Berlinale 18: UTØYA von Erik Poppe (Wettbewerb)

Andrea Berntzen © Agnete Brun

Zweiundsiebzig Minuten Todesangst, blinde Panik, Rennen und Verzweiflung, ohne einen Schnitt, ohne mehr als einen flüchtigen, entfernten Blick auf eine Gestalt mit einem Gewehr auf einer Klippe: Was macht das mit uns im Kinosaal?

Um das Massaker von 2011 an den Jugendlichen im Sommercamp auf der norwegischen Insel Utøya als Spielfilm zu fassen zu bekommen, muss ein Konzept erst einmal alle Untiefen, Verletzungen, moralischen und ethischen Bedenken aus dem Weg räumen. „Berlinale 18: UTØYA von Erik Poppe (Wettbewerb)“ weiterlesen

Berlinale 18: TOPPEN AV INGENTING (The Real Estate) von Axel Petersén und Måns Månsson (Wettbewerb)

Léonore Ekstrand © Flybridge

Den Bechdel-Test würde dieser Film zumindest theoretisch mit fliegenden Fahnen bestehen. Er dreht sich fast vollständig um die 68-jährige Nojet (Léonore Ekstrand), ein lebenslanges Partygirl, das, vom Tod des reichen Vaters überrascht, plötzlich in der schwedischen Wirklichkeit landet.

Sie hat eine Mietskaserne geerbt in Stockholms Innenstadt. Noch vor der Kremation des Vaters erkundigt sie sich bei dessen altem Freund und Anwalt, wie es um die Verkaufsmöglichkeiten stehe. Eigentlich möchte sie nichts lieber, als auf ihre Sonneninsel zurückkehren. „Berlinale 18: TOPPEN AV INGENTING (The Real Estate) von Axel Petersén und Måns Månsson (Wettbewerb)“ weiterlesen

Berlinale 18: FIGLIA MIA von Laura Bispuri (Wettbewerb)

Valeria Golino, Alba Rohrwacher © Vivo film

Drei Jahre nach ihrem kuriosen und nachklingenden Erstling Vergine giurata ist die Italienerin Laura Bispuri wieder im Wettbewerb der Berlinale. Und wieder mit Alba Rohrwacher in einer zentralen Rolle.

Und wieder geht um die Identitätsfindung einer Frau, auch wenn die rothaarige Vittoria (Sara Casu) als brave Tochter zwischen zwei Frauen noch ein kleines Mädchen ist. „Berlinale 18: FIGLIA MIA von Laura Bispuri (Wettbewerb)“ weiterlesen

Berlinale 18: LA PRIÈRE von Cédric Kahn (Wettbewerb)

Anthony Bajon © Les films du Worso / Carole Bethuel

Kann der Glaube einen Junkie von der Nadel wegbringen? Oder ersetzt er da nicht einfach die eine Droge durch eine andere?

Die meisten der jungen Männer, die sich in diesem katholischen Berghof gegenseitig beim Entzug unterstützen, kommen kaum dazu, sich diese Frage zu stellen. Und die Herausforderung, welche Cédric Kahn hier an sein Publikum richtet, ist eine andere. „Berlinale 18: LA PRIÈRE von Cédric Kahn (Wettbewerb)“ weiterlesen

Berlinale 18: EVA von Benoit Jacquot (Wettbewerb)

Gaspard Ulliel, Isabelle Huppert © 2017 MACASSAR PRODUCTIONS

Ein Autor auf der Suche nach einem neuen Stoff trifft auf eine kühle Prostituierte. Seine Faszination für sie wird obsessiv, als er den Ehrgeiz entwickelt, in ihr Gefühle zu wecken. Alles unter dem Vorwand der literarischen Recherche.

Der Roman Eve des britischen Autors James Hadley Chase wurde 1962 von Joseph Losey verfilmt, unter dem Titel Eva und mit Jeanne Moreau in der Titelrolle. Schon Losey hat versucht, das Buch mit einigen Eingriffen zu bändigen, unter anderem hat er einen Teil der Handlung nach Venedig verlegt. „Berlinale 18: EVA von Benoit Jacquot (Wettbewerb)“ weiterlesen

Berlinale 18: TRANSIT von Christian Petzold (Wettbewerb)

Paula Beer, Franz Rogowski © Schramm Film / Marco Krüger

Flüchtlingsgeschichten? Haben wir sie nicht langsam über? Nur schon die Frage hinzuschreiben, führt zur innerlichen Verkrümmung. Natürlich würden wir lieber wegschauen, natürlich schützen wir uns, wo wir können.

