Cannes 17: L’AMANT DOUBLE von François Ozon

Jérémie Renier und Marina Vacth in ‚L’amant double‘ von François Ozon © filmcoopi

Zwillinge und ihre Persönlichkeitsdynamik haben schon manchen Thriller und manchen Horrorfilm belebt. Im Zentrum standen sie unter anderem in Sisters von Brian De Palma oder in David Cronenbergs Dead Ringers.

Bei Brian De Palma 1972 spielte Margot Kidder die Zwillingsschwestern mit ungleich verteilter Psychopathologie. Und bei Cronenberg war Jeremy Irons der Gynäkologe mit dem besessenen alter Ego. „Cannes 17: L’AMANT DOUBLE von François Ozon“ weiterlesen

Cannes 17:
GOOD TIME von Joshua und Ben Safdie

Robert Pattinson in ‚Good Time‘ von Josh und Benny Safdie © ad vitam

Als «Strassen-Opern» wurden die Filme der New Yorker Safdie-Brothers schon bezeichnet. In gewissem Sinne trifft das ihr jüngstes, sehr lautes und einigermassen sinnloses Produkt ganz gut.

Robert Pattinson spielt (wieder einmal sehr eindimensional) einen jungen Mann namens Connie Nikas, der zu Beginn des Films seinen offensichtlich geistig behinderten Bruder aus einer Therapie-Session holt und gleich zu einem amateurhaften Banküberfall mitnimmt. „Cannes 17:
GOOD TIME von Joshua und Ben Safdie“
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Cannes 17: KROTKAYA – A Gentle Creature – von Sergei Loznitsa

Vasilina Makovtseva ist ‚A Gentle Creature‘ – ‚Krotkaya‘ für Sergei Loznitsa © Slot Machine

Der in Deutschland lebende Ukrainer Sergei Loznitsa hat seinen jüngsten Film unter den Titel einer Dostojewski-Kurzgeschichte gestellt. Aber eigentlich ist Krotkaya das düstere Remake seines vergleichsweise komischen ersten Cannes Filmes Schastye moe von 2010.

Damals schickte er einen jungen Lastwagenchauffeur auf eine zunehmend düstere und gewaltgeprägte Odyssee, immer getragen von einem komischen absurden Ton. „Cannes 17: KROTKAYA – A Gentle Creature – von Sergei Loznitsa“ weiterlesen

Die Unverpassbaren, Woche 21 – 2017

‚Esthtebak – Clash‘ von Mohamen Diab © cineworx
Erst diese fünf Filme sehen, dann alle anderen:

  1. Esthtebak – The Clash von Mohamen Diab. Der Film über Ägypten, sechs Jahre nach der Revolution. Packendes Kammerspiel über das Trauma einer Nation, humanistisch, nicht nur gut gemeint, auch besonders gut gemacht.
  2. Une vie ailleurs von Olivier Peyon. Spannendes Kindsrückentführungs-Drama. Kein Film Noir, sondern eher ein Film Lumineux über wahre Mutterliebe, mit höchst dramatischen Sequenzen zwar, aber auch mit einem grundlegenden Glauben an das Gute im Menschen.
  3. Mister Universo von Tizza Covi und Rainer Frimmel. Eine bestechende Dokufiktion mitten aus der verschwindenden Welt italienischer Schausteller- und Zirkusfamilien.
  4. Get Out von Jordan Peele. Für Chris entwickelt sich das Wochenende auf dem Anwesen der reichen Eltern seiner weissen Freundin zunehmend beängstigend. Eine Gesellschaftssatire im Gewand eines Genre-Films, beissend und spöttisch.
  5. The Handmaiden von Park Chan-Wook. Ein englischer Roman, in historisch koreanisch-japanische Gefielde transponiert, kühl, distanziert, mit erotischer Täuschung und skrupellos überwältigender Bildkraft.

Im Filmpodcast morgen: Clash, Roger Moore, Filmfestival Cannes.

Cannes 17: THE BEGUILED von Sofia Coppola

Nicole Kidman in ‚The Beguiled‘ von Sofia Coppola © Universal

So richtig zur Sache geht es in dem Moment, in dem Nicole Kidman mit blutbeflecktem Rock und schmalen Lippen Kirsten Dunst auffordert: «Bring me the anatomy book!» Spätestens hier ist Sofia Coppolas Remake des Don Siegel/Clint Eastwood-Klassikers von 1971 wirklich «Southern Gothic» vom Feinsten.

