Preise für Schweizerinnen in Annecy

'La nymphe et l'épicier' © Marina Rosset
'La nymphe et l'épicier' © Marina Rosset

von Rolf Bächler

Am 33. Internationalen Animationsfestival in Annecy, das am Samstag vor einer Woche zu Ende ging, wurde La nymphe et l’épicier („Die Nymphe und der Krämer“) der Schweizerin Marina Rosset im Rahmen des Wettbewerbs für Kurzfilmprojekte ausgezeichnet.

Marina Rosset, 1984 in Lausanne geboren, studierte Animation erst an der „ENSAV La Cambre“ in Brüssel und danach an der Hochschule Luzern – Design & Kunst, wo sie vor 2 Jahren ihr Diplom machte. Schon ihre drei Filme aus der Studienzeit fanden mit dutzenden von Festivalteilnahmen rund um die Welt grosse Beachtung und wurden mehrfach ausgezeichnet. La nymphe et l’épicier ist ihr erstes Projekt als freie Animationsschaffende nach dem Studienabschluss. „Preise für Schweizerinnen in Annecy“ weiterlesen

Scorsese zeigt restaurierte Filme gratis online

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Auf der Streaming-Video-Website The Auteurs präsentiert Martin Scorseses World Cinema Foundation ab sofort restaurierte Meisterwerke und Filme aus aller Welt – gratis und franko. The Auteurs ist schon eine Weile online und hat ein interessantes Filmangebot mit Preisen von ca. € 5 pro Film. Aber mit diesem Angebot und mit den angekündigten Online-Filmfestivals der New Yorker Criterion-Collection, die über den gleichen Vertriebskanal ihr online-Angebot ebenfalls ausbauen wollen, wird es für uns Cinephile immer verlockender, Hikikomori zu werden (wer das Wort noch nicht kennt, wird in meinem Blogeintrag zu Tokyo! fündig). Die neue online cinémathèque geht zurück auf eine Idee ihres kalifornischen Gründers Efe Cakarel, der CNN gegenüber betont hat, dass viele der online angebotenen Filme an Orten wie Warschau, Istanbul, Seoul oder Buenos Aires nicht einmal auf DVD erhältlich seien.

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Wall Street 2 mit Javier Bardem

wall street poster 2 montage

Es hat ihn ja jucken müssen, den eifrigen Oliver Stone: Da crashen die Finanzzentren und plötzlich sind die Masters of the Universe wieder die Prügelknaben der Nation. Gordon Gekkos Motto „Greed is good. Greed works“ ist längst ein geflügeltes Wort geworden, und trotzdem ist Stones Klassiker Wall Street von 1987 noch immer der einzige Spielfilm, den die meisten Leute spontan im Zusammenhang mit Finanzjongleuren nennen können. Dabei gab es durchaus noch andere, etwa Brian De Palmas sträflich unterschätzen The Bonfire of the Vanities nach Tom Wolfe (die Verwandtschaft haben auch die beiden Originalposter seinerzeit unterstrichen):

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Cannes 09: Palmarès 2009

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Die Palmen sind vergeben, und die grosse Überraschung ist ausgeblieben. Mit der goldenen Palme für Michael Hanekes Das weisse Band können wohl alle Kommentatoren gut leben, der Film war einer der Favoriten. Dass Jacques Audiard für Un prophète den grossen Preis der Jury bekommen hat, zeigt nicht zuletzt den Sinn für Diplomatie der Jury. Nachdem die goldene Palme schon im letzten Jahr an das Gastgeberland ging, musste Audiard seine Hoffnungen allem Kritikerlob zum Trotz ein wenig dämpfen. Dabei passen die beiden Preise hervorragend zusammen: In beiden Filmen geht es im Wesentlichen um eine (unabsichtliche) Erziehung zur Unmenschlichkeit. Bei Haneke mit den übersteigerten Idealen jener Elterngeneration, welche die späteren Nationalsozialisten aufzog, bei Audiard um die Erziehung eines jungen Arabers zum eiskalten Mafiaboss in einem französischen Gefängnis der Gegenwart.

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Cannes 09: Visage

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Laetitia Casta in Tsai Ming-Liangs 'Visage'

Wenn man von den Poeten des Kinos redet, dann gehört Tsai Ming-Liang aus Taiwan, bzw. Malaysia dazu – allerdings zu den Pop-Art-Poeten. Wer an seinen Berlinale-Beitrag The Wayward Cloud (Tian bian yi duo yun) von 2005 erinnert, redet unwillkürlich vom „Melonenfilm“, die wilde Kombination von Sex und Wassermelonen ist schlicht nicht aus dem Gedächnis zu löschen. Aber auch sonst sind dem unglaublich produktiven Regisseur einige der stärksten Bilder des letzten Jahrzehnts gelungen. Wären seine Filme nicht dermassen poetisch verrätselt und l_a_n_g_s_a_m, wäre er wohl längst ein Popstar. Was also war zu erwarten, wenn Tsai Ming-Liang eine Einladung des Louvres annimmt, im Auftrag des grössten Kunstmuseums der Welt absolut frei einen Film zu entwickeln? Auf keinen Fall das, was hier in Cannes zu sehen war – andererseits: Warum denn nicht?

