Locarno 16: INIMI CICATRIZATE (Scarred Hearts) von Radu Jude (Wettbewerb)

Lucian Teodor Rus, Alexandru Dabija, Serban Pavlu
Lucian Teodor Rus, Alexandru Dabija, Serban Pavlu

Ein junger Mann mit Knochentuberkulose wird von seinem Vater in ein Sanatorium gebracht. Da lebt er, unter anderen Leidenden, jahrelang. Die Patienten werden eingegipst, amputiert, punktiert, auf die Terasse an die Meerluft geschoben. Sie leben miteinander, durcheinander. Und immer wieder mal stirbt einer oder ein von ihnen.

Pardobalken2016

Dieser Zauberberg der vernarbten Herzen spielt in Rumänien. Im Film heisst der schwer kranke junge Mann Emanuel. Wie er in Wirklichkeit hiess, darüber gehen die Meinungen auseinander.

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Locarno 16: AL MA’ WAL KHODRA WAL WAJH EL HASSAN (Brooks, Meadows and Lovely Faces) von Yousry Nasrallah (Wettbewerb)

Al mawal Khodra (6)

Entweder steckt in dieser bollywoodmässig aufgeblasenen ägyptischen Dorfposse des 65jährigen Nasrallah eine Menge für uns unverständlicher politischer Sprengstoff. Oder aber die Auswahl dieses Films für den diesjährigen Wettbewerb von Locarno ist sein eigentliches Geheimnis.

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Die Geschichte zweier kochender Brüder, die zusammen mit ihrem Vater Hochzeitsgesellschaften und Trauerfeiern be-catern, spielt alle Irrungen und Wirrungen der Standardliebeskomödien durch. Der ältere Bruder ist seiner Cousine versprochen, liebt aber eine eben zurückgekehrte Witwe. Ein jüngerer Bruder ist Witwer, Frauenheld, und liebt eigentlich die Cousine.

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Locarno 16: MISTER UNIVERSO von Tizza Covi und Rainer Frimmel (Wettbewerb)

Mister Universo (3)

Tairo ist knapp zwanzig Jahre alt. Als Raubtierdompteur ist er mit einem kleinen Zirkus unterwegs, im Grossraum Rom. Einer seiner Tiger ist gerade gestorben, der andere zu alt für Auftritte. Der Löwe ist gereizt und mit bloss noch einem Tiger und einer Löwin ist die Nummer nicht mehr so spektakulär. Dann wird ihm auch noch sein Amulett gestohlen. Tairo traut sich kaum mehr in die Arena.

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Tizza Covi und Rainer Frimmel sind seit vielen Jahren unterwegs mit Zirkus- und Wanderartisten, vornehmlich in Italien. Ihre Dokumentarfilme aus einer verschwindenden Welt haben ihnen zahlreiche Preise eingetragen, ihre unnachahmlichen Dokufiktionen faszinieren jedes Mal. Vor vier Jahren haben sie hier in Locarno mit Der Glanz des Tages gleich drei Preise gewonnen.

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Locarno 16: HERMIA & HELENA von Matías Piñeiro (Wettbewerb)

Hermia and Helena (3)

Das Lebensgefühl junger Kulturtäter zwischen Buenos Aires und New York könnte irgendwo in diesem Film stecken. Der Transit-Zustand voller Hoffnung und Pläne ist jedenfalls da.

Pardobalken2016

Camila (Piñeiros Stammschauspielerin Agustina Muñoz) hat ein Jahr als Artist in Residence in New York ergattert, ohne es eigentlich zu wollen. So reist sie von Buenos Aires ab, lässt Schwester, Freunde und Freund zurück, um in New York ihre Übersetzung von Shakespeares Sommernachtstraum fertig zu stellen.

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Locarno 16: KAZE NI NURETA ONNA (Wet Woman in the Wind) von Akihiko Shiota (Wettbewerb)

Wet woman (1)

Kosuke, ein Dramatiker, hat sich aus Tokio in eine Waldhütte zurückgezogen, um seine Kreativität wieder zu finden. Als er eines Nachmittags mit seinem Handkarren unterwegs ist, rast neben ihm eine attraktive junge Frau mit dem Fahrrad in den See, steigt aus dem Wasser und zieht ungerührt ihr nasses Oberteil aus.

