Locarno 13: UNE AUTRE VIE von Emmanuel Mouret

Jasmine Trinca, Joey Starr
Jasmine Trinca, Joey Starr

Das ist nicht Mourets erster Film, mit L’art d’aimer war er 2011 auf der Piazza in Locarno und da hätte notfalls auch diese Schmonzette hingehört. Aber ganz sicher nicht in den Wettbewerb. Von der ersten Einstellung an wirkt der Film, als ob ein Drehbuchcomputer eine schlechte Rosamunde-Pilcher-Parodie autoverfilmt hätte.

Die schöne, reiche und unglückliche Pianistin Aurore (Jasmine Trinca) verliebt sich in den Elektriker, der im Haus ihres verstorbenen Vaters die Alarmanlage installiert. Der aber ist verheiratet mit seiner Kindheitsgespielin Dolorès (Virginie Ledoyen) und die setzt alles daran, ihn zu behalten.

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Locarno 13: SHORT TERM 12 von Destin Cretton

Brie Larson, Keith Stanfield
Brie Larson, Keith Stanfield

Auf einem hohen Energielevel einsteigen und dann nie mehr nachlassen. Das dürfte eine der Grundregeln sein, welche Destin Crettons Drehbuchlehrer seinem Schüler mitgegeben hat. Jedenfalls hat er das mit diesem, seinem zweiten Langfilm, mustergültig umgesetzt. Short Term 12 ist eine Auffangstation für unter 18jährige, für Verhaltensauffällige, Verstörte, Vereinsamte oder Abgestürtzte. Teamleiterin ist Grace, zwischen zwanzig und dreissig Jahre alt.

Zu Beginn des Films führt sie eben ein neues Teammitglied ein, den Studenten Nate, der hier eine Art Praktikum absolviert. Graces Freund und Kollege Mason erzählt mit Verve, wie er seinerzeit von einem Ausreisser so eingeschüchtert wurde, dass er sich in die Hose machte – eine Geschichte, die mittlerweile legendär zu sein scheint und auch unter den neuen Kids in Short Term 12 immer wieder die Runde macht. „Locarno 13: SHORT TERM 12 von Destin Cretton“ weiterlesen

Locarno 13: FEUCHTGEBIETE von David Wnendt

Carla Juri ist die hämorrhoidengeplagte Helen Memel © filmcoopi
Carla Juri ist die hämorrhoidengeplagte Helen Memel © filmcoopi

Feuchtgebiete – der Film, beginnt mit einer Publikumsverarschung. ganz wörtlich, ganz clever, ganz hübsch. Das ist vor allem darum erfreulich, weil man sich bloss zwanzig Sekunden davor über einen eingeblendeten bigotten Kommentar zum Buch von Charlotte Roche und der Überflüssigkeit seiner Verfilmung amüsiert hat. Der Film stellt damit gleich einmal klar, dass er nicht vor hat, uns einfach zu bedienen.

Natürlich tut er dann über weite Strecken trotzdem genau das. Aber das war nicht nur zu erwarten, das war auch fast zwingend notwendig. Wo Charlotte Roche beim Schreiben Tabus brechen und Grenzen überschreiten wollte, hat der Film, als Produktion für das grosse potentielle Publikum, welches die Debatte um den Roman erschlossen hat, die weitaus komplexere Auflage, nie zu weit zu gehen, und nicht allzu zurückhaltend zu wirken. Ein Job den Wnendt und sein Team mit Bravour bewältigen. „Locarno 13: FEUCHTGEBIETE von David Wnendt“ weiterlesen

Locarno 13: U RI SUNHI von Hong Sangsoo

In koreanischen Autorenfilmen spielt sich immer wieder ein guter Teil des Lebens oder doch wenigstens der Gespräche der Protagonisten im Café ab, oder beim Essen im Restaurant. Im jüngsten Film von Hong Sangsoo ist das besonders aufällig, weil er aus lauter starren Einstellungen besteht, der jeweils die junge Frau Sunhi im Gespräch mit einem der drei Männer zeigt, oder die Männer im Gespräch unter sich.

„Unsere“ Sunhi, so der Filmtitel, ist eine junge Frau, welche ihr Filmstudium abgeschlossen hat und nun von ihrem Professor eine Empfehlung für ein Postgraduate-Studum in den USA haben möchte. Aber sowohl er, wie auch ihr Ex-Freund Munsu und ein ehemaliger Komilitone erklären, dass sie sie nicht wirklich kennen würden, weil sie so zurückhaltend und verschlossen sei. zugleich wird aber deutlich spürbar, dass alle drei Männer nicht nur fasziniert sind von Sunhi, sondern verliebt. Verliebt in die hübsche Projektionsfläche. „Locarno 13: U RI SUNHI von Hong Sangsoo“ weiterlesen

Locarno 13: GARE DU NORD von Claire Simon

Nicole García, Reda Kateb
Nicole García, Reda Kateb

Vor 27 Jahren machte der junge Luc Besson mit Subway eine Pariser Metrostation zu einem extrem lebendigen Oekosystem menschlicher Protagonisten und ihrer Geschichten. Nun gelingt dem Multitalent Claire Simon (von ihr stammt der brillante Dokumentarfilm Coûte que coûte) eine fast dokumentarisch angelegte Ausweitung des Prinzips auf den Pariser Gare du nord.

