Eine Gruppe griechischer Männer mittleren Alters und offensichtlich höheren Einkommens vergnügt sich auf einer Luxusjacht. Mit Speerfischen und Tauchen und den üblichen Seitenblicken auf die Leistungsfähigkeit der anderen.
Der Standup-Comedian, den Gregg Turkington in diesem Film spielt, ist längst in der Hölle angekommen. In der ersten Einstellung schurft er in der Mojave-Wüste durch ein ausgeweidetes Flugzeug, später erzählt er vor einer Gruppe von Gefängnis-Insassen die abscheulichsten Un-Witze, die man sich vorstellen kann.
Der Mann hat sich eine Bühnen-Persona zugelegt, die einfach noch ein wenig hässlicher, leerer und seelenloser wirkt, als er sich offensichtlich selber fühlt. Entsprechend beschimpft er auch sein Publikum, so es denn überhaupt auf seine Peinlichkeiten reagiert. „Locarno 15: ENTERTAINMENT von Rick Alverson (Wettbewerb)“ weiterlesen
Ein Film, der einem eine ohnehin schon fremde Welt noch fremder werden lässt – der leistet in der Tat Ungewöhnliches. Dem israelischen Filmemacher Avishai Sivan ist noch mehr gelungen: Ein Film der zugleich fasziniert und abstösst.
Heim-Aaron ist der Sohn eines ultra-orthodoxen koscheren Metzgers und strenggläubiger Jeschiwa-Student. Er fastet sogar ausserhalb der Fastenzeit, was ihn allerdings dermassen schwächt, dass er unter der Dusche zusammenbricht. „Locarno 15: TIKKUN von Avishai Sivan (Wettbewerb)“ weiterlesen
Der Kanadier Philippe Falardeau hatte die Piazza Grande schon 2011 mit seinem Monsieur Lazharin der Tasche, beziehungsweise den Publikumspreis. Gut möglich, dass es ihm auch mit dieser fein gesponnenen Politfarce wieder gelingt.
Da beginnt ein optimistischer junger Mann aus Haiti eine Stage beim Parlamentsabgeordneten für Prescott-Makadewà-Rapides-aux-Outardes in Québec. Der eifrige Praktikant kennt sich mit Kanadas politischer Kultur und Geschichte besser aus, als sein neuer Boss, der ehemalige Hockey-Spieler Guibord. Und jeden Abend berichtet er via Skype nach Hause nach Haiti, wo sich bald ein Guibord-Fanclub bildet. „Locarno 15: GUIBORD S’EN VA-T-EN GUERRE von Philippe Falardeau (Piazza Grande)“ weiterlesen
Zehn junge Schweizer Filmemacherinnen und Filmemacher tun sich zusammen und entwickeln Szenen-Ideen zu einem Grundeinfall: Über der Schweiz braut sich etwas zusammen. Eine unheimliche Wolke verdunkelt den Himmel über dem Land. Es kommt zu Stromausfällen, die Wasserversorgung bricht zusammen, Läden werden geplündert, Panik treibt Tausende an die Grenzen. Denn an der Grenze stoppt die Wolke. Und an der Grenze werden auch die Flüchtlinge aus der Schweiz gestoppt; die EU lässt nur noch Menschen mit EU-Pass ins sichere Ausland.
Chantal Akerman ist eine jener wenigen europäischen Filmemacherinnen, die sich schon ab Ende der Sechziger Jahre einen bleibenden Namen geschaffen haben. Stilistisch, formal und inhaltlich hat sie sich stets radikal vom Bestehenden abgegrenzt.
Vor 25 Jahren war der stets hinreissende Jean Rochefort für Patrice Leconte Le mari de la coiffeuse. Heute ist er 85 Jahre alt und perfekt in der Rolle des Claude Lherminier, ehemaliger Patron einer Papierfabrik in Annecy, geschiedener Witwer, und der Schrecken all der Haushälterinnen, welche seine energische Tochter Carole immer wieder für ihn anstellt.
Claude ist charmant, oft mit einem strahlendem Lächeln im Gesicht, und er ist überzeugt, alleine ganz gut zurecht zu kommen. Er freut sich auf den Besuch seiner jüngeren Tochter aus Florida, ohne sich einzugestehen, dass diese vor Jahren bei einem Autounfall tödlich verunfallt ist. „Locarno 15: FLORIDE von Philippe Le Guay (Piazza Grande)“ weiterlesen
Mit seinen 81 Jahren darf auch der in Frankreich lebende Georgier Iosseliani sich selber kopieren. Sein jüngster Film ist auch und vor allem ein Echo seiner früheren Arbeiten; der knapp unter der Realismusgrenze angesiedelte Alters-Stil erinnert ein wenig an Jacques Tati und sehr stark an Iosseliani.
Im doppelten Prolog verliert zuerst ein Marquis seinen Kopf (samt der Pfeife im Mund) unter der Guillotine, danach schiessen, töten und plündern Soldaten in einem nicht genauer definierten Krieg. Irritierend ist dabei die absurde Mischung von extremem ausstatterischem Aufwand mit Panzern, Kanonen, brennenden Ruinen, explodierenden Granaten und theatralischem, fast schon pantomimischem Spiel der Schauspieler und Komparsen. „Locarno 15: CHANT D’HIVER von Otar Iosseliani (Wettbewerb)“ weiterlesen
Die Standup-Comedienne Amy Schumer ist (neben Donald Trump) der US-Star der Stunde. Und dies im Gegensatz zu ihm durchaus zu Recht. Ihre Amy in dieser Komödie ist das titelgebende «Zugsunglück», eine Frau mit Bindungsängsten, zu viel Sex, zu viel Alkohol und zuwenig Sicherheit im Bezug auf ihre eigene Liebenswürdigkeit. Bis sie für ihr Magazin einen attraktiven, seltsam liebenswerten Arzt interviewen muss.
Amy Schumer hat das Drehbuch zu Trainwreck geschrieben, Judd Apatow führt extrem gagsicher wie gewohnt Regie, und im Kino reissen die Lacher nicht mehr ab. Die Sprüche und die Situationskomik decken die ganze Bandbreite von platt bis (US-) schockierend ab. Ergänzt wird sie durch Kontrastkomik, Tilda Swinton als Chefredakteurin aus der irr-britisch akzentuierten Vorhölle und Daniel Radcliffe als Dogwalker im Film im Film – um nur ein paar Highlights zu streifen. „Locarno 15: TRAINWRECK von Judd Apatow (Piazza Grande)“ weiterlesen
Der Holländer Alex van Warmerdam spielt gerne und clever mit dem Genrekino und versetzt die phantastischen Elemente in den holländischen Alltag. In Borgmanvor zwei Jahren waren es die wörtlich aus dem Untergrund auftauchenden Usurpatoren von Villen und Privilegien.