Berlinale09: The International – zur Eröffnung ein alter Mercedes

The International Clive Owen

Ein etwas ungewohnter Vergleich für einen Film. Aber Tom Tykwers Thriller The International fühlt sich effektiv so an, wie eines dieser grundsoliden Mercedes-Taxi: Luxus im Alltag, gut verarbeitet, läuft meist geräuschlos und vor allem gemächlich. Für die Berlinale ist der Film ein Glücksfall: Deutscher Regisseur, Internationale Produktion, und – zumindest nominell – ein brandaktuelles Thema. Dass es mit dem Thema korrupte Grossbank und Waffenhandel und internationale Verstrickungen nicht gar so weit her ist, wie man das erwartet hätte, macht auch nichts. Das Schönste an dem Film ist sein Verzicht auf das längst übliche Hightech- und Schnitt- und Actionfeuerwerk. Da wird ganz langsam ein Plot hoch gekocht, mit einzelnen Morden, vielen internationalen Schauplätzen und netten kleinen Low-Tech-Gags, wenn

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Berlinale09: Weiter, tiefer … und viel, viel breiter. Mit der 70mm Retrospektive.

70mm Film ist Schwerarbeit für Operateure
Vorführer mit 70-mm-Filmstreifen (Fotograf: Marian Stefanowski)

Es gab einmal ein Kino, das war nicht nur ‚bigger than life‘ sondern sogar ‚bigger than the movies‘. Filme wie Lawrence of Arabia oder Kubricks 2001: A Space Odyssey kamen in einem Format in die Welt, das überirdische Bilder produzierte: 70mm. Ein Filmstreifen, doppelt so breit wie der gewohnte, ein Bild, das nicht wie beim klassischen Cinemascope einfach optisch zusammengestaucht und dann über ein Prisma breit projiziert wurde, sondern wirklich postkartengrosse Einzelbilder, vierundzwanzig Mal pro Sekunde auf Riesenleinwände geworfen. Heute macht Imax etwas ähnliches (und nicht mehr lange, das System wird digital), aber die Zeit der wirklich monumentalen Monumentalfilme ist vorbei. Hier, an der 59. Berlinale lebt sie allerdings noch einmal auf.

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Nicole Kidman, Russell Crowe, Geoffrey Rush, Cate Blanchett: Ablecken und aufkleben

Australia legends09 stamps

Die australische Post widmet ihren Oscar-geehrten Landsleuten eine Serie von acht neuen Briefmarken. Nicole Kidman, Russell Crowe, Geoffrey Rush und Cate Blanchett zieren die Zackenblättchen je einmal in Natura und einmal ‚in character‘. Offenbar freuen sie sich alle sehr darüber. Gemäss BBC kann es insbesondere Cate Blanchett gar nicht erwarten, ‚von Millionen von Australiern abgeleckt zu werden‘ („I’m going to be licked by millions of Australians and I can’t wait.“). Wen würden Sie sich von unserer Post auf einer Briefmarke wünschen? Und jetzt sagen Sie bitte nicht Roger Federer. Der klebt schon. Und ich rede von Filmgesichtern.

Kurzes Treffen mit Sandrine Bonnaire

Sandrine Bonnaire in "L'empreinte de l'ange" von Safy Nebbou

Letzte Woche war Sandrine Bonnaire kurz in der Schweiz. Zusammen mit Regisseur Safy Nebbou hat sie die Werbetrommel gerührt für den raffinierten Psychothriller L’empreinte de l’ange. Der Film läuft zwar erst am 12. Februar an, die Vorpremieren sind aber auf Interesse gestossen, und manche Kinobesucher waren ziemlich verblüfft, Frau Bonnaire in einer Nebenrolle zu sehen. Oder in einer Rolle, die wie eine Nebenrolle aussieht. Mehr will und darf ich dazu nicht sagen, Sie hat es auch nicht getan, das dafür aber ziemlich wortreich. Nachzuhören über den Knopf unten. Der Film lohnt auf jeden Fall den Besuch, und Bonnaire-Fans kommen auf ihre Kosten, auch wenn zunächst Catherine Frot das Geschehen auf der Leinwand bestimmt.

