Filmpodcast Nr. 65: Sweeney Todd, Love in the Time of Cholera, Pure Coolness, Katyn, Landkinos.

Herzlich Willkommen zum Kino im Kopf mit Michael Sennhauser. Das ist unser heutiges Angebot: Sweeney Todd, die Musical-Verfilmung von Tim Burton mit Johnny Depp. Love in the Time of Cholera, Mike Newells flachgemalte Bestsellerverfilmung nach Gabriel Garcia Marquez. Aus Kirgistan Pure Coolness von Ernest Abdyjaparov. Katyn von Andrzej Wajda, Polens Kandidat für den Fremdsprachen-Oscar. Dazu ein Beitrag zu den Problemen und Chancen der kleinen Landkinos in der Schweiz, und natürlich Kurztipps und Soundspiel, wie immer.

[audio http://pod.drs.ch/mp3/film/film_200802220800.mp3]

Synchronfilme auf dem Vormarsch: Das saugt aber verdammt, Mann!

Die Journalistin Florence Vuichard hat das Thema im "Sonntag / MLZ" am 10. Februar schon aufgebracht, eine Woche später hat sie zusammen mit AZ-Filmjournalist Christian Jungen nachgezogen ("Der Depp spricht Deutsch") Uns und die Kollegen bei outnow.ch packt das grosse Gruseln: Es ist statistisch nachgewiesen, die Zahlen hat das Sekretariat des Branchendachverbandes Procinema geliefert, persoenlich.com hat sie online publiziert:

Synchronisierte Filme verkaufen sich besser

Im vergangenen Jahr haben die Schweizer Kinos erstmals mehr Eintrittskarten für synchronisierte Filme verkauft als für Originalversionen. Das zeigen die neusten Zahlen des Branchenverbandes Procinema, wie "Sonntag" berichtet. Nur noch 47,73 Prozent der Besucher haben sich für die Originalversion entschieden, 52,27 Prozent haben synchronisierte Filme gesehen. Noch ein Jahr zuvor, im 2006, war das Verhältnis umgekehrt: Damals schauten nur 47,18 Prozent der Kinobesucher synchronisierte Filme, 52,82 Prozent Originalversionen.

 

Reflexe: Das verfilmte Musical, ein ewiger Widergänger

Normalerweise verzichte ich im Blog auf Sendungshinweise, weil solche Einträge ja sehr schnell verfallen. Aber die folgende Sendung habe ich als Musical-Fan mit so vielen tönenden Beispielen angereichert, dass wir sie nicht als Podcast zur Verfügung stellen können. Daher also ausnahmsweise ein einfacher Hinweis auf eine einfache Radiosendung (mit immerhin zwei Ausstrahlungszeiten)

Donnerstag, 21. Februar 2008, 11.00-11.30, DRS 2

Zweitausstrahlung: Donnerstag, 22.05 Uhr, DRS 2

Achtung: Wegen der vielen Musikbeispiele KEIN Podcast!

Tim Burtons «Sweeney Todd» nach Stephen Sondheims Broadway-Klassiker ist die jüngste Leinwandadaption eines Bühnenmusicals, nach «Hairspray» oder «Chicago». Das Kinomusical ist offensichtlich nicht totzukriegen, auch wenn die Zeiten von «The Sound of Music» und «My Fair Lady» längst vorbei sind. Michael Sennhauser hört und schaut sich um in der Musical-Leinwand-Geschichte und stellt dabei das aktuelle Grusical «Sweeney Todd» ausführlich vor.