Um zwei zentrale Figuren, die kranke Mathilde (Nicole Garcia) und den Soziologiestudenten Ismaël (Reda Kateb) herum schichtet Claire Simon ein grosses Knäuel locker verwebter Einzelschicksale. Ismaël macht im Auftrag der Métro RATP Passagierumfragen, um damit seine eigentliche Aufgabe zu finanzieren: Das soziologische Erfassen möglichst vieler der globalisierten Schicksale im Bahnhof. „Locarno 13: GARE DU NORD von Claire Simon“ weiterlesen

Locarno 13: Heads or Tail?

pardispons

Keine Ahnung, wie die Festivalsponsoren untereinander die potentiellen Benefits verteilen. Aber wenn es um das Locarneser Festivalmaskottchen geht, hat die UBS im vergleich zur Manor dieses Jahr eindeutig die Arschkarte gezogen. You are the Jury.

Locarno 13: EXHIBITION von Joanna Hogg

Viv Albertine in 'Exhibition'
Viv Albertine in ‚Exhibition‘

Ein Künstlerehepaar und ihr Designerhaus in London stehen im Zentrum dieses britischen Konzeptfilms. Sie zeichnet und probt Performances, er entwirft Grafiken am Computer, ohne dass je deutlich würde, was er genau tut. Auf jeden Fall sind sie reicht, kinderlos und unabhängig. Er möchte nach 18 Jahren in dem Haus nochmal wo anders wohnen, ihr fällt der Abschied vom Haus offensichtlich schwer.

Namen bekommen die beiden nie, sie nennen sich gegenseitig D und H. Gespielt werden sie von der Musikerin und Sängerin Viv Albertine und dem britischen Konzeptkünstler Liam Gillick. Joanna Hogg kommt aus dem Umfeld von Derek Jarman und der ganze Film balanciert mit brillanter Sicherheit zwischen Szenen einer Ehe und einer subtilen Künstlerparodie. „Locarno 13: EXHIBITION von Joanna Hogg“ weiterlesen

Locarno 13: E AGORA? LEMBRA-ME von Joaquim Pinto

E Agora (4)

Dokumentarfilme im Wettbewerb sind mittlerweile auch in Locarno eine Selbstverständlichkeit. Aber reflektierende Filme über Krankheit haben in der Regel nicht nur eine hohe Schwellenangst zu überwinden, sie machen es einem auch häufig sehr leicht, sich auszuklinken. Das ist auch bei Joaquim Pintos Dokumentarfilm über ein Jahr mit experimenteller Chemotherapie gegen Aids und Hepatitis C immer mal wieder so. Sobald der Kranke eine Reihe von Medikamenten und ihre Nebenwirkungen aufzählt, ist der Zuschauerreflex Abwehr.

Vielleicht ist die erste Einstellung des Films ja auch als Warnung zu verstehen Da kriecht ein brauner Nacktschneck minutenlang durchs Bild, glitzernd im Sonnenlicht, aber langsam. Nach dem ersten Schnitt folgt dann aber eine Raodmovie-Sequenz mit entsprechender Musik und irgendwann erfahren wir, dass Pintos Ehepartner, ein bärtiger Aussteiger, der unermüdlich Bäume pflanzt, früher Frontman einer Heavy Metal Band war. „Locarno 13: E AGORA? LEMBRA-ME von Joaquim Pinto“ weiterlesen

Locarno 13: EL MUDO von Daniel und Diego Vega

El mudo (5)

Dass der Mann, der in Daniel und Diego Vegas zweitem Spielfilm (der erste war Octubre) den Namen Constantino trägt, ist kein Zufall. Constantino Zegarra (Fernando Bacilio) ist ein gewissenhafter, pedantischer Richter, der stets die volle Härte des Gesetzes spielen lässt – in einer Gesellschaft, in der sich alle anderen konstant arrangieren, bis hin zu seinem Vater, seiner Frau und seiner Tochter.

In der ersten Szene des Films wird er von der Mutter eines von ihm Verurteilten verflucht und beschimpft. Er findet seine Autoscheibe eingeschlagen und am nächsten Tag stellt er fest, dass er versetzt worden ist, weg aus Lima, zurück in die Provinz. Und auf dem Weg nach Hause wird er durch die eingeschlagene Autoscheibe hindurch angeschossen. „Locarno 13: EL MUDO von Daniel und Diego Vega“ weiterlesen

Locarno 13: SRF 2 Kultur und SRF 4 News werktäglich live

leomic2013

Auch dieses Jahr gehen wir wieder auf Sendung von der Piazza Grande aus. Jeden Werktag ab 8. August bringen wir Gäste, Meinungen und Töne an den runden Tisch unter dem Magnolia-Zeltdach. Nach den Elf-Uhr-Nachrichten live auf SRF 4 News (Wiederholung um 15 Uhr), High Noon, nach 12 Uhr, dann auf SRF 2 Kultur (Wiederholung um 17 Uhr). Das Team besteht aus Brigitte Häring, Eric Facon, Michael Sennhauser, Samuel Wyss, Valérie Wacker, Christian Gebhard und Tom Hägler. Die letzten drei haben auch schon den SRF online-Auftritt zusammengestellt, der die Sendungen integriert und komplimentiert, mit Bild und Text und natürlich Ton. Und im Prinzip sollte da dann auch der Link zum täglichen Podcast stehen.

Wer gerne live dabei sein möchte: Locarno, Piazza Grande, ab Donnerstag werktäglich um 11 Uhr vom Open Air Studio unter dem Pavillonzelt vor der Hauptpost, gerade bei der grossen Leinwand. Es gibt die eine oder andere Filmgrösse zu sehen und zu hören und Begeisterungsschreie gehen live in die Deutschschweiz!