Locarno 11: HELL von Tim Fehlbaum

'Hell' von Tim Fehlbaum ©vega
‚Hell‘ von Tim Fehlbaum ©vega

Erstlingsgfilme schaffen es in Locarno nur selten auf die Piazza Grande. Aber Tim Fehlbaums Hell ist eine dermassen geglückte Variation auf ein bekanntes Thema, dass man den Film auch im Wettbewerb begrüsst hätte. Fehlbaum begleitet Marie (Hannah Herzsprung) und ihre kleine Schwester Leonie (Lisa Vicari), welche zusammen mit Phillip (Lars Eidinger) in einem alten Volvo unterwegs sind in die Berge. Dort soll es noch Wasser geben. Überall sonst hat die Sonne das Land getötet, die meisten Menschen sind verhungert und verdurstet. Bald schliesst sich ein zweiter Mann der kleinen Truppe an, und ein grosser Vogel, den Phillip in der Luft fliegen sieht, lässt Hoffnung aufkommen, dass in den Bergen tatsächlich noch Leben möglich ist.

John Hillcoats The Road nach dem apokalyptischen Roman von Cormac McCarthy hat das Szenario vor zwei Jahren schon mit Viggo Mortensen als Vater mit einem kleinen Sohn durchgespielt – bis in die letzte Konsequenz des menschlichen Überlebenskampfes in einer Zeit drastisch reduzierter Ressourcen. Aber The Road war ein Riesenfilm in fast jeder Beziehung, während Hell nicht nur täuschend einfach gemacht ist, sondern vor allem unglaublich nahe geht. Das liegt am dokumentarisch-realistischen Konzept und an der eindringlichen Leistung der Darsteller.

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Locarno 11: BEIRUT HOTEL von Danielle Arbid

Darine Hamzé in 'Beirut Hotel' von Danielle Arbid
Darine Hamzé in 'Beirut Hotel' von Danielle Arbid

Das Schönste an diesem ersten Film im aktuellen Wettbewerb von Locarno ist die anfänglich magische Stimmung im nächtlichen Beirut, gleich gefolgt von Hauptdarstellerin Darine Hamzé. Sie spielt eine junge, von ihrem Ehemann getrennte und scheidungswillige Barsängerin. Diese trifft auf einen von Charles berling gespielten französischen Anwalt, der behauptet, im Auftrag einer Telekomfirma mit den Syrern zu verhandeln. Die gegenseitige Anziehung wird sehr schnell greifbar und der Film entwickelt am Anfang eine Magie, welche an Daniel Schmids Klassiker Hécate von 1982 erinnert. Zur Stimmung gehört auch Beirut als Hintergrund, die vergangene und stets gegenwärtige Gewalt und Unsicherheit, und all dies baut eine starke und durchaus auch überraschend erotische Spannung auf. Dann allerdings bricht das alles ein:

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Locarno 11: werktägliches Radio-Magazin aus Locarno

DRSsct

Seit heute sind wir wieder auf Sendung: Die Locarno Crew von DRS2 und DRS4News, Brigitte Häring, Eric Facon, Thomas Gutersohn und ich, verstärkt durch die online-Kollegen Thomas Hägler und Christian Gebhard, die sich ablösen. Wir senden jeweils live um elf Uhr 25 Minuten von der Piazza Grande, die Details folgen nach dem Sprung:

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Locarno 11: SUPER 8 von JJ Abrams

'Super 8' ©UPI
'Super 8' ©UPI
'Super 8' ©UPI

Ein seltsam passender Film für die Eröffnung des Festivals von Locarno. Super 8 ist einerseits reine Nostalgie, andererseits eine von Steven Spielberg produzierte Hommage an Steven Spielberg. E.T. meets Jurassic Park, strukturell nach Vorbildern wie The Goonies oder Standy by Me aufgebaut, aber mit der typischen JJ Abrams Spannungsdramaturgie, die aus Vorenthaltung, Andeutungen und Überraschungen besteht. Und auch die grösste Schwäche des Films ist typisch für Abrams, den Lost-Erfinder: Serienspannung kennt kein Ende und kein Ziel, im Gegensatz zu einem Spielfilm, der von Anfang an eines haben sollte. Aber gehen wir der Reihe nach:

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Locarno 11: Variety begrüsst Locarnos Biz

LocVar11

So, nachdem jetzt prompt zum Schweizer Nationalfeiertag das altehrwürdige (wenn auch ziemlich heruntergewirtschaftete) US-Branchenblatt Variety das am Mittwoch startende Filmfestival von Locarno auf den Teller gehoben hat, kann es ja losgehen. Zwar hat der Branchenprimus Locarno noch nie völlig fallen lassen (eine Suche nach dem Stichwort ergibt 9566 Resultate), aber die Berichterstattung hängt bei Variety sehr direkt mit den geschalteten Inseraten zusammen. Das Zurich Film Festival und Locarno haben sich die letzten Jahre einen regelrechten kleinen Wettkampf geleistet, wer Variety stärker einzubinden vermochte. Nicht nur mit Inseraten, sondern auch mit Veranstaltungen in Zusammenarbeit mit der Publikation. Nun, klappern gehört zum Showbiz und Variety ist noch immer die Temporär-Bibel dieses Businesses.

Locarno 11: Cowboys & Aliens

Auf der Piazza Grande: Harrison Ford und Daniel Craig in 'Cowboys & Aliens' ©UPI Switzerland
Auf der Piazza Grande: Harrison Ford und Daniel Craig in ‚Cowboys & Aliens‘ ©UPI Switzerland

Das Filmfestival von Locarno (3.- 13. August 2011) hat heute, wie schon letztes Jahr, im Berner Rathaus zur Pressekonferenz gebeten – was unter anderem dem Berner Stadtpräsidenten Alexander Tschäppät zum zweiten Mal Gelegenheit gab, seine Stadt als neuen Vergabeort für die Schweizer Filmpreise anzubieten.

Der Berner Stapi Alex Tschäppät will die Quartze ©sennhauser
Der Berner Stapi Alex Tschäppät will die Quartze ©sennhauser

Vor allem aber präsentierte sich Festivalpräsident Marco Solari für einmal betont aufgeräumt, zufrieden und optimistisch. Das Programm sei vielversprechend, der Kanton Tessin und die Eidgenossenschaft spendabler als auch schon (gut möglich, dass ihm seine smarten Pressefrauen davon abgeraten haben, einmal mehr dräuende Finanzlöcher an den Himmel zu malen), und die Zukunft des Festivals so rosig, dass sich (gerüchteweise) Venedigs Festivalchef (und einstiger Locarno-Kapitän) Marco Müller schon darüber ärgere, dass in jeder Ecke der Welt, wo er auftauche, Locarnos aktueller Direktor Olivier Père schon gewesen sei… Père selber gab sich stolz bescheiden: Die Menge der Filme solle nach wie vor überschaubar bleiben, die Qualität werde aber noch einmal gesteigert. Tatsächlich sieht der Wettbewerb mit vielen noch unbekannten Namen aus diversen Ländern auf den ersten Blick zumindest nach viel Abwechslung aus. Und mit zweieinhalb (der dritte ist eine Koproduktion) Filmen aus der Schweiz im Wettbewerb hat der künstlerische Leiter auch der subventionierenden Eidgenossenschaft seine Reverenz erwiesen – hoffentlich ausschliesslich aus Qualitätsgründen.

Auch das Piazza Programm kann sich sehen lassen. Neben den beiden Cannes-Filmen Drive von Nicolas Winding Refn und Le Havre von Aki Kaurismäki ist auch das US-Blockbuster-Kino gut vertreten, mit J.J. Abrams Super 8 und vor allem mit Jon Favreaus Cowboys and Aliens, zu dessen Premiere am Samstagabend ein guter Teil der Crew und der Stars erwartet wird, darunter wären immerhin Harrison Ford oder Daniel Craig. Père ist es damit gelungen, die US-Majors wieder an Bord zu holen. Auch die Cowboys sind also wieder da im August, und Aliens gab es ja schon immer genug in Locarno.

Das ganze Wettbewerbs- und Piazza-Line Up folgt nach dem Sprung:

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