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Terminator Salvation: Robokonzepte bei Wired

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Dass die von James Cameron ins Leben gerufene Terminator-Franchise noch lange nicht ausgemolken ist, liegt auf der Hand. Kaum ein SciFi-Konzept hat bisher so clever Tech-Angst und Tech-Faszination auf den Punkt gebracht. Und wenn Google wie letztes Wochenende aus Versehen eine Stunde lang alle Hits als böse brandmarkt, sehen die Webbies entzückt einen Ableger von Skynet am Werk. Auf dem Wired-Blog findet sich nun eine faszinierende Sammlung neuer Entwürfe für die nächste Terminator-Ausgabe, Terminator Salvation, welche der Mann mit dem Alias McG in der Endmache hat. Starttermin USA: 22. Mai 2009 (Deutschland/Schweiz: 4. Juni)

Winnetous 80. Geburtstag. Hugh!

Am nächsten Freitag (6. Februar 2009) wird der Held meiner frühesten Jugend achtzig Jahre alt: Pierre Brice, der französische Darsteller des deutschesten aller edlen Apachen, der Mann, der nach seinen ersten Erfolgen unter der braunen Schminke bald selber davon überzeugt war, in Wahrheit ein Indianer zu sein, im Herzen, wie im Geiste. Er hat Winnetou in elf Filmen gespielt, in zwei Fernsehserien, und unzählige Male live, an den Karl-May-Festspielen in Bad Sägebrecht Segeberg und in Elspe. Und er hat mir ein Autogramm gegeben, in der Manor, die damals noch Rheinbrücke hiess, im Baselbieter Hauptstädtchen Liestal, als ich etwa 6 Jahre alt war (also ca. 1967) und überzeugt davon, dass ich den wahren Winnetou vor mir hatte. Weil er es auch war, haben wir uns fest in die Augen geblickt und verstanden. „Winnetous 80. Geburtstag. Hugh!“ weiterlesen

Blogwatch: Gomorrha gelesen

mlsaviano

Die einst grosse Filmnation Italien ist empört, der in Cannes ausgezeichnete und fast weltweit kritisch gelobte Mafia-Film Gomorra von Matteo Garrone ist nicht, wie allgemein erwartet für den Fremdsprachenoscar nominiert. Derweil hat sich Ronnie Grob auf medienlese.com das Buch von Roberto Saviano vorgenommen und es im Hinblick auf seine journalistischen Methoden in einer kleinen Serie analysiert. Eine gründliche Lektüre, welche sich als Vor- oder Nachbereitung für den Film anbietet.

Sind die Hollywood-Business-Gazetten Auslaufmodelle?

Hollywood Reporter und Variety: Bald keine täglichen Druckausgaben mehr?
Hollywood Reporter und Variety: Bald keine täglichen Druckausgaben mehr?

Nächste Woche werden sie sich wieder den täglichen Kampf um die Insider-Annoncen liefern. An der Berlinale, wie an allen grösseren Festivals, machen die Branchenmagazine mit täglichen Ausgaben noch immer einen ordentlichen Umsatz. Denn jeder Filmverkäufer tritt auf diesen Märkten (nicht im offiziellen Programm, sondern im Hintergrund, dort, wo die Einkäufer auf Brautschau gehen) in den Kampf gegen die Anonymität. Und da sind diese gedruckten täglichen Insider-Newsdienste „Sind die Hollywood-Business-Gazetten Auslaufmodelle?“ weiterlesen

Filmpodcast Nr. 114: La classe (Entre les murs), The Curious Case of Benjamin Button.

Ah non Monsieur: Nous ne sommes pas des pétasses!
Ah non Monsieur: Nous ne sommes pas des pétasses!

