Filmpodcast Nr. 143: Inglourious Basterds, Taking Woodstock, Kinemathek Le Bon Film Basel.

Eugene Levy, Henry Goodman in 'Taking Woodstock' von Ang Lee © Ascot-Elite
Eugene Levy, Henry Goodman in 'Taking Woodstock' von Ang Lee © Ascot-Elite

Herzlich willkommen zu Kino im Kopf mit Michael Sennhauser. Ich werfe heute einen eher kritischen Blick auf Quentin Tarantinos neuen Film Inglourious Basterds und einen etwas verfrühten auf Ang Lees Taking Woodstock. Ausserdem war ich an der Eröffnung der neuen Kinemathek Le Bon Film in Basel und habe mit der Stadtkinoleiterin Nicole Reinhard gesprochen. Dazu haben wir wie gewohnt Filmtipps und die Tonspurensuche.

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Kinemathek Le Bon Film, Basel

Kinemathek Le Bon Film Basel Gönnerliste

Mit einem Fest und der Vorführung einer raren Kopie von Josef von Sternbergs The Shanghai Gesture von 1941 feierte das Stadkino Basel gestern Abend die Eröffnung der Kinemathek Le Bon Film. Sie besteht aus einer Sammlung von fünfhundert 35mm Filmkopien internationaler Klassiker: zentrale Werke des europäischen Filmschaffens, aus Hollywood und Südamerika. Ein Schwerpunkt der Sammlung bildet das deutsche Filmschaffen von 1929 bis heute. Die ursprünglich private Sammlung wurde Le Bon Film, dem ältesten aktiven Filmklub der Schweiz, vor rund zwei Jahren angeboten. Nach Abschluss einer Machbarkeitsstudie machte sich der Vorstand des Vereins zusammen mit Stadtkino-Leiterin Nicole Reinhard dahinter, den Traum vom eigenen Archiv umzusetzen. Mit Hilfe einer ganzen Reihe von Geldgebern und der Stadt Basel konnte nicht nur das Archiv eingerichtet werden, sondern auch gleich neue grosszügige Büroräume in der Nähe des Stadtkinos. Für Nicole Reinhard und ihr Team ist die Kinemathek ein wichtiges Element im Hinblick auf die Filmprogrammierung. 35mm-Kopien alter und neuer Filme sind nämlich kaum mehr zu bekommen, Archive und Cinémathèquen verstehen sich zunehmend als Museen und Bewahrer und lassen ihre Schätze nur noch innerhalb ihres eigenen erlauchten Kreises zirkulieren. Kleinere Filmklubs und Programmkinos müssen immer mehr auf DVD-Kopien von Klassikern zurückgreifen. Mit der eigenen Kinemathek ist das Stadtkino Basel jetzt aber plötzlich zum interessanten Partner für viele namhafte Filmarchive geworden: Man hat etwas zu bieten.

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Pinkelpausen-Scout für Kinogänger

runpee_SCRunPee.com von Dan Florio ist ein Service für Kinogänger mit schwacher Blase. Dass man immer dann rennen müsste, wenn der Film am spannendsten ist, gehört zu den Naturgesetzen des Kinos. Florio hat auf seiner Website eine Datenbank eingerichtet, welche für alte und neue Filme eine Timeline mit den idealen Pinkelpausen anbietet, also mit den langweiligen oder überflüssigen Szenen. Natürlich könnte man den Dienst nun auch als Spannungsmesser für Filme nutzen: Je mehr potentielle Pinkelpausen, desto schlaffer das Kino-Erlebnis. Und damit das auch wirklich kundenfreundlich funktioniert, gibt es RunPee auch als iPhone App. Und auf Twitter.  Bloss mit den Lokalisierungen hapert es noch ein wenig, aber vielleicht bildet sich ja mit der Zeit eine globale RunPee-Community, eventuell gesponsert von einem der nahmhaften Anbieter von Mitteln gegen Prostata-Beschwerden? (Danke für den Hinweis Brigitte!)

