TULIP FEVER von Justin Chadwick

Christoph Waltz und Alicia Vikander © Ascot-Elite

Eine hochdramatische Liebesgeschichte zwischen einem Maler und der schönen Frau eines reichen holländischen Kolonialwaren-Grosshändlers… und das ganze vor dem Hintergrund der ersten grossen Spekulations- und Börsenblase der Welt, dem sogenannten Tulpen-Fieber im Holland des 17. Jahrhunderts. Das klingt doch nach einem guten Kinoabend. Schön wär’s. „TULIP FEVER von Justin Chadwick“ weiterlesen

Die Unverpassbaren, Woche 33 – 2017

Bruno Ganz ‚In Zeiten des abnehmenden Lichts‘ © filmcoopi
Erst diese fünf Filme sehen, dann alle anderen:

  1. In Zeiten des abnehmenden Lichts von Matti Geschonneck. Bruno Ganz hinreissend als bärbeissiger alter DDR-Funktionär in dieser clever verdichteten Verfilmung des letzten grossen Vorwende-Romans.
  2. Lady Macbeth von William Oldroyd. Die 17jährige Katherine entwickelt sich im Verlauf ihrer arrangierten Ehe vom Opfer über die selbstbestimmte Frau zum eigentlichen Monster. Sparsame, eindrückliche Rückführung der russischen Novelle ins englische Umfeld.
  3. The Party von Sally Potter. Die britische Filmemacherin inszeniert in Schwarzweiss und schön giftig ihre eigene Generation in einem kompakten, unterhaltsamen Kammerspiel.
  4. Baby Driver von Edgar Wright. Ein Jukebox-Film, der die Autoverfolgungsjagden der 70er mit den Gangsterfilmen der 80er kombiniert, immer schön auf Musik geschnitten. La La Land mit Knarren und schnellen Autos. Hinreissend mitreissend.
  5. Dunkirk von Christopher Nolan. Kunstkino mit Blockbuster-Budget. Ein immersiver, raffinierter Trip in die grosse Hilflosigkeit am Strand von Dünkirchen. Schweisstreibend und beeindruckend, auch wenn noch schwer zu sagen ist, was davon bleiben könnte.

Der Filmpodcast macht noch eine Woche Sommerpause bis 25. August.

Locarno 17: Die Preise der 70. Ausgabe

Goldener Leopard: Wang Bing für seinen Dokumentarfilm ‚Mrs. Fang‘

Der Hauptpreis der Jubiläumsausgabe von 2017 geht an einen eben so erhellenden wie verstörenden trans-kulturellen Sterbe-Dokumentarfilm:

Pardo d’Oro: Mrs. Fang von Wang Bing

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Locarno 17: EN EL SÉPTIMO DÍA (On the Seventh Day) von Jim McKay (Wettbewerb)

José (Fernando Cardona) © C-Hundred Film Corp.
Illegale mexikanische Immigranten in New York und Fussball… das klingt nach einem Konzept, das auch von Ken Loach und seinem Drehbuchautor Paul Laverty stammen könnte.

Aber der Amerikaner Jim McKay hat da seinen eigenen Hintergrund. Und der Film, den er aus einer einzelnen Idee heraus geschaffen hat, funktioniert ganz gut. „Locarno 17: EN EL SÉPTIMO DÍA (On the Seventh Day) von Jim McKay (Wettbewerb)“ weiterlesen

Locarno 17: GLI ASTEROIDI (The Asteroids) von Germano Maccioni (Wettbewerb)

© Articolture

Die alte Faustregel gilt auch im 70. Jahr des Filmfestivals von Locarno: Finger weg von den italienischen Filmen im Wettbewerb. Würden sie was taugen, wären sie nicht hier, sondern Ende August am Filmfestival von Venedig zu sehen.

Es gab allerdings schon schlimmere Beispiele als Gli asteroidi. „Locarno 17: GLI ASTEROIDI (The Asteroids) von Germano Maccioni (Wettbewerb)“ weiterlesen

Locarno 17: QING TING ZHI YAN (Dragonfly Eyes) von Xu Bing

Seit Jahren habe er einen Film bauen wollen aus dem Material, das hunderttausende von Überwachungskameras in China permanent aufzeichnen, verkündet Xu Bing im Vorspann.

Aber erst seit drei Jahren sei das alles über eine zentrale Internetdatenbank abrufbar und frei zugänglich. „Locarno 17: QING TING ZHI YAN (Dragonfly Eyes) von Xu Bing“ weiterlesen

Locarno 17: LA TELENOVELA ERRANTE (The Wandering Soap Opera) von Raúl Ruiz (Wettbewerb)

Raúl Ruiz ist 2011 in Paris gestorben. Aber seiner Heimat Chile blieb er auch im Exil nach dem Militärputsch durch Pinochet in einer Hassliebe verbunden.

Dieser Film – wenn man tatsächlich von einem Film reden will – ist eine Rekonstruktion, die Montage von Material, das Ruiz 1990 gedreht hatte, aufbereitet und editiert von seiner Witwe Valeria Sarmiento. „Locarno 17: LA TELENOVELA ERRANTE (The Wandering Soap Opera) von Raúl Ruiz (Wettbewerb)“ weiterlesen

Locarno 17: DID YOU WONDER WHO FIRED THE GUN? von Travis Wilkerson (Wettbewerb)

Gregory Peck als Atticus Finch in ‚To Kill a Mockingbird‘ (1962)
Travis Wilkersons Urgrossvater S.E. Branch hat 1946 in seinem Laden in Alabama den Schwarzen Bill Spann erschossen, mit zwei Schüssen in den Bauch und zweien durch den Hals.

Branch war ein ausgewiesener Rassist, Spanns Tod wurde als «Homicide» (Mord) definiert, aber S.E. Branch wurde nie zur Rechenschaft gezogen. „Locarno 17: DID YOU WONDER WHO FIRED THE GUN? von Travis Wilkerson (Wettbewerb)“ weiterlesen

Locarno 17: MRS. FANG von Wang Bing

Das ist beileibe nicht der erste Dokumentarfilm, der einen Menschen beim Sterben begleitet. Aber Sterben in China, das unterscheidet sich offenbar doch wesentlich vom Sterben in der Schweiz.

Neun Jahre, nachdem bei der Bäuerin Fang Xuying eine Form von Alzheimer diagnostiziert worden ist, liegt sie nun mit geöffnetem Mund und meist geöffneten Augen auf dem Bett, permanente umgeben von einem grossen Teil ihrer Familie. Es sind die letzte zehn Tage ihres Lebens. „Locarno 17: MRS. FANG von Wang Bing“ weiterlesen

Locarno 17: 9 DOIGTS von F. J. Ossang (Wettbewerb)

© Capricci Films

Wenn der Mann zu Beginn dieses Films über die schwarzweissen Geleise flüchtet, durch den strömenden Regen und dann durch einen Untergrund-Tunnel mit Hintergrund-Licht, wartet man eigentlich bloss noch auf Anton Karras‘ Zithermusik und Orson Welles.

9 doigts gibt sich nie als Parodie zu erkennen. Aber die Diskrepanz zwischen den vielen pseudophilosophischen Sentenzen, welche die Figuren absondern, und den grossartigen, evokativen Neo- oder Pseudo-Noir Einstellungen ist offensichtlich. „Locarno 17: 9 DOIGTS von F. J. Ossang (Wettbewerb)“ weiterlesen