Aber Christian Petzold erinnert uns mit dieser extrem intelligent gemachten Umsetzung des Anna-Seghers-Romans «Transit», dass wir die Geschichte dieser Flüchtlinge auch schon aufgesogen haben, mit sehnsüchtiger Sentimentalität: Casablanca. „Berlinale 18: TRANSIT von Christian Petzold (Wettbewerb)“ weiterlesen

Berlinale 18: DOVLATOV von Alexey German Jr. (Wettbewerb)

Die Leningrad-Bohème um Brodsky (Artur Beschastny) und Dovlatov (Milan Maric) © Saga Films

Als Alexey German Jr. 2015 mit seinem formal beeindruckenden Under Electric Clouds im Berlinale Wettbewerb vertreten war, liess mich das dystopische Unsittengemälde einer zerfallenden russischen Welt einigermassen ratlos zurück. Zu pessimistisch erschien mir das, zu hoffnungslos.

Nun sind wir drei Jahre näher an dieser damals gezeichneten unbestimmten Zukunft, und die allgemeine Stimmung ist näher an jenem Film, als ich mir damals ausmalen wollte. Und nun dreht German selber zurück, ins Jahr 1971, nach Leningrad im November 1971. „Berlinale 18: DOVLATOV von Alexey German Jr. (Wettbewerb)“ weiterlesen

Berlinale 18: DAMSEL von David und Nathan Zellner (Wettbewerb)

Mia Wasikowska, Robert Pattinson in ‚Damsel‘ © Strophic Productions Limited

Was tut man nicht alles, um Stars wie Robert Pattinson oder Mia Wasikowska nach Berlin zu locken. Die Programmierung dieses Films im Wettbewerb der 68. Berlinale ist nun allerdings dermassen durchsichtig, dass man schon fast wieder von Chuzpe reden kann.

Fast fünfzig Jahre nachdem Filme wie Il mio nome e nessuno und die dritte Welle der Euro-Western das US-Pioniergenre vom Alk auf den Ulk gebracht haben, kommen die Zellner Bros. und parodieren nach. Rechtschaffen im Anspruch, prächtig im Setting, gut ausgestattet mit Verkaufswerten wie Pattinson und Wasikowska. Aber Abgründe entfernt von den Coens oder auch nur schon Tarantino, dem sie zumindest bei den Dialogen nachzueifern scheinen. „Berlinale 18: DAMSEL von David und Nathan Zellner (Wettbewerb)“ weiterlesen

Berlinale 18: LAS HEREDERAS von Marcelo Martinessi (Wettbewerb)

Ana Brun, Margarita Irún © lababosacine

Zwei alternde Lesben sehen sich gezwungen, das Familiensilber zu verkaufen. Mit so einem Satz wird man diesem seltsam bockigen Film nicht gerecht. Aber der Plot ist umrissen. Fehlt noch die Feinarbeit, denn aus der besteht «Die Erbinnen».

Chela und Chiquita leben als routiniertes Paar in Chelas Elternhaus. Ihr Alter ist schwer abzuschätzen, sie gehen wohl beide auf die Sechzig zu. Ihr missglücktes Schuldenmanagement hat Chiquita allerdings ein Gefängnisstrafe eingebracht, die sie in diesen Tagen antreten muss. „Berlinale 18: LAS HEREDERAS von Marcelo Martinessi (Wettbewerb)“ weiterlesen

Berlinale 18: ISLE OF DOGS von Wes Anderson (Wettbewerb)

© 2018 Twentieth Century Fox

Man möchte bellen vor Vergnügen. Das ist ein Film für Hündeler und Menscheler. Ein echter Wes Anderson, animiert, lakonisch getextet, und mit jener kindlich explorersüchtigen Exotik, in die uns noch jedes seiner Werke entführt hat.

Diesmal ist das Wunderland Japan, jenes Japan, das aus allen Pop-Facetten besteht, Yakuza und Manga, Trommler und klassische Gemälde, Sagen und Gegenwart, aus Robotern, Wissenschaftlern, Hunden, Katzen und dem Jungen Atari (ja, Atari). „Berlinale 18: ISLE OF DOGS von Wes Anderson (Wettbewerb)“ weiterlesen