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Cannes 09: The Imaginarium of Doctor Parnassus

Heath Ledger as Tony in Dr Parnassus
Heath Ledger als Tony in 'The Imaginarium of Doctor Parnassus'

Terry Gilliam ist der grosse Don Quijote des fantastischen Films, der Mann der niemals aufgibt. Nach dem Tod seines Hauptdarstellers Heath Ledger im Januar 2008 stand er mit seinem zu guten Teilen abgedrehten The Imaginarium of Doctor Parnassus wieder einmal vor dem Abgrund, wie so oft in seiner Karriere. Aber anders als bei seinem Don Quijote-Projekt (das schliesslich nur zu einem Dokumentarfilm über das spektakuläre Scheitern führte), kam diesmal Hilfe. Heath Ledgers Freunde Johnny Depp, Colin Farrell und Jude Law sind eingesprungen. Das war möglich, weil der Film ohnehin Transformationen vorsah. Das Imaginarium des Doktors Paranassus ist nämlich ein Spiegel auf der Wanderbühne einer ziemlich heruntergekommenen Truppe. Wer durch den Spiegel geht, findet sich in der Welt seiner Träume wieder. Oder aber in der Welt seiner Alpträume.

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Cannes 09: The Time that Remains

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Der israelische Palästinenser Elia Suleiman ist noch in bester Erinnerung für seinen Cannes-Beitrag von 2002: Divine Intervention. Der urkomische, lakonisch-poetische Stil, mit dem er damals die Absurditäten im täglichen Leben im nahen Osten ins Auge fasste, hat den Film zu einer dauerhaften Erinnerung gemacht. Und Suleimans neuer, der heute hier in Cannes im Wettbewerb gezeigt wurde, führt den eigenwilligen Stil weiter in die Vergangenheit. Suleiman erzählt aus der eigenen Familiengeschichte und seiner Kindheit und Jugend in Nazareth. Zunächst aber von 1948, dem Gründungsjahr Israels, der Eroberung oder Befreiung Nazareths, je nach Perspektive, und von seinem Vater, einem Widerstandskämpfer.

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Cannes 09: Das weisse Band

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Michael Haneke, der Österreicher, ist längst auch ein Franzose hier in Cannes. Spätestens seit seinen französischen Filmen wie Code inconnue oder Caché mit Juliette Binoche, ist er hier in Cannes jeweils auch angetreten à defendre la France, wie die Franzosen das gerne sehen. Mit Das Weisse Band ist er allerdings zurück in der unheimlichen Heimat. Nicht gerade Österreich, mehr das protestantische Norddeutschland, dazu kurz vor dem ersten Weltkrieg, in einem Dorf, das eine Welt ist. Aber was sich da abspielt, unter der dünnen Oberfläche des Alltags, das ist so mörderisch und niederträchtig, dass man sich trotzdem im österreichischen Kino wähnt.

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Cannes 09: Drag Me to Hell

Drag Me to Hell Sam Raimi

Die bösen Toten, die Evil Dead, sind Sam Raimis Hauptdomäne, auch wenn ich persönlich seine Ausflüge ins Comic-Genre interessanter finde, angefangen bei Darkman bis hin zu seiner Spiderman-Serie. Mit Drag Me to Hell, der hier in Cannes ausser Konkurrenz gezeigt wurde, zerreisst Raimi nun allerdings keine Stricke. Das ist eine kompetent und effizient gemachte Variation bekannter Vorbilder. Die von Alison Lohman gespielte junge und ehrgeizige Bankfrau verweigert einer alten Zigeunerfrau die Schuldenverlängerung, worauf sie von dieser sehr unappetitlich verflucht wird. Eine Lamia hat sie ihr auf den Hals gehetzt, einen Höllengeist, der sie drei Tage plagen und dann in die Hölle zerren wird.

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Cannes 09: Inglourious Basterds

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Das Kino war randvoll, aber der Irrsinn hielt sich in Grenzen heute morgen. Zumindest bis der Film anfing. Inglourious Basterds zelebriert Quentin Tarantinos Liebe zum Trash- und Actionkino der siebziger Jahre weiter, gleichzeitig ist der Film aber für Cannes und sein Festivalpublikum gemacht: Er ist randvoll mit cinéphilen Aperçus, er spielt zu grossen Teilen in einem Kino in Paris, eine der Heldinnen erklärt einem deutschen Besatzungssoldaten, sie sei Französin und in Frankreich liebe und respektiere man die Auteurs, und schliesslich ist einer der britischen ‚Basterds‘ ein Filmkritiker und Filmhistoriker. Wer aber sind die ‚Basterds‘?

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