Die Unverpassbaren, Woche 22

André Dussollier in 'Les herbes folles' von Alain Resnais ©xenix
André Dussollier in 'Les herbes folles' von Alain Resnais ©xenix

Oh ja! Erst diese fünf Filme sehen. Dann alle anderen.

  1. Les herbes folles von Alain Resnais. Das Kino des 87jährigen ist beschwingter, tiefer, verrückter und schöner anzuschauen als fast alles, was seine junge Konkurrenz auf die Leinwand bringt.
  2. Coeur Animal von Séverine Cornamusaz. Eine unwahrscheinliche Liebesgeschichte und eine Art Menschwerdung. Starkes und beeindruckendes Filmdebut aus den Westschweizer Alpen.
  3. Chloe von Atom Egoyan. Egoyans eigenwilliger Nachbau des französischen Dramas Nathalie hat was. Und dazu noch Julianne Moore.
  4. David Wants to Fly von David Sieveking. Der Dokumtarfilmer als liebenswürdiger Naivling geht hartnäckig dem Guru Maharishi Mahesh Yogi und seinen Anhängern – darunter David Lynch – auf die Nerven. Witzig und hellsichtig.
  5. Guru – Bhagwan, his Secretary & his Bodyguard von Sabine Gisiger und Beat Häner. Wer nie zu einem Guru ging, weiss nach diesem Film, warum nicht. Und darüber hinaus, warum es andere taten. Ein gründlicher Blick, der fasziniert.

Im Filmpodcast morgen gibts es mehr zu den neuen Filmen und viel mehr zu Coeur animal.

Cannes 10: Goldene Palme für Apichatpong Weerasethakul

Apichatpong Weerasethakul

Schön, dass sich die Jury um Tim Burton für den Film entschieden hat, der mein ganz persönliche Favorit war: LUNG BOONMEE RALUEK CHAT – Onkel Boonmee, der sich an seine früheren Leben erinnern kann von Apichatpong Weerasethakul. Es war derjenige Film im Wettbewerb, der einem am klarsten und stärksten die Freude und das Glück des Kinos vermittelt hat. Die Darstellerpreise dagegen sind gar keine Überraschung, Festival-Pinup Juliette Binoche in Kiarostamis Copie conforme war so gut wie gesetzt, und Javier Bardem in BIUTIFUL von Alejandro González Iñárritu sowieso. Als ganz kleine Überraschung nehmen wie allenfalls, dass Bardem seinen Darstellerpreis teilen muss mit Elio Germano in La nostra vita von Daniele Luchetti. Aber diese goldene Palme versöhnt mit einem Wettbewerb, der alles in allem eher flau und mau war. In unserer vorgestrigen Bilanzrunde sind wir jedenfalls schon zum gleichen Schluss gekommen und haben Apichatpong Weerasethakul unsere Palme überreicht. Damit legen wir das 63. Festival de Cannes zufrieden ad acta.

Festival de Film de Cannes 2010

Cannes 10: Bilanz live mit Katja Nicodemus und Anke Leweke

La montée des marches - das Spiessrutenlaufen für Canal+

Das Filmfestival von Cannes versteht sich als «Le festival», das Festival schlechthin. Und für Bescheidenheit gibt es wenig Grund, denn kein anderer Kulturanlass der Welt zieht so viel Aufmerksamkeit auf sich wie diese ureigene Mischung aus Kunstzelebration und Showbiz-Fanfare. In diesem Jahr war allerdings Flaute bei den Filmen: Keine massiven Tiefschläge, aber auch kein absoluter Höhenflug waren bisher auszumachen. Zwei Tage vor der Verleihung der Goldenen Palme ziehen Michael Sennhauser und seine deutschen Kolleginnen Anke Leweke (taz) und Katja Nicodemus (Die Zeit) eine Bilanz der 63. Ausgabe von «Le festival».

Reflexe:
Freitag, 21.5.2010, 11.03-11.35 Uhr live und 22.03 – 22.35 Uhr in Wiederholung, DRS 2

Download MP3 (13.2 MB) – Hören:

Festival de Film de Cannes 2010

Filmpodcast Nr. 182: Filmfestival Cannes, DVD Das Weisse Band.

Cannes Luftansicht
Palais des Festivals in Cannes

Kino im Kopf mit Brigitte Häring. Cannes, Cannes, Cannes – neben drei Beiträgen von der Côte d’Azur und dem wöchentlichen DVD-Tipp, diesmal zu Hanekes Film Das weisse Band, natürlich die Kurztipps und eine Tonspur.

Saugen: Filmpodcast Nr. 182 Hören:


filmpodcastDen Filmpodcast können Sie via iTunes oder direkt abonnieren; die entsprechenden Links finden Sie auch oben rechts im Blog.

Cannes 10: LUNG BOONMEE RALUEK CHAT von Apichatpong Weerasethakul

LUNG BOONMEE RALUEK CHAT by Apichatpong WEERASETHAKUL

Was für ein Vergnügen, dieser Film! Apichatpong Weerasethakul ist schon lange keine Geheimtipp mehr, dafür haben sich schon viel zu viele Festivals von Nyon bis Cannes mit der Entdeckung dieses thailändischen Bildermeisters gebrüstet. Und die meisten seiner bisherigen Film haben zugleich verzaubert, verblüfft und die Geduld strapaziert. Exotisch, verspielt, mutig und kindlich zugleich sind seine Kreationen, irgendwo zwischen animistisch belebtem Dschungel und selbstverständlich moderner Attitüde in der Schwebe. Oder Surre. Sause?