Herzlich Willkommen zu Kino im Kopf 114 mit Michael Sennhauser. Wir sind kurz und bündig heute: Ich stelle Laurent Cantets Cannes-Gewinner «Entre les murs» vor, der bei uns «La classe» heisst, und Pierre Lachat hat «The Curious Case of Benjamin Button» von David Fincher gesehen. Dazu wie immer Tonspur und Filmtipps. Filmpodcast Nr. 114

filmpodcast

Den Filmpodcast können Sie via iTunes oder direkt abonnieren; die entsprechenden Links finden Sie oben rechts im Blog

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Ursula Meier: Ein „Home“-Spiel mit Volldampf

Ursula Meier ("Home") und Presseagentin Esther Bühlmann
Ursula Meier ("Home") und Presseagentin Esther Bühlmann

Diese Frau ist phänomenal! Dass Ursula Meier mit Home einen der interessantesten Schweizer Kinoerstlinge gelungen ist, wissen wir seit der etwas überhasteten Vorführung in einer séance spéciale der Kritikerwoche in Cannes im letzten Mai. Dass sie mit Olivier Gourmet und Isabelle Huppert und drei jungen Nachwuchstalenten auf einem verlassenen Airfield in Bulgarien ein Ensemblestück komponiert hat, das alleine schon durch seine konsequente Grundidee zum Instant-Klassiker geworden ist, wird auch kaum jemand bestreiten. In der Westschweiz ist der Film auch vom Publikum bestens aufgenommen worden, ob das in der Deutschschweiz klappt, wissen wir dann ab dem 19. Februar, wenn der Film ins reguläre Kinoprogramm kommt. Aber Ursula Meier war schon diese Woche in Zürich und hat unermüdlich Interviews gegeben.

Und mit unermüdlich ist das, was sie da leistet, nur sehr unzulänglich umschrieben. Schon die Terminfindung mit Presseagentin Esther Bühlmann war ein Erlebnis: Da fragte ich nach den üblichen dreissig Minuten, die wir für eine normale Reflexe-Sendung in der Regel brauchen. Und bekomme die Auskunft, Frau Meier möchte lieber eine ganze Stunde reden. In Paris hätten ihr die allzu kurzen Interviews zugesetzt. Na wunderbar! Normalerweise sind es die Journalisten, die um ein paar Minuten mehr kämpfen müssen. Und dann stellt sich am heutigen Termin auch noch heraus, dass Ursula Meier ein sogenannter „Selbstläufer“ ist, das sind Interviewpartner, die man mit einer einzigen Frage so in Gang bringen kann, dass man danach eigentlich nur noch die Aussteuerung der Aufnahme kontrollieren müsste. Dabei redet sie gelinde gesagt druckreif (französisch) und meist dermassen clever und spannend, dass ich in Versuchung kommen werde, eine Fortsetzungssendung aus dem Material zu machen. Und es ist auch nicht so, dass sie am Gesprächspartner vorbeiredet, im Gegenteil: Jede Zwischenfrage, jedes Nachhaken löst einen kompletten neuen Gedankengang aus. Dass sie, nach mehreren Interviewmarathons in mehreren Ländern, längst Baukastengedanken und Baukastensätze beieinander hat, wie sonst die viel älteren Medienprofis, das ist nicht zu überhören. Aber keiner ihrer Sätze wirkt reproduziert, und jeder Gedanke zeugt von einer ungeheuren Energie. Ihr Thema, so sagt sie selber, sei das jusqu‘ au bout, das Bis-ans-Ende-Gehen. Das macht sie mit ihren Figuren, aber auch bei ihrer Arbeit. Und eben beim Interview. Ich weiss nicht, wieviele von uns sie diese Woche in Zürich geschafft hat. Aber die Kolleginnen und Kollegen, mit denen ich reden konnte, sind sich alle einig: Müde wird Ursula Meier, wenn überhaupt, erst ganz lange nach den Journalisten. Ich werde auf jeden Fall wieder mit ihr reden wollen. Egal über was, eigentlich. Am liebsten aber auch gleich über ihren nächsten Film!

Die Reflexe-Sendung zu Home von Ursula Meier, mit Ursula Meier, ist vorgesehen auf den Starttag des Films, am 19. Februar auf DRS 2, um 11 Uhr und um 22 Uhr. Nicht verpassen, oder dann zumindest den Podcast hören!