Weiterhin keine nationale Altersfreigabe

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Fotomontage © sennhauser

Die Altersfreigaben für einzelne Kinofilme in der Schweiz werden von Kanton zu Kanton unterschiedlich geregelt. Zürich und Basel haben zum Beispiel je eine eigene Kommission dafür. Die Filmverleiher müssen ihre Filme anmelden und (gegen Gebühr) eine Freigabe beantragen. Bern überlässt die Altersfreigabe seit einiger Zeit den Kinobetreibern, die dafür allerdings auch das Risiko tragen. Sollten Eltern nämlich klagen, weil ihre Kinder von einem Film traumatisiert worden sind, stünden die Kinobetreiber wohl in der Verantwortung. Viele Kantone übernehmen schlicht und einfach die Altersfreigabeempfehlungen aus Zürich. Seit geraumer Zeit aber laufen Anstrengungen, die Freigabe (ähnlich dem deutschen Modell der FSK) zu zentralisieren. Das würde die Kantone entlasten, aber auch die Verleiher und die Kinobetreiber, die sogar bereit wären, die Kosten eines zentralen Büros zu tragen, wenn sie dafür nicht mehr in jedem Kanton separat zur Kasse gebeten würden. Wie nun gestern der «Sonntag» meldete, ist diese Vereinheitlichung aber vorerst gescheitert.

Die Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD) wollte aufräumen mit dem kantonalen Wirrwarr und hat ein Konzept für eine nationale Filmkommission erarbeitet. Jetzt liegt das Resultat der Vernehmlassung vor: «22 Kantone haben dem Projekt zugestimmt», sagt KKJPD-Generalsekretär Roger Schneeberger. Einige Kantone verlangten leichte Korrekturen. Vier hingegen wollen nichts wissen von einer solchen Kommission – nämlich Genf, Waadt, Neuenburg und Graubünden.
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Locarno 09: Bilanz der Ära Maire im Kulturstammtisch

Marco Solari verabschiedet Frédéric Maire (c) Fotofestival tipress Samuel Golay
Marco Solari verabschiedet Frédéric Maire © Fotofestival/tipress/S.Golay

Vier Jahre lang hat Frédéric Maire das Festival von Locarno als künstlerischer Direktor verantwortet – nachdem er ihm zuvor über zwanzig Jahre in verschiedenen Funktionen verbunden war. Jetzt übernimmt er die Leitung der Cinémathèque Suisse in Lausanne. Wie hat Maire das Festival geprägt, was für ein Erbe tritt sein Nachfolger Olivier Père jetzt an? Im DRS4-Kulturstammtisch hat Eric Facon die Fragen gestellt, an Marcy Goldberg und Michael Sennhauser.

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Locarno 09: Die Preise

Goldener Leopard für Xiaolu Guo für 'She A Chinese' © Fotofestival Pedrazzini
Goldener Leopard für Xiaolu Guo für 'She A Chinese' © Fotofestival Pedrazzini

Mit She, A Chinese von Xiaolu Guo hat die internationale Jury den Goldenen Leoparden an einen Film vergeben, der erst gegen Ende des Wettbewerbs gezeigt worden ist. Die chinesischstämmige Xiaolu Guo lebt in London, ihr Film spielt in China und in England. Und er ist in der Tat beeindruckend auf ganz verschiedenen Ebenen. Zunächst erzählt er von einer Chinesin, die eher perspektivenlos auf dem Land aufwächst, nach einer Vergewaltigung in die Stadt flüchtet, sich dort ausgerechnet mit einem Auftragsschläger zusammentut, und nach dessen gewaltsamem Tod aus einem Impuls heraus mit dem unter der Matratze gefundenen Geld nach London fliegt. Dort beginnt sie dann ein Immigrantenleben, das uns allenfalls aus der Aussenperspektive bekannt vorkommt, das uns der Film aber überaus packend und zurückhaltend zugleich aus einer neuen, nicht unbedingt subjektiven Sicht vermittelt.

Der Spezialpreis der Jury und der Preis für die beste Regie gingen an meinen persönlichen Favoriten Buben.Baraban des Russen Alexei Mizgirev.

Den Preis als Beste Darstellerin erhielt die Holländerin Lotte Verbeek für ihre Rolle gegenüber Stephen Rea in Nothing Personal von Urszula Antoniak. Und den Leoparden für den besten männlichen Darsteller schliesslich vergab die Jury an Antonis Kafetzopoulos, den Hauptdarsteller in der satirischen Komödie Akadimia Platonos.