Das Ende der HD DVD und der Triumph der Hochsicherheitsfilme

Bild geklaut von neuerdings.comSeit Tagen wurde im Web das Ende des Formatstreits zwischen HD DVD und Blue-Ray diskutiert. Jetzt hat Toshiba sich gegen sein eigenes Format entschieden, damit ist Blue-Ray der potentielle Sieger im Rennen um die DVD-Nachfolge, wie seinerzeit die VHS-Kassette (die auch nicht die konsumentenfreundlichste Lösung war). Verständlich zwar, dass sich Filmfreunde und Techies freuen, dass endlich klare Verhältnisse herrschen und sie wissen, was sie kaufen sollen. Zum Beispiel beim besten Schweizer Gadget-Blog neuerdings.com (wo ich auch das nette Bild geklaut habe). Was dabei allerdings die meisten vergessen: Blue-Ray ist von Sony. Sony ist ein Konglomerat, das nicht zuletzt "Content", sprichFilme, produziert. Und die grosse Unterstützung für Blue-Ray seitens der Filmindustrie geht vor allem auf das extreme DRM (Digital Rights Management) des Blue-Ray Systems zurück. Das heisst: Diese Filme sind auf Hochsicherheitscontainern gespeichert. Die laufen nicht nur bloss auf zertifizierten Playern, die brauchen auch entsprechend zertifizierte Monitore, Projektoren etc. Die Hardwareindustrie (u.a. Sony) und die Software-Industrie (u.a. Sony) hat sich die totale Kontrolle gesichert und verdient an allen Enden des Systems. Dass Blue-Ray Discs nicht so leicht zu kopieren sind, wie die herkömmlichen DVD, das darf man nicht öffentlich bedauern, auch wenn die meisten Cinemathèquen ihre Bestände nicht auf industriekonformen Wegen zusammentragen konnten. Aber dass mit dem DRM, das nun auf uns zukommt, zumindest theoretisch einmal gekaufte Filme auch nachträglich noch von den Rechteinhabern physisch gesperrt werden können (über ungültig erklären der Schlüssel, zwangsflashen der Player beim Abspielen neuer Filme etc.), das ist ungemütlich. Noch ungemütlicher aber ist der Umstand, dass kleine Filmemacher, Independents und Studentinnenfilme sich die Blue-Ray Plattform gar nicht werden leisten können. Die Industrie hat die totale Kontrolle über die Wertschöpfungskette bis zur Konsumentin. Wer Monitore bauen will, muss zahlen. Wer Player bauen will, muss zahlen. Wer mit seinen Filmen in meine gute Stube will … muss zahlen. Die Musikindustrie ist eben daran, sich aus dem DRM-Schlamassel hochzurappeln. Die Filmindustrie bastelt an ihrem eigenen Hochsicherheitsgefängnis.

Ist die Rote Zora eine Albanerin?

Der aktuelle Kinofilm nach Kurt Helds Jugendroman ist ja leider ein ziemliches Machwerk. Verhotzenplotzt und infantilisiert, ein Verrat am Buch. Aber der Film hat Interesse geweckt, wo lange keines mehr war: In Senj, in Kroatien, jenem Ort, in dem Kurt Held die Geschichte angesiedelt hat. Der dortige Bürgermeister, so berichtet die NZZ, sei sehr an der „Marke“ Rote Zora interessiert. Dabei ist das mutige Mädchen, weist der Artikel nach, gar keine Kroatin. Zora stammt aus Albanien…

Filmpodcast Nr. 64: There Will Be Blood, I’m Not There, Max und Co., Kim Novak 75, Berlinale 08.

Herzlich Willkommen zum DRS Filmpodcast. Am Mikrofon ist Michael Sennhauser, und das kann ich ihnen heute anbieten: There Will Be Blood von Paul Thomas Anderson, I’m Not There, der hochgelobte Bob-Dylan-Film ohne Bob Dylan, Max & Co. der Schweizer Animationsfilm der Frères Guillaume, ein kurzer Rückblick auf 75 Jahre Kim Novak, und schliesslich einen ausführlichen Rückblick auf die Berlinale 2008. Und natürlich Kurztipps und Soundspiel.

[audio http://pod.drs.ch/mp3/film/film_200802150800.mp3]

