagt: “Wenn Dich einer fragt, sagst Du ‘32 Wochen und zwei Tage’”…» – der Satz löst fröhliches Gelächter aus in der kleinen Runde der werdenden Väter.

Die Männer treffen sich regelmässig, um sich über ihre Rolle als ‘Papa’ auszutauschen, zunächst noch hypothetisch für die meisten, bald aber geprägt vom Alltag mit ihren Bébés und Kleinkindern.

«Ich will Dir keine Angst machen, aber das wird noch härter!» sagt jener, der schon beim dritten Kind angelangt ist.

Der fussballvernarrte Riese Christophe sinkt noch ein wenig mehr in sich zusammen. Er, der zu Beginn der Dreharbeiten noch freimütig in die Kamera erzählt hatte, er sei geprägt vom traditionellen Vaterbild des pflichtbewussten Ernährers, der nur selten zuhause sei, ist gegen Ende des Films voller Anerkennung für all die Frauen, die Kinder und Haushalt und Ehemännerversorgung im Griff haben.

Christophe © DOK MOBILE

Die Zeit als Hausmann mit Bébé sei schon härter gewesen, als er sich das vorgestellt hatte, als seine Partnerin aufgrund seiner Arbeitslosigkeit entschieden hatte, eben zu 100% arbeiten zu gehen. Aber nun könne er sich auch kaum mehr vorstellen, das Kind den ganzen Tag nicht mehr zu sehen.

Dokumentarfilmer David Maye, selbst aktiver Vater, rückt seine vier Protagonisten gezielt ins Zentrum seiner Dreharbeiten, ist mit der Kamera dabei in ihrem Alltag. Alle vier Männer, Christophe, Luca, Julien und Gaëtan, bemühen sich sehr ernsthaft und aktiv, ihre Vaterrollen gezielt und reflektiert anzugehen.

Und alle kommen sie an den Punkt, an dem sie sich mit ihren eigenen Vätern vergleichen.

Gaëtan, der nach der Trennung seiner Eltern mehr oder weniger ohne Vater aufgewachsen ist, ist wild entschlossen, seinem Kind alles zu bieten, was er seinerzeit vermisst hat. Einmal kramt er in einer Box mit Erinnerungen, zieht ein graviertes Metallplättchen hervor, das sein Vater für ihn gemacht hatte, nach einem gemeinsamen Rollschuhtag. Das sei eine starke Erinnerung für ihn, sagt er. Und er wolle dafür sorgen, dass sein Kind dereinst nicht nur eine oder zwei solcher Erinnerungen an ihn habe, sondern so viele, dass er auch die eine oder andere davon vergessen könne.

Christophe, Luca und Gaëtan sind junge Väter mit Partnerinnen, auch die kommen zu Wort, diskutieren mit.

Julien und Alice © DOK MOBILE

Julien dagegen hat sich aus freien Stücken dafür entschieden, alleinerziehender Papa zu sein. Seine Alice wurde in den USA von einer Leihmutter ausgetragen. Nun trifft er sich regelmässig mit dem ebenfalls alleinerziehenden Vater des Halbbruders seiner Alice. Die beiden Kinder sehen sich oft, verbringen immer wieder ganze Wochenenden gemeinsam beim einen oder anderen Papa.

Das sei von aussen gesehen schon relativ kompliziert, sagt Julien lachend. Wenn sie zu viert unterwegs seien, würden sie meist als Männerpaar mit Kindern wahrgenommen. Dabei waren die beiden Männer nie zusammen, haben sich über die Leihmutter kennengelernt.

Julien ist sozusagen das Extrembeispiel in diesem Film über die gegenwärtigen Vaterrollen. Ein Mann, der sich aus freien Stücken dazu entschlossen hat, alleinerziehender Vater zu sein und in dieser Rolle offensichtlich aufgeht.

Der Film von David Maye spart einiges gezielt aus, Les papas ist nicht nur der Titel, sondern auch das Programm des Dokumentarfilms. Der berufliche und finanzielle Hintergrund der Männer fliesst nur so weit ein, wie er sich aus den Alltagsszenen erschliesst. Einer organisiert nicht nur die Vätertreffen und eigentliche Papaseminare über eine Website, er tut das auch im Austausch mit seiner Partnerin.

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Christophe erwähnt seine eigene Arbeitslosigkeit mehrfach und alle vier Männer sind auch immer wieder im Gespräch mit den Müttern (oder anderen Frauen) zu sehen. Julien trifft sich in einer besonders rührenden Sequenz mit der kleinen Alice mit seinen Eltern und gemeinsam rekapitulieren sie deren Reaktion auf seine seinerzeitige Ankündigung, dass er Vater werde.

Warum sich Julien, der in London lebt, seine Solovaterschaft offensichtlich leisten kann, das wird nie zum Thema. Und letztlich tut genau diese Aussparung der sonst üblichen Details dem Film ziemlich gut. Denn die Fragen, deren Beantwortung der Film sich spart, die bleiben ja im Raum. 

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Einige werden auch gezielt aufgeworfen, etwa die spürbare Konkurrenz zwischen den Frauen und den Männern, wenn es um die Definition der Wichtigkeit der eigenen Rollen geht, die Frotzeleien, der lachende Hinweis einer der Mütter, dass die Männer rund um die Geburt eben einfach in den Hintergrund gedrängt würden, was sie sich nicht gewohnt seien (und der ernsthafte Versuch der Vaterseminare, dem entgegen zu wirken).

Denn was David Maye mit Les Papas zeigt, ist die aktive, positive Auseinandersetzung der Männer mit ihrer Rolle. In einem Film, der immer wieder fröhliches Lachen auslöst im Publikum. Schliesslich haben wir alle unsere Erfahrungen gemacht mit Vätern.

Les Papas klinkt sich bei jedem und jeder sehr direkt ein in die eigenen Erinnerungen. Und eine der positiven Erkenntnisse der Protagonisten ist die, dass sie sich alle mit der Rolle der eigenen Väter noch einmal anders angefreundet haben.

Les Papas ist im besten Sinne des Wortes ein Familienfilm. Einer, der auch Opapas zum Nachdenken bringt, und jungen Eltern einen grossartigen Katalysator bietet, um die eigene Situation losgelöst vom persönlichen Alltag gemeinsam von aussen zu betrachten.

Welturaufführung VdR Nyon am 10. April 2025
Vatertag-Vorpremieren am Sonntag, 1. Juni 2025
Deutschschweizer Kinostart am 5. Juni
Kinostart Romandie: 16. Oktober 2025


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