Berlinale 13: SIDE EFFECTS von Steven Soderbergh

Jude Law, Catherine Zeta Jones
Jude Law, Catherine Zeta Jones

Steven Soderbergh hat angekündigt, er wolle aufhören Filme zu drehen und sich seiner Malerei widmen. Allerdings hat man den Eindruck, der Mann sei in den letzten Monaten dermassen produktiv gewesen, dass noch ein paar Filme aus der Pipeline kommen, bevor das Ende zündet.

Da wäre zum Beispiel noch der Liberace-Film Behind the Candelabra mit Michael Douglas und Matt Damon. Oder eben Side Effects, der heute an der Berlinale seine Premiere gefeiert hat. Da steckt unter anderem Michael Douglas‘ Frau Catherine Zeta-Jones drin, als Psychiaterin. ferner Jude Law als ebensolcher, die schillernde Rooney Mara als Depressionspatientin und Channing „Magic Mike“ Tatum als ihr Ehemann. Und es steht „Soderbergh“ drauf, bei Side Effects.

Nun weiss man, dass damit noch gar nichts gesagt ist. Der Mann hat schon alles geliefert, vom unterhaltsamen Polizeithriller Out of Sight über die Oceans-Filme bis zum tiefgekühlten Remake von Andrei Tarkovskis Solaris. Was also ist Side Effects? „Berlinale 13: SIDE EFFECTS von Steven Soderbergh“ weiterlesen

Berlinale 13: LAYLA FOURIE von Pia Marais

Rayna Campbell, Rapule Hendricks © Pandora Film
Rayna Campbell, Rapule Hendricks © Pandora Film

Pia Marais ist in Südafrika aufgewachsen. Und in Südafrika spielt nun auch der dritte Spielfilm der Wahlberlinerin. Es ist ein gedämpfter Psychothriller mit einem etwas schwerfällig tragischen Plot, aber einer wunderbar flüssigen Inszenierung, getragen von perfekten Darstellern.

Layla Fourie (gespielt von der hinreissenden Rayna Campbell) ist eine alleinerziehende Mutter, die sich zielstrebig weitergebildet hat und so zu einem Job bei einer Spezialfirma für Lügendetektoren gekommen ist. Überraschend wird sie von ihrem neuen Boss in eine andere Stadt geschickt, wo sie einem Casino-Betreiber bei der Auswahl zuverlässiger Angestellter helfen soll. Auf der nächtlichen Autofahrt überfährt sie in einer Kurve einen Mann, der seinerseits einen Pavian gerammt hat. Dem Affen gibt sie mit einem Messer den Gnadentod, den Mann lädt sie ein und fährt zum nächsten Spital – allerdings stirbt er noch unterwegs und in Panik entsorgt Layla die Leiche auf einer Müllhalde. „Berlinale 13: LAYLA FOURIE von Pia Marais“ weiterlesen

Berlinale 13: BEFORE MIDNIGHT von Richard Linklater

Ethan Hawke Julie Delpy

Siebzehn Jahre nach Before Sunrise und neun Jahre nach Before Sunset führen Julie Delpy und Ethan Hawke als Céline und Jesse ihre Gespräche über Kunst, Liebe, Leben und Altern weiter. Die Filme, in deren Kern immer die Zeit als echtes Uhrwerk getickt hat, bilden jetzt eine Trilogie – und eine ziemlich einzigartige dazu.

Jesse und Céline sind Eltern, sie haben gemeinsame Zwillingsmädchen und Jesse sorgt sich um seinen Sohn aus seiner geschiedenen Ehe. Alle zusammen haben Ferien gemacht in Griechenland, und jetzt, in den letzten Tagen, erleben wir das Paar zuerst noch einmal als Feuerwerk von Esprit und Frotzeleien im Freundeskreis, und dann eine halbe Nacht lang als streitendes Liebespaar voller Ängste und Ressentiments.

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Berlinale 13: POZITIA COPILULUI – Child’s Pose – von Calin Peter Netzer

Luminita Gheorghiu
Luminita Gheorghiu

Vielleicht erstarrt die zweite Welle des rumänischen Filmwunders langsam in der Formelhaftigkeit. Vielleicht aber hat es auch damit zu tun, dass einem in diesem Film praktisch alle Figuren in ihrer absoluten Selbstbezogenheit zutiefst unsympathisch sind und es auch weitgehend bleiben. Dabei hat das Konzept etwas durchaus Bestechendes: Wir werden eingeführt in die Mechanismen jener rumänischen Menschengruppe, die man vor fünfzig Jahren als „das Establishment“ bezeichnet hätte.