2,2% weniger Kinozuschauer in Europa 2007

Das ist auf den ersten Blick keine beeindruckende Zahl, diese 2,2% Zuschauerschwund welche die Europäische Audiovisuelle Informationsstelle festgestellt hat. Das sind immer noch 910 Millionen verkaufte Tickets 2007, bloss 21 Millionen weniger als 2006. Grundsätzlich ist der Zuschauerschwund aber spürbar, wie auch in der Schweiz. Deutschland hat 8.2% verloren, Frankreich 5.6% und Oststaaten wie Ungarn (minus 13.8%) oder die Slowakei (minus 19.9%) gar noch massiver. Wer nun aber die Konkurrenz von TV und DVD zitiert, liegt möglicherweise daneben. Denn gleichzeitig haben einige Territorien markant zugelegt. Italien hat 12,3% mehr Zuschauer verzeichnet, England 3,7% und Litauen hat gar einen Sprung von 34% erreicht. Eine der vorsichtigen Folgerungen des Berichtes besagt, dass die markanten Zunahmen jeweils von lokalen Produktionen herrühren. Und das können wir in der Schweiz mit den Zahlen von 2006 ebenfalls belegen – und allenfalls mit denen von 2007, wo die zugkräftigen Schweizer Filme eben fehlten. Ach ja und noch etwas darf nicht vergessen gehen: 2006 sind die Zahlen in der EU um 4% gestiegen, 2003 sind sie um 5% gesunken … alles in allem wirkt das noch immer wie normale Gezeiten. (via Variety)

Filmpodcast Nr. 63: Charlie Wilson’s War, Into the Wild, Eddie Vedder.

Tom Hanks, Julia Roberts in "Charlie Wilson's War" von Mike Nichols
Tom Hanks, Julia Roberts in ‚Charlie Wilson’s War‘ von Mike Nichols

Herzlich Willkommen zum Kino im Kopf. Am Mikrofon ist Michael Sennhauser, heute kurz und bündig, mit Charlie Wilson’s War von Mike Nichols und Into the Wild von Sean Penn, mit Soundtrackspiel und Kurztipps.

[audio http://pod.drs.ch/mp3/film/film_200802080800.mp3]

Woody Allens Titel-Font

Woody Allen ist bekannt dafür, dass er seit vielen Jahren mit den gleichen Leuten arbeitet (so lange sie seine tiefen Honorare akzeptieren), und dass er fast immer die gleichen Titel verwendet: Windsor, weiss auf schwarzem Grund. Der Grafiker Cristian-Kit Paul ist in seinem Blog ein wenig dieser Vorliebe auf den Grund gegangen. Unter anderem hat er Allens Filmmografie auf Titelkonsistenz überprüft und eine hübsche Screenshot-Serie zusammengestellt. (via BoingBoing

Susann Wach Ròzsa

Susann Wach Ròzsa (Foto Website Fotoscene AG)Gemäss Kleinreport von heute Freitag verlässt die langjährige Produzentin Susann Wach Ròzsa das  Schweizer Fernsehen.  Zwar sind  Ab- und Neuzugänge  bei SF so normal wie bei anderen Medienunternehmen. Interessant  sind hier allerdings die Verweise auf die  Begründung. Susann Wach war an der Produktion einiger der interessanteren Filme beteiligt, bei denen SF als Partner zeichnete, zum Beispiel Strähl von Manuel Flurin Hendry, und einer ganzen Reihe von "Tatort"-Krimis. Gegenüber dem Kleinreport begründet sie ihren Abgang unter anderem so:

Ihre Arbeit und ihr Filmverständnis seien beim heutigen Schweizer Fernsehen nicht mehr gefragt, fürchtet Susann Wach Ròzsa. Der ebenfalls scheidende Kulturchef Adrian Marthaler habe

in einem Papier Grundsätze für die Stoffentwicklung und die Produktion von Fernsehfilmen verfasst und darin festgehalten, der Fernsehfilm müsse die Bedürfnisse des Sonntagabend-Publikums noch stärker erfüllen, mindestens 22 Prozent Marktanteil erreichen und starkes Identifikationspotenzial bieten. Damit würden Problemfilme, «hektische Actionfilme, düstere Psychodramen, didaktische Sozialdramen und beklemmende Psychothriller» ausgegrenzt. Gefragt seien hingegen Feel-Good-Movies à la «Millionenschwer verliebt» oder «Die Herbstzeitlosen». Dazu die Produzentin: «Es kann doch nicht alles nur auf den Quotenanspruch ausgerichtet sein.» (ganzer Artikel hier)

Auch wenn man berücksichtigt, dass  bei solchen Abgängen selten alles auf den Tisch gelegt  wird,  scheint mir damit  doch  mein eigener Eindruck gestützt, dass die Fernsehfilmproduktion beim SF massiv unter Quotendruck steht, und dass das eine der Erklärungen für die eklatante Harmlosigkeit der meisten dieser Filmchen sein dürfte.