Antoine Monot jr. steigt beim Zurich Film Festival aus

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Weniger als einen Monat vor seiner nächsten Ausgabe gibt einer der Mitgründer des Zürich Film Festivals seinen Ausstieg bekannt. Mit einer Begründung: Unterschiedliche künstlerische Auffassungen hätten den Ausschlag gegeben für die Beendigung der Zusammenarbeit von Antoine Monot, Jr. und dem Zurich Film Festival. Da gibt es dann immerhin für einmal was zu fragen für die Journalisten an der Programm-PK am 10. September in Zürich.

Locarno 09: Die Preise

Goldener Leopard für Xiaolu Guo für 'She A Chinese' © Fotofestival Pedrazzini
Goldener Leopard für Xiaolu Guo für 'She A Chinese' © Fotofestival Pedrazzini

Mit She, A Chinese von Xiaolu Guo hat die internationale Jury den Goldenen Leoparden an einen Film vergeben, der erst gegen Ende des Wettbewerbs gezeigt worden ist. Die chinesischstämmige Xiaolu Guo lebt in London, ihr Film spielt in China und in England. Und er ist in der Tat beeindruckend auf ganz verschiedenen Ebenen. Zunächst erzählt er von einer Chinesin, die eher perspektivenlos auf dem Land aufwächst, nach einer Vergewaltigung in die Stadt flüchtet, sich dort ausgerechnet mit einem Auftragsschläger zusammentut, und nach dessen gewaltsamem Tod aus einem Impuls heraus mit dem unter der Matratze gefundenen Geld nach London fliegt. Dort beginnt sie dann ein Immigrantenleben, das uns allenfalls aus der Aussenperspektive bekannt vorkommt, das uns der Film aber überaus packend und zurückhaltend zugleich aus einer neuen, nicht unbedingt subjektiven Sicht vermittelt.

Der Spezialpreis der Jury und der Preis für die beste Regie gingen an meinen persönlichen Favoriten Buben.Baraban des Russen Alexei Mizgirev.

Den Preis als Beste Darstellerin erhielt die Holländerin Lotte Verbeek für ihre Rolle gegenüber Stephen Rea in Nothing Personal von Urszula Antoniak. Und den Leoparden für den besten männlichen Darsteller schliesslich vergab die Jury an Antonis Kafetzopoulos, den Hauptdarsteller in der satirischen Komödie Akadimia Platonos.

Die übrigen Preise folgen detailliert nach dem Sprung.

Darsteller-Leoparden für Lotte Verbeek und Antonis Kafetzopoulos © Fotofestival Daulte
Leoparden für Lotte Verbeek und Antonis Kafetzopoulos © Fotofestival Daulte

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Locarno 09: Die Männer, die Giulia verschwinden liessen – on air

Eric Facon Martin Suter Romana Costa CHristoph Schaub Brigitte Häring
Eric Facon, Martin Suter, Romana Costa, Christoph Schaub, Brigitte Häring

In unserer täglichen Locarno-Sendung von heute waren Martin Suter und Christoph Schaub zu Gast, Drehbuchautor und Regisseur von Giulias Verschwinden. Ebenfalls zu hören war Balz Bachmann, der Komponist der Filmmusik, und natürlich Oton aus dem Film, von der Piazza Grande und von den Schauspielerinnen. Mehr Bilder gibts nach dem Sprung und Töne hier:

Download MP3 mit Rechtsklick. Oder Nachhören hier:

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Locarno 09: ‚Unter Bauern‘ von Ludi Boeken

Veronica Ferres Martin Horn in: Unter Bauern

Die heute 95jährige Marga Spiegel ist eine Jüdin, die in Westfalen die Nazizeit überlebt hat. 1965 hat sie unter dem Titel „Retter in der Nacht“ ihre Überlebensgeschichte veröffentlicht, und das Buch wurde zunächst ziemlich kontrovers aufgenommen. Denn noch erschien die Suche nach den „guten Deutschen“, welche keine Nazis waren, oder gar aktiv den Verfolgten geholfen hatten, vielen pauschal als weiterer Versuch, die deutsche Vergangenheit zu verharmlosen. Nachdem aber Steven Spielberg mit Schindler’s List sozusagen „von aussen“ die Suche eröffnet hatte, wurde das Thema auch im deutschen Film salonfähig. Hitler als zerbrechlicher Mensch in Der Untergang war ein weiterer Schritt für das deutsche Kino, sich vom pauschalen Mea Culpa zu lösen. Und jetzt eben Unter Bauern. Denn das ist der Titel der Verfilmung von „Retter in der Nacht“, mit Veronica Ferres in der Rolle der Marga Spiegel. Heute Abend hatte der Film von Ludi Boeken am Filmfestival von Locarno seine Premiere.

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Nifff 09: Moon mit Sam Rockwell

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Es gibt schon ein paar Filme, in denen Schauspieler gegen sich selber antreten, am stärksten in Erinnerung geblieben ist da wohl David Cronenbergs Dead Ringers, mit Jeremy Irons als Zwillingsbrüderpaar. Aber in Moon von Duncan Jones steht Sam Rockwell sich selber gegenüber, beziehungsweise, seine Figur Sam Bell, ein einsamer Angestellter auf einer industriellen Mondbasis, trifft auf ein Klon seiner selbst. Und muss erst einmal herausfinden, ob er mit sich selber leben kann. Als Eröffnungsfilm für das NIFFF ist die erstaunliche kleine Indie-Produktion aus England perfekt. Mit einem Budget von 5 Millionen Dollar und in nur 33 Drehtagen und mit einem einzigen Darsteller (es gibt noch ein paar Nebendarsteller, die in schwarzweiss auf Bildschirmen auftauchen) hat Science-Fiction-Fan Duncan Jones eines dieser minimalistischen Wunder geschaffen, die aussehen wie eine ganze Welt, und nachklingen wie die besten Rätsel der Kindheit.