„Cannes 10: LUNG BOONMEE RALUEK CHAT von Apichatpong Weerasethakul“ weiterlesen

Cannes 10: ROUTE IRISH von Ken Loach

Route Irish von Ken Loach

Eine reife Leistung von Ken Loach und Paul Laverty, ein Jahr nach Looking for Eric schon wieder einen Film in Cannes zu haben. Und da der Film am Tag vor Beginn des Festivals noch überraschend in den Wettbewerb aufgenommen wurde, war man entsprechend gespannt. Eine zweite Palme für den Regisseur von The Wind that Shakes the Barley? Immerhin klingt im Titel Route Irish wieder Irland an – aber es geht um globalere Themen, um private Söldner in Irak, um Sicherheitsfirmen, die für Regierungen den Krieg privatisiert haben. Konkret um zwei Jugendfreunde, die bei so einer Truppe gelandet sind. Der eine kommt zerfetzt im Sarg nach Hause, der andere, der schon früher ausgestiegen ist, glaubt nicht, dass sein Freund ’normalen‘ Umständen zum Opfer gefallen ist.

„Cannes 10: ROUTE IRISH von Ken Loach“ weiterlesen

Cannes 10: Dancing Ninja – Tarbosaurus – Schlockwerte 2

Schlock II 01

Hier noch der zweite Teil meines jährlichen Ausflugs in die Katakomben des Filmmarktes. Wenn auch nur einer dieser Filme das Versprechen seines Plakates einlöst, wird das Kino sein erstes Jahrhundert um ein weiteres Jahr überleben, die Menschheit gerettet, und der Dodo wieder auferstehen. Vier weitere Versprechen nach dem Sprung:

„Cannes 10: Dancing Ninja – Tarbosaurus – Schlockwerte 2“ weiterlesen

Cannes 10: FAIR GAME von Doug Liman

Naomi Watts und Sean Penn in 'Fair Game' von Doug Liman 02

Die USA, zumindest in den Augen Hollywoods, sind entweder grossartig und selbstreinigend – oder dann aber ein Gebilde, dem nur mit genügend Paranoia beizukommen ist. Beide Konzepte sorgen für unterhaltsame Politthriller, auch wenn die zweite Sorte, die der Staatsmaschinerie zutiefst misstraut, meist die spannenderen Filme hervorbringt. Fair Game von Doug Liman gehört eher zur ersten Kategorie, jener von All the Presidents Men. Das Drehbuch folgt lose den Büchern von Valerie Plame, jener von der Bush-Administration zum Bauernopfer gemachten CIA-Agentin, und deren Mann Joe. Plames Buch trägt den Titel „Fair Game“ und ist vor allem darum spannend zu lesen, weil ganze Passagen vor der Publikation von der CIA zensiert worden sind – und das Verlagslektorat das immer schön mit eckigen Klammern markiert [Text here redacted].

„Cannes 10: FAIR GAME von Doug Liman“ weiterlesen

Die Unverpassbaren, Woche 21

Coeur' animal' von Séverine Cornamusaz

Erst diese fünf Filme sehen. Dann alle anderen.

  1. Coeur Animal von Séverine Cornamusaz. Starkes und beeindruckendes Filmdebut aus den Westschweizer Alpen. Mehr dazu gibt’s am Montag um 11 Uhr auf DRS2 in Reflexe oder in der nächsten Filmrolle.
  2. Chloe von Atom Egoyan. Egoyans eigenwilliger Nachbau des französischen Dramas Nathalie hat was. Und dazu noch Julianne Moore.
  3. David Wants to Fly von David Sieveking. Der Dokumtarfilmer als liebenswürdiger Naivling geht hartnäckig dem Guru Maharishi Mahesh Yogi und seinen Anhängern – darunter David Lynch – auf die Nerven. Witzig und hellsichtig.
  4. Guru – Bhagwan, his Secretary & his Bodyguard von Sabine Gisiger und Beat Häner. Wer nie zu einem Guru ging, weiss nach diesem Film, warum nicht. Und darüber hinaus, warum es andere taten. Ein gründlicher Blick, der fasziniert.
  5. Gainsbourg – vie héroïque von Joann Sfar. Das Biopic vom Comicmacher ist anders, frecher, fiktiver und gerade darum auch echter – und grundsätzlich vergnüglich.

Im Filmpodcast morgen gibts es mehr aus Cannes und zu Coeur animal.

Cannes 10: LA NOSTRA VITA by Daniele Luchetti

'La nostra vita' von Daniele Luchetti

Mit Mio fratello è figlio unico, einer selbstironischen Dramödie, war Luchetti 2007 in Un Certain Regard vertreten, mit dem Nanni-Moretti-Vehikel Il portaborse 1991 im Wettbewerb. La nostra vita verheiratet nun wieder das politisch eingefärbte Sozialdrama mit der Familienkomödie und geht dabei schön melodramatisch zu Werk. Ein junger Vorarbeiter verliert bei der Geburts des dritten Kindes seine Frau und betäubt seinen Schmerz dadurch, dass er seine ganze Energie in ein eigenes Baugeschäft lenkt. Zugleich trifft er auf den Sohn eines Mannes, dessen Unfalltod er auf der Baustelle vertuscht hat (was entfernt an La promesse der Dardenne-Brüder erinnert).

„Cannes 10: LA NOSTRA VITA by Daniele Luchetti“ weiterlesen