Locarno 10: BAS-FONDS von Isild Le Besco

Bas fonds von Isild Le Besco

Dass es eine Schauspielerin vom Kaliber von Isild Le Besco fertig bringt, eine potentiell tragische, extreme Geschichte mit Nicht-Schauspielerinnen zu besetzen, ist ja schon paradox. Fast würde man da an Berufsneid denken, an ein unbewusstes Bedürfnis, sich als Schauspielerin nicht die Butter vom Brot nehmen zu lassen. Bas-Fonds ist eine jener erschreckenden Geschichten, die zu rekonstruieren versuchen, wie Menschen zu Unmenschen werden, wie sich gruppendynamische Prozesse in einer Abwärstspirale verhöllisieren. Drei junge Frauen brüllen sich in einer völlig verwahrlosten Wohnung an, zwei Schwestern und ein Mädchen, das sich offenbar vor längerer Zeit in die ältere der Schwestern verliebt hatte. Der Film setzt allerdings zu einem Zeitpunkt ein, als das schon alles Bas-Fonds erreicht hat.

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Locarno 10: Quentin Dupieux und John C. Reilly auf Sendung

Quentin Dupieux, Brigitte Häring ©Gutersohn
Quentin Dupieux, Brigitte Häring ©Gutersohn

In unserer heutigen Live-Sendung von der Piazza Grande in Locarno war John C. Reilly zu hören, der Alternativ-Star mit dem Kartoffelgesicht (aufgezeichnet am Samstag) und, echt live in voller Bärtigkeit, Quentin Dupieux, der geniale Schalk, der mit Rubber die Filmgeschichte und sein eigenes Publikum um die Ecke bringt. Die ganze Sendung lässt sich als MP3 downloaden oder hier direkt hören:

Mehr Bilder dazu gleich nach dem Sprung:

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Locarno 10: COLD WEATHER von Aaron Katz

Cold Weather

An Hal Hartley erinnert dieser Wettbewerbsfilm, in seinem beharrlichen, langsamen, aber absolut unwiderstehlichen Spannungsaufbau. Aber auch mit der Zeichnung der Figuren. Die vier jungen Menschen, um die herum sich eine Geschichte spielerisch zusammenzieht wie ein Gummitwistgummi, zeichnen sich durch wenig aus. Allenfalls noch Gail, die Schwester des Hängertyps Paul, durch ihre Schönheit. In Portland, Oregon lebt Paul vorübergehend mit seiner Schwester, arbeitet vorübergehend in einer Eisfabrik und freundet sich, nicht vorübergehend, an mit Carlos, einem Kollegen, den er mit Sherlock Holmes – den Original-Geschichten – anfixt.

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Locarno 10: LA PETITE CHAMBRE von Stéphanie Chuat & Véronique Reymond

Florence Loiret Caille, Michel Bouquet

Edmond ist alt, starrköpfig und alleine in seiner Wohnung. Seine Frau ist schon eine Weile gestorben, sein Sohn will eine Amerikanerin heiraten und für eine Weile in die USA ziehen. Seinen Vater sähe er lieber in einem Altersheim. Rose ist eine Spitex-Pflegerin. Sie hat ihr Kind im achten Monat verloren und mit dem Kind auch einen Teil ihrer Verankerung in der Welt. Im Gegensatz zu Edmond hat diese schweizerisch-luxemburgische Koproduktion ein starkes Herz und zwei Regisseurinnen. Und mit dem unverwüstlichen Michel Bouquet sowie Florence Loiret Caille zwei Darsteller, die auch eine mindere Konstellation mit Leben füllen würden.

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Locarno 10: RUBBER von Quentin Dupieux

Rubber

Dieser kleine Instant-Klassiker ist nicht nur der bisher beste Film des Festivals, Quentin Dupieux‘ irrwitzige Dada-Montage wird auch Generationen von Filmstudentinnen und -Studenten beschäftigen. Keine kleine Leistung für einen Film über einen psychopathischen Killerpneu. Aber fangen wir vorne an, und dazu gilt es, den folgenden Teaser anzusehen:

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Locarno 10: Follow the Money!