Cornelia Kerenes ist Innendekorateurin und eine etablierte Architektin, die es in die inneren Kreise der rumänischen Gesellschaft gebracht hat. Ihre Schwester ist Ärztin, der Mann wohl Anwalt, und man hat beste Verbindungen in die Politik und das Getriebe der Staatsgewalt. Das ist alles sehr hilfreich, als ihr Sohn Barbu bei einem Überholmanöver mit übersetzter Geschwindigkeit einen Vierzehnjährigen tötet. Bis zu fünfzehn Jahre Gefängnis könnten ihm drohen, obwohl es sich ziemlich eindeutig um einen Unfall handelt. Jedenfalls wäre der Junge wohl auch tot, wenn Barbu sich an die Geschwindigkeitsgenzen gehalten hätte.

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Berlinale 13: VIC + FLO ONT VU UN OURS von Denis Côté

Pierrette Robitaille, Romane Bohringer
Pierrette Robitaille, Romane Bohringer

Denis Côté ist Filmkritiker, Dokumentarfilmer und unvorhersehbar. Er wurde zweimal in Locarno ausgezeichnet, hat letztes Jahr hier in Berlin mit dem verblüffenden Tier-Mensch-Dokumentarfilm Bestiaire Furore gemacht. Und jetzt ist sein neuer Spielfilm der bisher interessanteste Beitrag im aktuellen Wettbewerb. Bizarr, überraschend, bösartig und liebevoll.

Im Zentrum stehen zwei Frauen, beide aus dem Gefängnis entlassen, und mehr oder weniger auf dem Rückzug in einem abgelegenen Haus in Kanada. Pierrette Robitaille und Romane Bohringer sind hinreissend und herzerweichend. Ein Paar in Anziehung und Abstossung, mit stets wechselnder Abhängigkeit. Der Besitzer des Hauses ist ein Onkel von Vic, aber vollständig gelähmt und stumm im Rollstuhl. Eine imposante Erscheinung mit langen weissen Haaren und Bart, sitzt er wie Gott persönlich im Hintergrund und schaut zu. Bis er abtransportiert wird. „Berlinale 13: VIC + FLO ONT VU UN OURS von Denis Côté“ weiterlesen

Berlinale 13: LA RELIGIEUSE von Guillaume Nicloux

Pauline Etienne
Pauline Etienne

Der Roman stammt vom Ende des 18. Jahrhunderts, geschrieben hat ihn der Aufklärer und Kirchenskeptiker Denis Diderot. Wie man annehmen darf, aufgrund eigener Erfahrungen: Schliesslich hat ihn sein Vater vorübergehend in einem Kloster einsperren lassen, um eine nicht standesgemässe Liaison mit einer Frau zu unterbinden.

Und verfilmt wurde das auch schon, zum Beispiel 1966 von Jacques Rivette, mit Anna Karina in der Titelrolle und Liselotte Pulver in der Rolle einer der Äbtissinnen. In dieser aktuellen französischen Verfilmung von Guillaume Nicloux hat Isabelle Huppert die Rolle dieser Madame de Chelles inne, und sie spielt sie hart an der Grenze zur Karikatur, als schmerzlich getriebene Lesbe, die sich immer wieder neue Favoritinnen unter ihren Nonnen aussucht. „Berlinale 13: LA RELIGIEUSE von Guillaume Nicloux“ weiterlesen

Berlinale 13: GLORIA von Sebastián Lelio

Paulina García
Paulina García

Die bleibende Einstellung dieses chilenischen Filmes ist ein kurzes Bild gegen Ende hin: Eine nackte Frau und eine nackte Katze auf einem Bett. Beide sind nicht ins Auge springend schön. Und beide sind in ihrem Leben ein wenig verloren. Die Katze hat sich verlaufen, sie gehört in die Wohnung einen Stock höher. Und Gloria ist sich selber abhanden gekommen in ihrer kurzen Beziehung zu einem Mann, der nicht auf die Abhängigkeit seiner Ex-Frau und seiner Töchter verzichten kann.

