Berlinale09: The International – zur Eröffnung ein alter Mercedes

The International Clive Owen

Ein etwas ungewohnter Vergleich für einen Film. Aber Tom Tykwers Thriller The International fühlt sich effektiv so an, wie eines dieser grundsoliden Mercedes-Taxi: Luxus im Alltag, gut verarbeitet, läuft meist geräuschlos und vor allem gemächlich. Für die Berlinale ist der Film ein Glücksfall: Deutscher Regisseur, Internationale Produktion, und – zumindest nominell – ein brandaktuelles Thema. Dass es mit dem Thema korrupte Grossbank und Waffenhandel und internationale Verstrickungen nicht gar so weit her ist, wie man das erwartet hätte, macht auch nichts. Das Schönste an dem Film ist sein Verzicht auf das längst übliche Hightech- und Schnitt- und Actionfeuerwerk. Da wird ganz langsam ein Plot hoch gekocht, mit einzelnen Morden, vielen internationalen Schauplätzen und netten kleinen Low-Tech-Gags, wenn

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Kurzes Treffen mit Sandrine Bonnaire

Sandrine Bonnaire in "L'empreinte de l'ange" von Safy Nebbou

Letzte Woche war Sandrine Bonnaire kurz in der Schweiz. Zusammen mit Regisseur Safy Nebbou hat sie die Werbetrommel gerührt für den raffinierten Psychothriller L’empreinte de l’ange. Der Film läuft zwar erst am 12. Februar an, die Vorpremieren sind aber auf Interesse gestossen, und manche Kinobesucher waren ziemlich verblüfft, Frau Bonnaire in einer Nebenrolle zu sehen. Oder in einer Rolle, die wie eine Nebenrolle aussieht. Mehr will und darf ich dazu nicht sagen, Sie hat es auch nicht getan, das dafür aber ziemlich wortreich. Nachzuhören über den Knopf unten. Der Film lohnt auf jeden Fall den Besuch, und Bonnaire-Fans kommen auf ihre Kosten, auch wenn zunächst Catherine Frot das Geschehen auf der Leinwand bestimmt.

Hören:

Terminator Salvation: Robokonzepte bei Wired

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Dass die von James Cameron ins Leben gerufene Terminator-Franchise noch lange nicht ausgemolken ist, liegt auf der Hand. Kaum ein SciFi-Konzept hat bisher so clever Tech-Angst und Tech-Faszination auf den Punkt gebracht. Und wenn Google wie letztes Wochenende aus Versehen eine Stunde lang alle Hits als böse brandmarkt, sehen die Webbies entzückt einen Ableger von Skynet am Werk. Auf dem Wired-Blog findet sich nun eine faszinierende Sammlung neuer Entwürfe für die nächste Terminator-Ausgabe, Terminator Salvation, welche der Mann mit dem Alias McG in der Endmache hat. Starttermin USA: 22. Mai 2009 (Deutschland/Schweiz: 4. Juni)

Blogwatch: Gomorrha gelesen

mlsaviano

Die einst grosse Filmnation Italien ist empört, der in Cannes ausgezeichnete und fast weltweit kritisch gelobte Mafia-Film Gomorra von Matteo Garrone ist nicht, wie allgemein erwartet für den Fremdsprachenoscar nominiert. Derweil hat sich Ronnie Grob auf medienlese.com das Buch von Roberto Saviano vorgenommen und es im Hinblick auf seine journalistischen Methoden in einer kleinen Serie analysiert. Eine gründliche Lektüre, welche sich als Vor- oder Nachbereitung für den Film anbietet.

Ursula Meier: Ein „Home“-Spiel mit Volldampf

Ursula Meier ("Home") und Presseagentin Esther Bühlmann
Ursula Meier ("Home") und Presseagentin Esther Bühlmann

Diese Frau ist phänomenal! Dass Ursula Meier mit Home einen der interessantesten Schweizer Kinoerstlinge gelungen ist, wissen wir seit der etwas überhasteten Vorführung in einer séance spéciale der Kritikerwoche in Cannes im letzten Mai. Dass sie mit Olivier Gourmet und Isabelle Huppert und drei jungen Nachwuchstalenten auf einem verlassenen Airfield in Bulgarien ein Ensemblestück komponiert hat, das alleine schon durch seine konsequente Grundidee zum Instant-Klassiker geworden ist, wird auch kaum jemand bestreiten. In der Westschweiz ist der Film auch vom Publikum bestens aufgenommen worden, ob das in der Deutschschweiz klappt, wissen wir dann ab dem 19. Februar, wenn der Film ins reguläre Kinoprogramm kommt. Aber Ursula Meier war schon diese Woche in Zürich und hat unermüdlich Interviews gegeben.

