FRANZ K. von Agnieszka Holland

Dr. Franz Kafka (Idan Weiss) In der Versicherungsanstalt © frenetic films

Franz Kafka und seine Texte seien für sie so prägend gewesen, sagt Agnieszka Holland, dass sie unbedingt in seinem Prag studieren und die Filmschule machen wollte, bevor sie nach Polen zurückkehrte und ihre eigene Karriere als Assistentin von Krzysztof Zanussi und Andrzej Wajda startete. Das war in den frühen 1970er Jahren und seit damals muss sie diesen Franz K. und dieses Prag mit sich als Projekt herumgetragen haben, mehr als ein halbes Jahrhundert.

Entsprechend umfassend, reichhaltig, überbordend und aus allen Nähten platzend ist ihr Film nun geworden. Aber zugleich – und zum Glück – getragen von einer fröhlich enzyklopädischen Leichtigkeit. In Franz K. steckt nicht nur ein Leben und ein Werk, nicht nur die Biografie und die Wirkungsgeschichte und der Mythos von Kafka, sondern ein ganzer Strauss biografischer, literarischer und vor allem multiperspektivischer Blütenstände und Dornensträucher. Dieser Film ist ein Fest, eine Feier, eine Versuchung. „FRANZ K. von Agnieszka Holland“ weiterlesen

SORRY, BABY von Eva Victor

Agnes (Eva Victor) … und die Katze © filmcoopi

In den stärksten Momenten dieses starken Filmes ist nur ein Haus zu sehen, von der gegenüberliegenden Strassenseite aus, am Abend. Es wird langsam dunkel, im Haus gehen Lichter an, zwei Schnitte raffen ruhig die Zeit. Wir ahnen, was im Haus passiert. Bis schliesslich Agnes herauskommt, ihre Schuhe in der Hand, ohne die Tür hinter sich zu schliessen.

Sie setzt sich auf die kurze Holztreppe der Veranda und zieht die Schuhe an.

Sorry, Baby von Eva Victor ist ein Film über Missbrauch, vor allem aber ein Film über das Leben danach, über Freundschaft, Verstörung und Überwindung. „SORRY, BABY von Eva Victor“ weiterlesen

READING LOLITA IN TEHRAN von Eran Riklis

Azar Nafisi (Golshifteh Farahani) © filmcoopi

Literarische Bestseller zu verfilmen ist ein tückisches Unterfangen. In der Regel sind es ja weder die sprachliche Brillanz noch die intellektuelle Tiefe, welche sich im Kino verkaufen, sondern die emotionale Wucht. Und dafür ist Eran Riklis Verfilmung von Azar Nafisis Roman «Reading Lolita in Tehran» ein Paradebeispiel. Die Emotionen sind da, die Wut, die Angst, die Hoffnung, gespiegelt in den Gesichtern der Darstellerinnen. Allen voran die stets mitreissende Golshifteh Farahani, die sich in diesem Film noch einmal selbst übertrifft.

Farahani spielt die iranischstämmige Literaturprofessorin, welche nach der islamischen Revolution von 1979 voller Hoffnung mit ihrem Ehemann aus den USA nach Teheran zurückkehrt, bloss um sehr bald ernüchtert die Unterdrückung der Frauen im allgemeinen und die Zensur der literarischen Studien im neuen Ajatollah-Regime zu erfahren. Sie gibt ihren Lehrstuhl auf und beginnt, mit ein paar ihrer engagiertesten Studentinnen in ihrem eigenen Wohnzimmer heimlich die verbotenen «dekadenten» englischsprachigen Klassiker zu lesen, angefangen mit Nabokovs «Lolita». „READING LOLITA IN TEHRAN von Eran Riklis“ weiterlesen

BEKENNTNISSE DES HOCHSTAPLERS THOMAS MANN von André Schäfer

Thomas Mann / Felix Krull / Müller-Rosé / Marquis Louis De Venosta (Sebastian Schneider) © Vinca Film

Über die Interferenzen, Spiegelfiguren und Doppelungen zwischen dem Autor Thomas Mann und der Romanfigur Felix Krull, mit der er Zeit seines Lebens nicht abgeschlossen hat, wurde schon viel geredet und geschrieben. Nicht zuletzt von Thomas Mann selbst. „BEKENNTNISSE DES HOCHSTAPLERS THOMAS MANN von André Schäfer“ weiterlesen

Berlinale 16: GENIUS von Michael Grandage (Wettbewerb)

Colin Firth und Jude Law als Perkins und Wolfe © Pinewood Films
Colin Firth und Jude Law als Perkins und Wolfe © Pinewood Films

Nicole Kidman, Jude Law, Colin Firth, Laura Linney, Guy Pearce: Kein schlechtes Aufgebot für den ersten Film eines gefeierten Theaterregisseurs. Aber Michael Grandage ist auch beim Theater ein Spezialist für grosse Namen. Er hat Daniel Radcliffe inszeniert und Nicole Kidman und viele mehr.

Berlinale_Balken_2016

Genius ist ein Film aus einer anderen Zeit. Es ist der grosse Aufbruch der us-amerikanischen Literatur. Colin Firth spielt Max Perkins, jenen Lektor bei Scribner’s, der die ganz grossen Autoren entdeckt und gefördert hat: F. Scott Fitzgerald, Ernest Hemingway oder Thomas Wolfe (nicht zu verwechseln mit Tom Wolfe).

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