Die Unverpassbaren, Woche 09 – 2024

‚The Zone of Interest‘ © filmcoopi

Erst diese fünf Filme sehen, dann alle anderen:

  1. The Zone of Interest von Jonathan Glazer. Ohne ihn zu zeigen, vermittelt dieser Spielfilm den Horror des Konzentrationslagers von Auschwitz wie keiner zuvor. Erinnerung schaffen aus Gegenwart.
  2. Dune: Part 2 von Denis Villeneuve. Um düstere Prophezeiungen geht’s auch in Teil 2 der barocken Weltraum-Oper. Aber immerhin zählt jetzt die Gegenwart: Die langwierige Exposition ist vorbei, und das Drama kommt in Fahrt.
  3. La passion de Dodin Bouffant von Trân Anh Hùng. Eine hinreissende Liebeserklärung an die französische Küche, die Kunst des Kochens und die Kunst des gemeinsamen Lebens.
  4. Operation silence – Die Affäre Flükiger von Werner Schweizer. Kurz bevor der Kanton Jura entsteht, sorgt ein verschollener Berner Unteroffizier für politische Missklänge – ein True-Crime-Dokfilm, der die Schweizer 70er lebhaft mit aufmüpfigen Béliers, R.A.F.-Fahndungen und einem resoluten Kurt Furgler heraufbeschwört.
  5. Green Border von Agniezka Holland. In anklagender Haltung erzählt Altmeisterin Holland von Geflüchteten, die an der weissrussisch-polnischen Grenze zum Spielball globaler Interessen werden – nicht immer subtil, aber entschlossen zu zeigen, was sonst unsichtbar bliebe.

Im Filmpodcast morgen: Dune: Part 2, Do not expect too Much from the End of the World, The Zone of Interest, Jonathan Glazer

SHAMBHALA von Min Bahadur Bham (Berlinale 2024, Wettbewerb)

Thinley Lhamo © Aditya Basnet / Shooney Films

Wahrscheinlich haben alle ethnisch-ländlichen Geschichten dieser Welt irgendwo einen Jeremias-Gotthelf-Einschlag. Das macht sie so universal.

Wenn dann noch die Wimpel und die Berge, die Yaks und die Mönche, die Reinkarnation und die Mehrmännerei dazu kommen, dann weht durchs nachbarschaftlich Allzumenschliche schnell ein spiritueller Wind. „SHAMBHALA von Min Bahadur Bham (Berlinale 2024, Wettbewerb)“ weiterlesen

Filmpodcast Nr. 821: Berlinale, Operation Silence, La passion de Dodin Bouffant

Kino im Kopf – mit Georges Wyrsch. Heute berichtet Michael Sennhauser von der Berlinale, und ich bespreche einen neuen Schweizer Dokfilm, Operation Silence – Die Affäre Flükiger. Darin geht’s um die Gründung des Kantons Jura, aber längst nicht nur. Und dann nochmals Michael Sennhauser – von ihm ein längerer Beitrag mit Ausschnitten aus einem Gespräch mit dem Regisseur Tran Anh Hung zu seinem neuen Spielfilm La passion de Dodin Bouffant. Dazu wie immer unsere Kurztipps und zum Miträtseln unsere Tonspur.

Saugen: Filmpodcast Nr. 821 (Rechtsklick für Download)


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VOGTER (Sons) von Gustav Möller (Berlinale 2024, Wettbewerb)

Sidse Babett Knudsen © Nikolaj Moeller

Manche Leute kann man eben nicht retten, tröstet Rami (Dar Salim), der Chefaufseher des Hochsicherheitstrakts, am Filmende die völlig erledigt auf einem Stuhl sitzende Eva (Sidse Babett Knudsen).

Manche Filme auch nicht. „VOGTER (Sons) von Gustav Möller (Berlinale 2024, Wettbewerb)“ weiterlesen

MÉ EL AÏN (Who Do I Belong To) von Meryam Joobeur (Berlinale 2024, Wettbewerb)

Malek Mechergui, Dea Liane © Tanit Films, Midi La Nuit, Instinct Bleu

Dass Kriegsrückkehrer ihre Dämonen mit nach Hause bringen, das ist eine alte Metapher. Die in Kanada lebende tunesisch-amerikanische Regisseurin Meryam Joobeur bringt sie in ihrem ersten Langspielfilm aber erst sehr spät ins Spiel.