Und mit unermüdlich ist das, was sie da leistet, nur sehr unzulänglich umschrieben. Schon die Terminfindung mit Presseagentin Esther Bühlmann war ein Erlebnis: Da fragte ich nach den üblichen dreissig Minuten, die wir für eine normale Reflexe-Sendung in der Regel brauchen. Und bekomme die Auskunft, Frau Meier möchte lieber eine ganze Stunde reden. In Paris hätten ihr die allzu kurzen Interviews zugesetzt. Na wunderbar! Normalerweise sind es die Journalisten, die um ein paar Minuten mehr kämpfen müssen. Und dann stellt sich am heutigen Termin auch noch heraus, dass Ursula Meier ein sogenannter „Selbstläufer“ ist, das sind Interviewpartner, die man mit einer einzigen Frage so in Gang bringen kann, dass man danach eigentlich nur noch die Aussteuerung der Aufnahme kontrollieren müsste. Dabei redet sie gelinde gesagt druckreif (französisch) und meist dermassen clever und spannend, dass ich in Versuchung kommen werde, eine Fortsetzungssendung aus dem Material zu machen. Und es ist auch nicht so, dass sie am Gesprächspartner vorbeiredet, im Gegenteil: Jede Zwischenfrage, jedes Nachhaken löst einen kompletten neuen Gedankengang aus. Dass sie, nach mehreren Interviewmarathons in mehreren Ländern, längst Baukastengedanken und Baukastensätze beieinander hat, wie sonst die viel älteren Medienprofis, das ist nicht zu überhören. Aber keiner ihrer Sätze wirkt reproduziert, und jeder Gedanke zeugt von einer ungeheuren Energie. Ihr Thema, so sagt sie selber, sei das jusqu‘ au bout, das Bis-ans-Ende-Gehen. Das macht sie mit ihren Figuren, aber auch bei ihrer Arbeit. Und eben beim Interview. Ich weiss nicht, wieviele von uns sie diese Woche in Zürich geschafft hat. Aber die Kolleginnen und Kollegen, mit denen ich reden konnte, sind sich alle einig: Müde wird Ursula Meier, wenn überhaupt, erst ganz lange nach den Journalisten. Ich werde auf jeden Fall wieder mit ihr reden wollen. Egal über was, eigentlich. Am liebsten aber auch gleich über ihren nächsten Film!

Die Reflexe-Sendung zu Home von Ursula Meier, mit Ursula Meier, ist vorgesehen auf den Starttag des Films, am 19. Februar auf DRS 2, um 11 Uhr und um 22 Uhr. Nicht verpassen, oder dann zumindest den Podcast hören!

SFT09: Preise und Polizei zum Abschluss

Die ganze Woche war der Landhaussaal am Abend randvoll, die Schlangen am Platzkartenhäuschen lang, und ausgerechnet bei der ersten Verleihung des neuen Prix Soleure blieb fast ein Drittel der Stühle leer. Dafür standen überall in der Stadt Polizisten in Kampfmontur und etliche Fahnder in Zivil kontrollierten razziamässig junge Leute. Ich war blöd genug, einen Mann mit prächtigen dunklen Locken nach dem Grund für den Polizeieinsatz zu fragen, und erst auf sein Schulterzucken hin „SFT09: Preise und Polizei zum Abschluss“ weiterlesen

SFT09: Räuberinnen – Das Heulen der Männchen

Ballerfrau?
Ballerfrau?