Die übrigen Preise folgen detailliert nach dem Sprung.

Darsteller-Leoparden für Lotte Verbeek und Antonis Kafetzopoulos © Fotofestival Daulte
Leoparden für Lotte Verbeek und Antonis Kafetzopoulos © Fotofestival Daulte

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Locarno 09: Ehrenleopard für William Friedkin

William Friedkin Frédéric Maire © Fotofestival Abram
William Friedkin Frédéric Maire © Fotofestival Abram

Er ist und bleibt ein Showman: William Friedkin, der in wenigen Tagen seinen 74. Geburtstag feiert, kann inszenieren. Auch sich selber. Von der sogenannten „Masterclass“, einem erweiterten Filmvortrag, den er in Locarno gehalten hat, war das Publikum begeistert. Und beim Empfang seines Ehrenpreises gestern Abend auf der Piazza Grande hat er Übersetzungsunsicherheiten der Präsentatorin mit einer eigenwilligen Version von Volare überspielt und dann mit einem als Triumph-Ruf artikulierten „Roger Federer“ das Publikum vollends in die Tasche gesteckt.

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Filmpodcast Nr. 142: Filmfestival Locarno – eine vorläufige Bilanz

Sie haben vor Ort zugehört Jenny Billeter Pressefrau des Festivals und Marcy Goldberg Filmwissenschaftlerin
Sie haben vor Ort zugehört: Jenny Billeter, Pressefrau des Festivals, und Marcy Goldberg, Filmwissenschaftlerin.

Heute kommt der Filmpodcast noch einmal vom Filmfestival in Locarno. Es handelt sich um das letzte unserer werktäglichen 25-Minuten-Magazine, moderiert von Eric Facon, mit Brigitte Häring, Romana Costa, Michael Sennhauser und, als Verstärkung, Peter Claus aus Berlin. Wir ziehen eine erste Bilanz der Ausgabe 2009. Kurztipps und Tonspurätsel gibts dann im nächsten Film-Podcast wieder.

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Locarno 09: ‚Same Same But Different‘ von Detlev Buck

same same but different street

Im Vorspann nennt er sich zwar nur noch Buck, ist aber immer noch Detlev, zumindest im Ansatz. Allerdings setzt er mit Same Same But Different den ungewohnt väterlichen Kurs fort, den er mit Knallhart schon eingeschlagen hat. Und möglicherweise, gibt er selber zu, hat das mit seinem Alter zu tun. Die Verfilmung eines autobiografischen Romans von Benjamin Prüfer erzählt von einer unwahrscheinlichen Liebe zwischen einem jungen deutschen Kambodscha-Touristen und einer noch jüngeren HIV-positiven Prostituierten. Das ist der Stoff für eine Betroffenheitsreportage zu Drogen- und Prostitutionstourismus, aber genau daran hätte er nicht das geringste Interesse gehabt, hat Buck in unserer heutigen Radiobegegnung in Locarno erklärt. Wir können auch anders hiess Bucks Erfolg von 1993 und Same Same But Different sagt im programmatischen Ansatz das Gleiche.

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Locarno 09: ‚Akadimia platonos‘ von Filippos Tsitos

akadimia platonos sitzung

Endlich zieht der Wettbewerb des Festivals von Locarno noch ein wenig an. Akadimia platonos, die platonische Akademie sozusagen, ist der ironische Titel, den Filippos Tsitos seinen Herumsitzern gibt, dieser Gruppe von Männern um die fünfzig, welche an einem kleinen Platz in Athen ihre drei heruntergrkommenen Läden bewirtschaften. Oder eben nicht. Denn eigentlich sitzen sie wie uralte Korsen bei Asterix bloss vor dem Laden von Stavros, schimpfen über die Albaner und die Chinesen, die überall fleissig arbeiten, und schwärmen von den alten Zeiten, als sie noch an Rockkonzerte gingen, zum Beispiel eines von Rory Gallagher, kurz nach dem Ende der Junta. Dass einer der Kerle auch noch seinen Hund dazu abgerichtet hat, alle Albaner anzubellen, rundet das Bild fürs Erste ab.

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