Zu Beginn machen sich Aicha und ihr Mann auf ihrem kleinen Ziegenhof im Norden von Tunesien bereit für eine Hochzeit. Adam, der jüngste Sohn, freut sich darauf, die Pferde zu sehen. Seine älteren Brüder Mehdi und Amine erklären, sie kämen später nach, als die Mutter sie zu Eile mahnt. „MÉ EL AÏN (Who Do I Belong To) von Meryam Joobeur (Berlinale 2024, Wettbewerb)“ weiterlesen

Die Unverpassbaren, Woche 08 – 2024

Juliette Binoche und Benoît Magimel in ‚La passion de Dodin Bouffant‘ © frenetic

Erst diese fünf Filme sehen, dann alle anderen:

  1. La passion de Dodin Bouffant von Trân Anh Hùng. Eine hinreissende Liebeserklärung an die französische Küche, die Kunst des Kochens und die Kunst des gemeinsamen Lebens.
  2. Operation silence – Die Affäre Flükiger von Werner Schweizer. Kurz bevor der Kanton Jura entsteht, sorgt ein verschollener Berner Unteroffizier für politische Missklänge – ein True-Crime-Dokfilm, der die Schweizer 70er lebhaft mit aufmüpfigen Béliers, R.A.F.-Fahndungen und einem resoluten Kurt Furgler heraufbeschwört.
  3. Green Border von Agniezka Holland. In anklagender Haltung erzählt Altmeisterin Holland von Geflüchteten, die an der weissrussisch-polnischen Grenze zum Spielball globaler Interessen werden – nicht immer subtil, aber entschlossen zu zeigen, was sonst unsichtbar bliebe.
  4. Menus plaisirs – Les Troisgros von Frederick Wiseman. Der Dokmeister ist 94 und kann’s immer noch: Das vierstündige cineastische Gourmetmenu über das legendäre französisches Dreisternerestaurant der Familie Troisgros mundet hervorragend.
  5. Dream Scenario von Kristoffer Borgli. Ein langweiliger Professor «trendet» plötzlich passiv in den Träumen vieler Menschen. Als ihm das zu Kopf steigt, wird sein Traum-Doppelgänger aggressiv. Nicolas Cage in einer irren Zeitgeistrolle.

Im Filmpodcast morgen: Opération silence, Berlinale, La passion de Dodin Bouffant

BLACK TEA von Abderrahmane Sissako (Berlinale 2024, Wettbewerb)

Han Chang, Nina Mélo © Olivier Marceny / Cinéfrance Studios / Archipel 35 / Dune Vision

Sissakos erster Langfilm seit Timbuktu von 2014 ist eine chinesisch-afrikanische Liebesgeschichte. Oder gleich mehrere.

In der République de Côte d’Ivoire verweigert die schöne Aya (Nina Mélo) ihrem Verlobten das Ja-Wort bei der Trauung, weil er sie am Tag zuvor mit einer alten Flamme betrogen hat. „BLACK TEA von Abderrahmane Sissako (Berlinale 2024, Wettbewerb)“ weiterlesen

GLORIA! von Margherita Vicario (Berlinale 2024, Wettbewerb)

Veronica Lucchesi, Carlotta Gamba, Sara Mafodda, Maria Vittoria Dallasta © tempesta srl

Femipop gegen barocke Langeweile. Schön wär’s! Der Berlinale-Wettbewerbsfilm der Italienerin Margherita Vicario will viel weiblichen Aufstand und Geschichtskorrektur und ist doch bloss ein Melodramusical.

Die erste Warnung kommt schon bald, als der ganze Hof von Sant Ignazio bei Venedig rhythmisch in Reih und Glied fällt. Die Wäscherinnen schrubben, schrubben. Die Waisenmädchen lachen, lachen. Die Teppichklopfer klopfen, klopfen. „GLORIA! von Margherita Vicario (Berlinale 2024, Wettbewerb)“ weiterlesen

DES TEUFELS BAD von Veronika Franz & Severin Fiala (Berlinale 2024, Wettbewerb)

© Ulrich Seidl Filmproduktion / Heimatfilm

Grauslich kann es sein, dieses Leben in Österreich im 18. Jahrhundert. Zumal auf dem Land, wo Kälte und Hunger so nah sind wie der Teufel und die Kirche.

Das Regieduo, das uns mit Ich seh, ich seh schon das Fürchten gelehrt hat, legt nach mit dem tragischen Leben der jungen Agnes (Anja Plaschg), die in ihrer Gottesfurcht nichts weiter sein wollte, als eine gute Ehefrau für ihren Mann Wolf (David Scheid) und so bald wie möglich Mutter. „DES TEUFELS BAD von Veronika Franz & Severin Fiala (Berlinale 2024, Wettbewerb)“ weiterlesen

PEPE von Nelson Carlos De Los Santos Arias (Berlinale 2024, Wettbewerb)

Das ist Pablito. NIcht Pepe. © Monte & Culebra

Dieser, wir wollen ihn Assemblage-Film nennen, hat einiges gemeinsam mit Mati Diops Dahomey. Wieder haben wir es mit einer Stimme ohne sichtbaren Körper zu tun, wie bei der Benin-Statue Nr. 26.

Und wieder ist es eine Stimme aus dem Exil, fern vom Kontinent Afrika. Pepe ist ein Nilpferd. Er ist das erste (und bisher letzte) Nilpferd, das in Südamerika umgebracht wird. „PEPE von Nelson Carlos De Los Santos Arias (Berlinale 2024, Wettbewerb)“ weiterlesen