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Judi Dench soll nicht fluchen

Judi Dench als M

Wir kennen den Bacon-Factor, jene Zahl, welche die indirekte Begegnung mit Kevin Bacon über dessen Zusammenarbeit mit einem Schauspieler oder einer Schauspielerin ausdrückt. Dass es auch einen Judi-Dench-Factor gibt, habe ich allerdings erst heute erfahren. Und den Begriff hat eine Behörde geprägt, die von Berufs wegen sonst eher humorlos sein muss: Das British Board of Film Classification (BBFC). Die Organisation, welche für Grossbritannien unter anderem die Film- und DVD-Alters-Klassifizierungen und -Freigaben macht, ist auch eine Art Ombudsstelle. Leute, welche sich an bestimmten Filmszenen stören, können beim BBFC Klagen hinterlegen. Und unter diesen Klagen sind offenbar mit tödlicher Sicherheit immer dann ein paar zusätzliche, wenn die altgediente Shakespeare-Schauspielerin und Darstellerin von James Bonds Boss „M“, Dame Judi Dench, auf der Leinwand flucht.

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Roger Moore autobiografisch

moore autobio cover

Er habe sich lange gesträubt, seine Autobiografie zu schreiben, behauptet Roger Moore im Vorwort zu eben dieser. Und ein erster Versuch sei ihm samt Gepäck ohnehin einmal geklaut worden, bzw. der Computer, auf dem das drauf war. Aber nun liegt sie vor, auf Deutsch, und knapp 380 Seiten stark, so dass jedes Lebensjahr des 1927 geborenen Briten rund 4,6 Seiten abbekommt. Moore bleibt seinem sonnigen Image treu, breitet keinen Schmutz aus, hat fast nur Gutes zu erzählen über die Menschen in seinem Leben. Und er beschränkt sich grundsätzlich auf eine lange Anneinanderreihung von Anekdoten. Dass sich das, hat man sich erst mal durch die langweiligen Jugend- und Kindheitskapitel durchgeackert, trotzdem ganz vergnüglich liest, liegt vor allem an der Selbstironie des Mannes.

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David Carradine ist gestorben

David Carradine Kung Fu Kill Bill

Er war, neben Captain Kirk, einer der Helden meiner Jugend: David Carradine, der westwandernde Kung-Fu-Kämpfer Caine aus jener Fernsehserie, deren Wurfsterne wir aus Messingblech nachbauten. Später habe ich ihn dann in unzähligen B-Pictures gesehen, sein Gesicht wurde immer faltiger, er glich immer mehr seinem Vater. Mit 222 Filmtiteln als Schauspieler in der ImdB gehört er zu den Darstellern, die einfach jeder und jede mindestens einmal im Leben irgendwo gesehen hat. Und spätestens mit seiner Denkmalrolle als Bill in Quentin Tarantinos Kill Bill war er auch für die nächste Generation wieder ein Gesicht.

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Cannes 09: Palmarès 2009

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Die Palmen sind vergeben, und die grosse Überraschung ist ausgeblieben. Mit der goldenen Palme für Michael Hanekes Das weisse Band können wohl alle Kommentatoren gut leben, der Film war einer der Favoriten. Dass Jacques Audiard für Un prophète den grossen Preis der Jury bekommen hat, zeigt nicht zuletzt den Sinn für Diplomatie der Jury. Nachdem die goldene Palme schon im letzten Jahr an das Gastgeberland ging, musste Audiard seine Hoffnungen allem Kritikerlob zum Trotz ein wenig dämpfen. Dabei passen die beiden Preise hervorragend zusammen: In beiden Filmen geht es im Wesentlichen um eine (unabsichtliche) Erziehung zur Unmenschlichkeit. Bei Haneke mit den übersteigerten Idealen jener Elterngeneration, welche die späteren Nationalsozialisten aufzog, bei Audiard um die Erziehung eines jungen Arabers zum eiskalten Mafiaboss in einem französischen Gefängnis der Gegenwart.

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Cannes 09: Visage

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Laetitia Casta in Tsai Ming-Liangs 'Visage'

Wenn man von den Poeten des Kinos redet, dann gehört Tsai Ming-Liang aus Taiwan, bzw. Malaysia dazu – allerdings zu den Pop-Art-Poeten. Wer an seinen Berlinale-Beitrag The Wayward Cloud (Tian bian yi duo yun) von 2005 erinnert, redet unwillkürlich vom „Melonenfilm“, die wilde Kombination von Sex und Wassermelonen ist schlicht nicht aus dem Gedächnis zu löschen. Aber auch sonst sind dem unglaublich produktiven Regisseur einige der stärksten Bilder des letzten Jahrzehnts gelungen. Wären seine Filme nicht dermassen poetisch verrätselt und l_a_n_g_s_a_m, wäre er wohl längst ein Popstar. Was also war zu erwarten, wenn Tsai Ming-Liang eine Einladung des Louvres annimmt, im Auftrag des grössten Kunstmuseums der Welt absolut frei einen Film zu entwickeln? Auf keinen Fall das, was hier in Cannes zu sehen war – andererseits: Warum denn nicht?

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