Beowulfs Schniedelwutz in Imax 3D – Ach, so ist das gemeint!

Lilian Z. und Michael S. mit Imax 3D-Brille in Loews Cinema, San Francisco

Ein Passiv-Computergame auf Grossleinwand – das ist der Eindruck, den Robert Zemeckis Motion-Capture-Saga bei mir hinterlassen hat, bei der ersten Visionierung auf einer ganz normalen Leinwand in Basel. Gestern Abend haben wir den Film hier in San Franciscos Metreon-Center als Imax-3D-Projektion gesehen. Und plötzlich leuchtete mir einiges ein, das vorher völlig unverständlich wirkte. Die tiefen Einstellungen mit viel Boden im Vordergrund. Der Rückwärtsflug der Kamera durch Baumwipfel in die Berghöhle des Monsters Grendel, ja sogar all die lächerlichen Zufälligkeiten im Bildvordergrund bei Beowulfs Kampf mit Grendel, die einzig und allein dazu dienen, das Gemächte des nackt kämpfenden Helden nie einem unschuldigen Kinderblick auszusetzen.

Das 3D-Bild auf der Imax Leinwand ist nicht immer gleich eindrücklich. Häufig entsteht mit der polarisierenden Brille auf der Nase nur ein Eindruck von geschichteter Zweidimensionalität, viele Einstellungen sehen aus, wie aus diesen aufklappbaren Bilderbüchern mit Pop-Up-Elementen. Andere dagegen sind unglaublich packend. Insbesondere die grosse Endschlacht zwischen Beowulf und dem Flugdrachen gerät zu einer hyperrealistischen Achterbahnfahrt, bei der es kaum mehr einer Komplizenschaft mit der Technik bedarf, der Effekt wirkt sich oft direkt körperlich aus, der Magen sinkt mit dem stürzenden Helden und dreht sich wie von selbst, wenn er dem Drachen das dunkle Herz aus der Tiefe der Brust reisst, mit blossen Händen notabene.

Die Filmerzählung wirkt nicht wirklich subtiler in 3D, aber all die kruden Effekte, die auf der normalen Leinwand nur Kopfschütteln auslösen, bekommen plötzlich eine Motivation. Dass Angelina Jolie als dämonische Mutter des Monsters Grendel zwar in goldiger Nacktheit auftreten darf, aber ohne Brustwarzen, das ist dem Bedürfnis der Produzenten nach einem PG-13-Rating geschuldet, also der Alterskategorisierung, welche die US-Kids nicht aus dem Kreis der zahlenden Klienten ausschliesst. Aus dem gleichen Grund darf Beowulfs Schniedelwutz nie ins Bild hängen.

Was aber auf der 2D-Leinwand bemüht peinlich wirkt, löst bei Imax-3D plötzlich Dankbarkeit aus. Denn so wie einem die Schwerter und Streitäxte aus der Tiefe des Raumes ins Gesicht gestreckt werden, muss man sich zwangsläufig auch die Männlichkeit des CGI-Helden vorstellen. Und das möchte man nicht (Frau auch nicht wirklich, hat mir Lilian versichert).

Aber eines macht dieses 3D-Abenteuer klar: Das lange gehegte Vorurteil, dass 3D im Kino nur einen Schauwert liefere, aber keine dramaturgische Komponente sein könne, wird hier widerlegt. Die Kampfszenen in der grossen Trinkhalle des Königs Hrothgar nutzen den ganzen Raum bis unter die Dachbalken und die „Kamera“ bewegt sich entsprechend.

Noch hat die Technik Kinderkrankheiten. So werden die Augen der Figuren in „Nahaufnahmen“ mittlerweile perfekt gerendert, mit Spitzlichtern und einem lebendigen Glanz, der die Zombie-Blicke des kleinen Mädchens in Zemeckis „Polar Express“ vergessen macht. Aber auf Distanz scheinen alle Figuren zu schielen. Da haben die Computergrafiker noch ein Problem. Aber in 3D ist dieser Beowulf ein Erlebnis. Noch immer um wenigstens dreissig Minuten zu lang, aber eindrücklich und nicht ohne Humor (den bemerkt man in der 2D Version kaum).

Angelina Jolie ist Grendels nippellose Mutter in Beowulf