Filmstiftung ZH Empfang

Die Empfänge, Aperos und Einladungen jagen sich hier in Locarno. Aber seit es den traditionellen BAK-Empfang auf der Terasse des Grand Hotels nicht mehr gibt, ist der wichtigste Anlass für Netzwerker die Einladung der Zürcher Filmstiftung. Heute Abend traf man sich auf der Terrasse des Hotels Belvedere. Die Zürcher Filmstiftung hat in den fünf Jahren ihres Wirkens einen Stellenwert erreicht, der wegweisend ist. Als unabhängige Stiftung gibt sie nun auch die Richtung vor, in der sich die Branche, oder ein guter Teil davon die Zukunft der Bundesfilmföderung sieht. In seiner kurzen und bündigen Ansprache gab Stiftungspräsident Elmar Ledergeber übrigens heute seine bevorstehende Ablösung bekannt.

Locarno 10: Lubitsch lebt!

© Matthias Buercher
© Matthias Buercher

Die Lubitsch-Retrospektive am Filmfestival von Locarno erfreut sich grosser Beliebtheit. Aber die Schlange vor dem ExRex heute abend hat alles geschlagen: Die ganze Gasse bis zur Piazza Grande hinunter und der halbe Platz war voller Leute, die sich auf Ninotchka freuten. Garbo laughs!

Locarno 10: Visions du réel – back to the roots

Claude Ruey, Luciano Barisone, visions du réel, Nyon ©sennhauser
Claude Ruey, Luciano Barisone, visions du réel, Nyon ©sennhauser

Am Sonntag häufen sich hier in Locarno die Empfänge, heute gab es um die Mittagszeit herum mindestens drei. Einer davon war der der Visions du réel in Nyon. Präsident Claude Ruey stellte den Anwesenden den neuen Direktor Luciano Barisone vor, dieser seinerseits seine neuen Visionen für die visions:

Nyon PK Feet

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Locarno 10: Conférence des festivals

www.film-festivals.ch

Die Schweizer Filmfestivals haben im März einen Schulterschluss beschlossen, vor allem, um im Bedarfsfall koordiniert auftreten zu können. Am kommenden Dienstag haben sie hier in Locarno ihre zweite Mitgliederversammlung. Für das breite Publikum ist dabei jetzt aber auch etwas abgefallen: Die neue Website. Neben diversen Informationen, welche eher Insider interessieren, ist da ein aktueller Festivalkalender zu finden. Einschlägige Schlachtenbummler stehen also nie mehr meuchlings vor vollendeten Tatsachen. Das Schweizer Festivaljahr ist planbar geworden. Und das Ding ist präzise: Zur Zeit läuft Locarno, das nächste Festival ist Fantoche.

Locarno 10: WOMB von Benedek Fliegauf

Eva Green, Matt Smith in 'Womb'
Eva Green, Matt Smith in 'Womb'

Die erste Stunde dieses Filmes ist grossartig. In vielen perfekt komponierten Einstellungen stellt uns der Ungar Fliegauf die grosse frühe Liebe von Rebecca und Tommy vor. Sandkastenliebchen, oder eher: Sandstrandliebchen sind sie, bis Rebecca mit ihren Eltern nach Tokio ziehen muss. Was bleibt, ist Tommys stummes Versprechen, auf sie zu warten, so lange es nötig ist. Als junge Erwachsene (und Spezialistin für die Programmierung von Software für Rissdetektoren) kehrt Rebecca zurück, sucht und findet Tommy, bloss, um ihn gleich darauf in einem Unfall zu verlieren. Aber dieses Schicksal nimmt sie nicht hin. Sie lässt den Geliebten klonen und sich die befruchtete Eizelle zum Austragen einpflanzen. Nicht ganz neun Monate später bringt sie via Kaiserschnitt ihren Geliebten zur Welt, ein Kind, das sozusagen sein eigener Vater ist.

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