Erst diese fünf Filme sehen, dann alle anderen.
- Dora oder Die sexuellen Neurosen unserer Eltern von Stina Werenfels. Die Schweizer Regisseurin hat die Anlage von Lukas Bärfuss‘ Theaterstück um die sexuelle Selbstbestimmtheit einer geistig Behinderten aufgefächert und weiter entwickelt. Nach 45 Minuten ist Dora sexuell und juristisch frei und selbstbestimmt. Aus den «was wäre wenn»-Überlegungen der ersten Filmhälfte werden konkrete Probleme. Dabei fordert der Mut der Filmemacherin eben so Respekt wie die Leistung der Darstellerinnen.
- Citizenfour von Laura Poitras. Die ersten Begegnungen der Filmemacherin mit dem Whistleblower Edward Snowden im Hotel in Hongkong bilden die Basis dieses beängstigend nüchtern gehaltenen Dokumentarfilms. Auch wer vorher noch nicht paranoid war, verlässt das Kino danach mit einer latent chronischen Panik.
- Inherent Vice von Paul Thomas Anderson. Ein dauerbekiffter Privatdetektiv spürt im Los Angeles der 1970er-Jahre einer Verschwörung von Immobilienhändlern, Rauschgiftschmugglern und dem FBI nach. Der Film noir ist nicht so heiter wie The Big Lebowski, dafür entwickelt der Thriller einen hypnotischen Sog, der im besten Fall bewusstseinserweiternd wirkt.
- National Gallery von Frederick Wiseman Der Meister des Institutionenfilms kann es mit über 85 immer noch, und zwar drei kurzweilige Stunden lang: Er thematisiert das Sehen in all seinen Facetten, bringt die Bedingungen des Mediums Malerei, die Bedingungen zum Aufbau einer Sammlung und die Eigenheiten der Rezeption auf den Punkt und bannt einen damit drei Stunden lang in den Kinosessel.
- Birdman von Alejandro González Iñárritu. Ein in Vergessenheit geratener Superheldendarsteller aus Hollywood sucht eine neue Karriere am Broadway. Kino, das einen anspringt, eine Komödie über Kino und Theater, die auch ein Drama ist. Grossartig!
Und morgen im Filmpodcast: Unter der Haut, Samba, Omar Sy, Altman’s Dialogue.