Gloria ist einer dieser Filme, die eigentlich nur aus Exposition bestehen. Von der ersten Einstellung an zeigt er die Lebensumstände der Titelfigur. Sie ist seit zehn Jahren geschieden, geht auf die sechzig zu und verbringt ihre Freizeit mit Yoga, Enkel hüten und abendlichen Tanzveranstaltungen für Singles. Da lässt sie sich auch immer wieder kurz mit Männern ein, bis sie auf diesen Rodolfo trifft. „Berlinale 13: GLORIA von Sebastián Lelio“ weiterlesen

Berlinale 13: THE NECESSARY DEATH OF CHARLIE COUNTRYMAN von Fredrik Bond

Shia LaBeouf
Shia LaBeouf

Ein Mann trifft auf eine wilde schöne Frau in einer Stadt und sein Leben gerät in kürzester Zeit komplett aus den Fugen. Den Film gibt es in zahlreichen Varianten, von Martin Scorseses After Hours (1985) mit Griffin Dunne und Rosanna Arquette, über Jonathan Demmes Something Wild (1986) mit Melanie Griffith und Jeff Daniels oder John Landis‘ Into the Night (1985) mit Michelle Pfeiffer und Jeff Goldblum. Jetzt ist es eben der ewige Nachwuchsstar Shia LaBeouf, dem Rachel Evan Woods zum Ausbruch aus dem Kokon und zum Sprung in die Männlichkeit verhilft.

Charlie lebt in Chicago ziellos vor sich hin, bis seine Muter stirbt und ihm gleich danach als liebevolle Erscheinung das Versprechen abnimmt, nach Bukarest zu fliegen. Einfach so. Später stellt sich dann heraus, dass die tote Mutter Budapest gemeint hatte, aber da ist ihr Plan auch so schon aufgegangen. Der Junge hat im Flugzeug einen Mann getroffen, der neben ihm friedlich starb, nicht ohne erst von seiner Tochter in Bukarest erzählt zu haben. Diese Tochter, die raubt dem Jungen dann auch gleich auf den ersten Blick den Verstand. Dass sie zwischen zwei brutalen Gangstern steht, von denen Mads Mikkelsen den einen und Till Schweiger den anderen spielt, gehört zum Konzept.

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Berlinale 13: GOLD von Thomas Arslan

Nina Hoss in 'Gold' von Thomas Arslan © Patrick Orth Schramm
Nina Hoss in ‚Gold‘ von Thomas Arslan © Patrick Orth Schramm

Der deutsche Beitrag im diesjährigen Wetbbewerb lässt einen ein wenig ratlos zurück. Oder sattelwund, wie es eine britische Kollegin ausgedrückt hat. Nina Hoss ist Emily, eine Frau aus Bremen, die als Dienstmädchen in den USA des ausgehenden 19. Jahrhunderts ihr Glück nicht gefunden hat und sich nun im Sommer 1898 einer deutschen Goldgräbertruppe anschliesst, die sich auf dem Landweg nach Klondike durchschlagen möchte. Fünf Männer und zwei Frauen machen den kleinen Trek aus, am Ende bleibt, leider nicht unerwartet, nur Emily.

Arslan filmte wohl mit Blick auf grösstmöglichen Realismus. Der Dreh in Kanada dürfte sich bisweilen im Werner-Herzog-Bereich abgespielt haben, die gezeigten Strapazen und das Leiden der Pioniere in der Wildnis spiegeln mit Bestimmtheit einen Teil der Drehstrapazen. Und doch lässt einen das Gefühl nie ganz los, man sei in einen Film unseres Innerschweizer Wildfilmers Luke Gasser geraten. Oder in ein Projekt wie Country-Musiker Angie Burries The Wolfer. „Berlinale 13: GOLD von Thomas Arslan“ weiterlesen

Berlinale 13: DOLGAYA SCHASTLIVAYA ZHIZN – A Long and Happy Life – von Boris Khlebnikov

Dolgaya schastlivaya zhizn 5

Zynischer könnte ein Filmtitel gar nicht sein. Aber das weiss man erst, wenn dieses russische Drama sein einleuchtendes Ende gefunden hat. Die erste Einstellung erinnert an Tarkovski. Ein breiter Fluss, ein russisches Dorf aus verwitterten Holzhütten, eine kleine Kirche. Aber schon nach dem ersten Schnitt sind wir mitten in der heutigen Zeit. In einem Büro der Kreisverwaltung bedrängen zwei Beamte den jungen Sascha, den Verkaufsvertrag zu unterzeichnen für die ehemalige Kolchose, die er seit einiger Zeit führt. Es gibt lukrative Pläne für das Land, die Landarbeiter und der Pächter sollen mit einer Abfindung zur Räumung bewegt werden.

Sascha ist erschüttert, fügt sich aber und verspricht, zu unterschreiben. Das hat auch mit seiner heimlichen Liebschaft zur Sekretärin des Kreisbüros zu tun: Die möchte schon lange lieber mit ihm in die Stadt ziehen. „Berlinale 13: DOLGAYA SCHASTLIVAYA ZHIZN – A Long and Happy Life – von Boris Khlebnikov“ weiterlesen