Als Carla Lia Montis Räuberinnen vor knapp einem Jahr an den Solothurner Filmtagen uraufgeführt wurde, gab sich ein Teil der Printmedien alle Mühe, den kleinen Schweizer Trash-Film zum Skandal hochzustilisieren. Ob die Publicity dem Opus, in das Filmemacherin Monti sechs Jahre ihres Lebens investierte (zum Glück nicht nicht ausschliesslich, sie hat in der Zeit auch zwei Kinder zur Welt gebracht), genützt oder geschadet hat, ist heute kaum zu eruiren. Bei ihrer Kinoauswertung im Sommer hat die bunte Trash-Tragikomödie jedenfalls kaum mehr Wellen geschlagen. Das hat allerdings wenig mit den paar piepsenden Skandalrufen zu tun, eher schon mit dem Umstand, dass man vergnüglichen Trash eigentlich nicht gezielt herstellen kann. Zwar gibt es das popkulturelle Konzept des camp, aber auch camp funktioniert in der Regel nur als Abgrenzungssystem für Nischengruppen. Der echte Trash, derjenige, den wir lieben, den muss man finden, der passiert unabsichtlich, das sind jene Filme, die in ihren Aspirationen so grossartig straucheln, dass die Diskrepanz zwischen Anspruch und Resultat neue Erfahrungsräume eröffnet. Als Beispiel mögen etliche Horrorfilme aus den 50er Jahren herhalten, wie Tarantula oder Attack of the 50 Foot Woman. Die meisten Versuche, solchen Unsinn gezielt herzustellen, scheitern kläglich, wie der unermüdliche New Yorker Lloyd Kaufmann mit seinen Troma-Productions seit Jahren beweist.
Hin und wieder gelingt allerings einem Berserker wie dem Holländer Paul Verhoeven ein echtes Camp-Meisterwerk wie Showgirls oder Starship Troopers. Aber gerade bei Verhoeven sind wir nie ganz sicher, ob der Camp-Effekt von seinem versteckten Zynismus im Umgang mit der Filmindustrie herrührt, oder von einem triumphalen parodistischen Willen, den seine Geldgeber nicht zu erkennen vermögen. Jedenfalls hat kaum einer im Umgang mit Hollywood mehr Basic Instinct bewiesen als Verhoeven.
Was die Energie und das Durchsetzungsvermögen angeht, ist Carla Lia Monti wohl durchaus ein Schweizer Äquivalent zum tobenden Holländer. Diesen Schluss lässt zumindest das 30minütige Making of zu Räuberinnen auf der eben erschienenen DVD zu. Die Montage aus Interviews und Drehdoku, für die Michel Nellen zeichnet, hat mir deutlich mehr Spass gemacht als der Film selber.