Mit Vexille von Fumihiko Sori aus Japan wird heute Abend das Filmfestival von Locarno eröffnet. Ob das nun Anime ist oder Manga oder Animationsfilm: „Vexille“ ist spektakulär. Der Film holt das Maximum aus der neuen High Definition-Digital-Projektion heraus, optisch ist das ein Fest. Inhaltlich ist die Sache zumindest faszinierend, wenn auch nur in der Story-Line originell und weniger in den einzelnen Sequenzen. Die Geschichte spielt in Japan im Jahr 2077, Japan hat vorzehn Jahren die UNO verlassen, um sich der geächteten Entwicklung von Androiden weiter widmen zu können. Nun weiss auf der Welt niemand, was in dem elektronisch abgeschirmten Land in diesen zehn Jahren passiert ist. Man vermutet allerdings, dass Japan zu einer Bedrohung für die Menschheit geworden ist, und darum schicken die Amerikaner ein Kampf-Team von SWORD, darunter die Heldin Vexille heimlich in die Zone. Was die (samt und sonders japanisch sprechenden) Amerikaner an High Tech und Überraschungen erwartet in Tokyo, ist tatsächlich spektakulär. Vom virtuellen Keyboard im Auto bis zu den irren Raketenwürmern aus Metall-Schrott wird optisch ein Dauerfeuerwerk geboten, das alles bisher gesehene in den Schatten stellt. Dass die Geschichte den aktuell in den Kinos laufenden „Transformer“-Schrott von Michael Bay vergessen macht, ist ein weiterer Pluspunkt. Im Pressekino waren die Bilder phantastisch, ich bin gespannt, wie das heute Abend auf der riesigen Piazza-Leinwand aussieht. In Japan startet der Film übrigens am 18. August, das ist also ein ziemlich exklusiver Eröffnungsfilm für Locarno.
Madame le maire: Die Bürgermeisterin
Das ist Carla Speziali, die filmstarwürdige Bürgermeisterin von Locarno. Die Verwalterin der Tessiner Festivalstadt hat gestern tapfer die Liste der bisher hier anwesenden Kino-Koriphäen vorgebetet. Einer Politikerin kann man es wohl verzeihen, wenn sie den einen oder anderen Regisseur nicht richtig aussprechen kann, Namen wie „Abbas Kiarostami“ oder „Alexander Sokurov“ sind ja auch elende Zungenbrecher. Dennoch muss es wieder einmal gesagt sein, einfach zur Sicherheit für die Daheimgebliebenen: Madame le Maire ist nicht die Frau des Festivaldirektors Frédéric Maire, auch wenn sie ihn liebevoll als „Friedrich“ begrüsst hat.
Alle Macher sind schon da…
Gestern Abend, 18 Uhr, Castello Visconteo, Locarno. Ein Empfang zur Einweihung der neuen digitalen Projektionskabine. Und wer diskutiert da schon die Zukunft des Festivals? Klar, Jean-Frédéric Jauslin, Chef Bundesamt für Kultur, Marco Solari, Präsident des Festivals und Frédéric Maire, der Festivaldirektor. Und worüber unterhalten sie sich wohl? Logisch: Solaris unkonventioneller Vorschlag, die Bundesfinanzierung des Festivals aus dem Bundesfestivalbudget herauszulösen, den die NZZ gestern veröffentlicht hat. Das wirdin den nächsten Tagen noch zu diskutieren geben. Zumal am Freitag das BAK bekannt gibt, welche Festivals überhaupt und wie hoch subventioniert werden sollen. Solaris Vorschlag, für Locarno einen Sonderzug einzurichten, ist nicht so absurd, wie das auf den ersten Blick aussieht: Es hat ihn schon, fast die Hälfte der Bundesfestivalgelder gingen schon bisher nach Locarno. Mit der „Lex Locarno“ müssten die anderen Festivals nicht mehr gemeinsam und heimlich gegen den grossen Bruder gifteln, sondern könnten sich endlich richtig auf den Konkurrenzkampf untereinander konzentrieren.
Filmfestival Locarno – Tag 00
„Noch keine 60 Jahre Erfahrung, aber jung, hoch motiviert und gefährlich“ – Hübsch, dieses Inserat im offiziellen Katalog zum 60. Jubiläum des Filmfestivals von Locarno. Morgen geht es los, ich bin schon mal hier für erste Vorbereitungen (und um ein paar Stunden Ruhe vor dem Sturm zu finden). Aber eine Frage, die ich mir noch gar nie gestellt hatte, hat Kollege Peter Burri heute beantwortet: Warum hat das Filmfestival von Locarno sich eigentlich den Leoparden zum Wappentier gewählt? Wohl nicht bloss, um den Löwen von Venedig Konkurrenz zu machen. Wer es wissen möchte, findet die Antwort hier, im Schwesterblog Hundert Sekunden Wissen.