Pardobalken2016

Kurz darauf macht sie ihm offen Avancen, erklärt, sie suche ein Quartier für die Nacht. Kosuke weist sie brüsk zurück, aber Shiori lässt nicht locker, verfolgt ihn bis zur Hütte. Als Kosuke erklärt, er habe den Frauen und dem Sex abgeschworen, greift sie ihm in die Hose und meint, er könne lügen so viel er wolle, sein Schwanz sei offensichtlich anderer Meinung. „Locarno 16: KAZE NI NURETA ONNA (Wet Woman in the Wind) von Akihiko Shiota (Wettbewerb)“ weiterlesen

Locarno 16: LA PRUNELLE DE MES YEUX von Axelle Ropert (Wettbewerb)

Bastien Bouillon, Melanie Bernier 'La prunelle de mes yeux'
Bastien Bouillon, Melanie Bernier ‚La prunelle de mes yeux‘

Nichts gegen Komödien im Wettbewerb, auch wenn Humor noch stärker Geschmackssache ist als Filme. Aber diese französische Zuckerwatte müsste man nicht nur vor Regen schützen, sondern auch vor uns cinephilen Kritikern in Locarno. Das Filmchen hätte besser auf die Piazza Grande gepasst.

Pardobalken2016

Da leben zwei griechische Brüder in Frankreich und suchen ihr Auskommen als Rebetiko-Spieler. Im gleichen Haus wohnen zwei Schwestern, von denen die eine blind ist. Sie und der eine der Exil-Griechen geraten im Fahrstuhl aneinander, steigern die gegenseitigen Beschimpfungen, bis allen ausser ihnen klar ist, dass sie sich verliebt haben.

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Locarno 16: OSTATNIA RODZINA von Jan P. Matuszyński (Wettbewerb)

Andrzej Seweryn, Dawid Ogrodnik, Aleksandra Konieczna
Andrzej Seweryn, Dawid Ogrodnik, Aleksandra Konieczna

Die Beksińskis sind keine gewöhnliche polnische Familie. Oder vielleicht eben doch. Der Vater Zdzisław Beksiński ist Maler, bekannt für seinen Spät- bis Neosurrealismus. In den 1980er Jahren, als der Film einsetzt, ist er etwas über fünfzig.

Pardobalken2016

Am Ende des Films geht er auf die Neunzig zu. Und da spielt auch die allererste Szene, in welcher der Maler einem Bewunderer und Freund freimütig von seinen sadomasochistischen Phantasien erzählt, milde lächelnd und im Bewusstsein, dass er das alles höchstens in seinen Bildern ausgelebt hat.

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Locarno 16: MOKA von Frédéric Mermoud (Pizza Grande)

Nathalie Baye und Emmanuelle Devos © frenetic
Nathalie Baye und Emmanuelle Devos © frenetic

Diane (Emmanuelle Devos) aus Lausanne sucht den Fahrer oder die Fahrerin jenes mokafarbenen Autos, welches ihrem Sohn den Tod gebracht hat. Als sie das Paar schliesslich jenseits der grenze in Evian ausfindig macht und – je einzeln – kennen lernt, verschieben sich die Perspektiven und die Wahrheit ist nicht mehr so offensichtlich, wie sie glaubte.

Pardobalken2016

Sechs Jahre ist es her, seit der Westschweizer Frédéric Mermoud mit seinem ersten Langspielfilm Complices (u.a. Schweizer Filmpreis für das beste Drehbuch 2010) auffiel. In der Zeit danach hat er nicht etwa (was in der Schweiz nicht überraschen würde) um die Finanzierung seines nächsten Films gekämpft, sondern als Regisseur bei der erfolgreichen ersten Staffel der französischen Serie Les revenants weitere Erfahrung gesammelt. „Locarno 16: MOKA von Frédéric Mermoud (Pizza Grande)“ weiterlesen

Locarno 16: CORRESPONDÊNCIAS von Rita Azevedo Gomes (Wettbewerb)

Correspondências (1)

Zweieinhalb Stunden Briefwechsel zwischen zwei portugiesischen Dichtern, meist aus dem Off gelesen und illustriert, oder hinterlegt, oder unterlegt mit exquisiten Einstellungen auf Menschen und Orte.

Pardobalken2016

Das ist die Art von Extremkulturkino, wie sie fast nur noch in Locarno im Wettbewerb zu finden ist, ein Film voller Schönheit, Gedanken und Saudade.

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Locarno 16: SLAVA (Glory) von Kristina Grozeva und Petar Valchanov (Wettbewerb)

Slava (1)

Wie ein osteuropäischer Big Lebowski kommt einem dieser bulgarische Bahngleisarbeiter Tsanko Petrov vor. Zumindest zu Beginn seines Kampfes um die eigene Würde.

Pardobalken2016

Alles fängt an damit, dass er auf dem morgendlichen Gang zum Anziehen von Gleismuttern auf dem Trassee einen Haufen Geldscheine findet. Als ehrliche Haut meldet er den Fund der Polizei, worauf ihn die skrupellose Pressechefin des Transportministers zu einem Helden des Alltags macht, inklusive Medienkonferenz und Belobigung durch den Minister.

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