Aber wirklich sehen lassen kann sich auch schon die langsam hochgekochte Geschichte davor. Mitten im amerikanischen Bürgerkrieg hüpft ein Schulmädchen mit Zöpfen und Körbchen durch den Wald. Sie sucht Pilze, findet aber einen Nordstaaten-Soldaten mit verwundetem Bein. „Cannes 17: THE BEGUILED von Sofia Coppola“ weiterlesen

Cannes 17: RODIN von Jacques Doillon

Vincent Lindon als Rodin © praesens
Am Ende der Pressevorführung in Cannes heute rief ein entnervter französischer Kollege etwas von «Schulkino» in den Saal und traf damit wohl den Nerv vieler Cannes-Pilger. Was hat dieser hochkonventionelle Künstlerfilm im Wettbewerb dieses Festivals verloren?

Jacques Doillon hat schon vieles gewagt in seiner Karriere, aber Rodin aus der Perspektive Rodins? Camille Claudel, die wir dank Isabelle Adjani seit 1988 schon ganz anders kennen, und die wir über Bruno Dumont und mit Juliette Binoche in Camille Claudel 1915 noch einmal anders kennen lernten, nun plötzlich als isolierte Psychotante? „Cannes 17: RODIN von Jacques Doillon“ weiterlesen

Cannes 17: HIKARI (Radiance) von Naomi Kawase

Ayame Misaki als Misako Ozaki © filmcoopi
Naomi Kawase zählt seit Jahren zu meinen Cannes-Favoriten, ihre poetischen, wind- und lichtdurchzogenen Filme haben eine überaus persönliche Wirkung.

Aber mit Hikari hat sie auf ihre enigmatische, zurückhaltende Erzählweise verzichtet und fährt schon in der ersten Sequenz lebens- und kinometaphorisch ein. „Cannes 17: HIKARI (Radiance) von Naomi Kawase“ weiterlesen

Cannes 17: THE KILLING OF A SACRED DEER von Yorgos Lanthimos

Colin Farrell in ‚The Killing of a Sacred Deer‘ © haut et court

Dass Lanthimos‘ The Lobster bei uns nie richtig ins Kino gekommen ist, bleibt eine Schande. Sein Dogtooth war 2009 eine der grossen Entdeckungen hier in Cannes, damals noch in UCR (Un certain regard). Aber dieses Jahr, so dachten viele, ist Lanthimos fällig für eine Palme.

Die Chancen stehen gut für The Killing of a Sacred Deer. Das ist seit langem der wuchtigste, erschütterndste und strengste Film, und klar der erste Gänsehaut-Kandidat im diesjährigen Wettbewerb. „Cannes 17: THE KILLING OF A SACRED DEER von Yorgos Lanthimos“ weiterlesen

Cannes 17: HAPPY END von Michael Haneke

Jean-Louis Trintignant © filmcoopi

Die erste Einstellung von Hanekes neuem Film ist eine Ansage. Das Bild ist hoch und schmal: Ein vertikales Mobiltelefon-Video.

Eine Frau seht am Ende eines dunklen Ganges im Badezimmer und putzt die Zähne. Über dem Bild Kommentare: «Gurgeln» – «Ausspucken» – «Haare» – «Licht aus» – «Bett». „Cannes 17: HAPPY END von Michael Haneke“ weiterlesen

Cannes 17: THE MEYEROWITZ STORIES von Noah Baumbach

Dustin Hoffman und Emma Thompson © Netflix
Adam Sandler und Ben Stiller sind die Halbbrüder Meyerowitz, Dustin Hoffman spielt ihren Vater, Emma Thompson dessen dritte Frau.

Nein, das ist keine Klamauk-Komödie. Adam Sandler habe ich noch nie so ernsthaft und gut gesehen, Emma Thompson selten so betrunken. Und Dustin Hoffmann? Nun, in Little Big Man war er schon älter. Aber eigentlich war er noch nie so alt und grantelig und rührend und hilflos und zugleich unausstehlich. „Cannes 17: THE MEYEROWITZ STORIES von Noah Baumbach“ weiterlesen