Ein Skandal soll er sein, der Trash-Film von Carla Lia Monti. Das hat Kollege Jungen von der AZ gemeint, und die einstige Zeitung mit den grossen Buchstaben hat auch gekräht. Die armen Männchen! Der Film Räuberinnen ist eine Trash-Komödie mit grossartigen Momenten, ein paar genregerecht unappetitlichen Szenen und leider auch ein paar massiven dramaturgischen Hängern. Vor allem aber ist das Trash von einer Frau, mit der entsprechenden Perspektive. Sexuelle Gewalt erstreckt sich hier rücksichtslos auf beide Geschlechter, und einige Kritiker-Kollegen haben danach wohl darum mit echten Blue Balls in der Hose in die Tasten ge- und sich dabei im Ton vergriffen. Räuberinnen ist „SFT09: Räuberinnen – Das Heulen der Männchen“ weiterlesen

SFT09: „Maman est chez le coiffeur“ von Léa Pool

Maman est chez le coiffeur (c) FilmcoopiNach diesem langen und von der radiophonen Ausbeute her eher frustrierenden Dienstag war dieser Film nun der nötige Aufsteller. Mit ihrem neunten Spielfilm hat die Kanada-Schweizerin Léa Pool es wieder geschafft, ihre grosse Stärke, die Un-Verschämtheit, zum Trumpf zu machen. Damit meine ich ihre Fähigkeit, Gefühle plakativ zu kontrastieren. Ihre erzählerische Technik ist nahe beim Melodram, aber „SFT09: „Maman est chez le coiffeur“ von Léa Pool“ weiterlesen

SFT09: „Du bruit dans la tête“ von Vincent Pluss

Du bruit dans la tête von Vincent Pluss (c) frenetic
Du bruit dans la tête von Vincent Pluss © frenetic

Der Eröffnungsfilm der diesjährigen Filmtage war gut gewählt, er repäsentiert durchaus den aktuellen Zustand des Schweizer Films. Es ist die Geschichte der etwas über dreissig Jahre alten Laura, welche nach ihrem Studium in Kanada kaum mehr richtig Fuss fassen kann in Genf. Sie kann nicht allein sein, ist aber sich selbst und anderen immer wieder unerträglich; sie nimmt einen streunenden Teenager auf, verliert noch in der Probezeit ihren Journalistenjob. Der Film von Vincent Pluss („On dirait le sud“) spielt mit einer „realen“ Ebene und einer, die eher den „Lärm im Kopf“ repräsentiert, die Dinge, welche Laura denkt, oder fühlt, oder tun möchte, während sie sie nicht tut. Das ist sehr schön und ganz einfach inszeniert. Es geling Pluss zwar nicht immer, die Spannungsbögen durchzuhalten, dafür ist der Film aber mit oft unerwartetem Humor durchsetzt, der Alltag zugleich grotesk überzeichnet und realistisch gefasst. Der Film lebt fast ausschliesslich von seinen Schauspielern und ist auf den ersten Blick ohne grossen Aufwand entstanden. Darin ist er typisch für das aktuelle Westschweizer Kino, das sich eindeutig zurück besinnt in die sechziger Jahre, an Tanner, Goretta und Co. und doch ganz in der heutigen Zeit verhaftet bleibt.

Mumblecore?

Hannah Takes the Stairs von Joe Swanberg
Hannah Takes the Stairs von Joe Swanberg

 

Seit einigen Tagen stosse ich andauernd auf diesen Begriff. Als «Mumblecore» (Kombination aus „to mumble“ = murmeln, nuscheln, und „hardcore“) bezeichnet die angelsächsische Film- und Hype-Gemeinde die aktuell grassierende Welle von Independent-Filmen in den USA, die sich mit den Menschen nach Generation X und Slacker befasst. Die neuen Twens, die sich – zumindest in den Filmen – durch ein eher unverbindliches, um nicht zu sagen unverständliches Sprechen auszeichnen. Mir gefällt der Begriff, denn er lehnt sich eher an kitchen sink realism an, bezeichnet damit eine Filmbewegung, eher als ihr Sujet. Die New York Times feiert zum Beispiel Joe Swanberg und seine Filme als Mumblecore und grosses Kino. Die Wikipedia behauptet im übrigen, der Begriff (und die Filme) existierten bereits seit dem Jahr 2000. Bin ich der einzige, dem er erst jetzt auffällt?