Online Festival für französische Filme

Online-Festivalfilm 'Le bal des actrices' von Maïwenn (2007) ©unifrance
Online-Festivalfilm 'Le bal des actrices' von Maïwenn (2007) ©unifrance

Unifrance, die gut finanzierte und starke Promotionsagentur für das französische Filmschaffen, ist mal wieder allen anderen Europäern einen Schritt voraus. Vom 14. bis 29. Januar präsentieren sie online für die ganze Welt zugänglich My French Film Festival, ein Festival mit zehn langen und zehn kurzen Filmen viel versprechender französischer Talente. Keine Frankreich-Premieren, sondern bewährtes, attraktives Kino aus Frankreich (und der Schweiz notabene, denn mit dabei ist auch Complices von Frédéric Mermoud). Zugänglich wird das Festival mit all seinen Informationen und den Filmtrailern in zehn verschiedenen Sprachen sein, die Filme selber werden als „Video on demand“ (VOD) angeboten, zu halbwegs konkurrenzfähigen Preisen. Ein Film wird ausserhalb Frankreichs 1.99 € kosten, ein kompletter Festivalpass für das ganze Programm 13.99 €. Interessanterweise wird innerhalb Frankreichs für alles etwa der dreifache Preis fällig (man will offensichtlich die Verleiher im Land nicht unterbieten) – dafür ist das Angebot für Russland und Lateinamerika komplett gratis.

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Neue Freunde für die Basler Kultkinos

Massimo Rocchi kult amici
künftige kult.amici, darunter Massimo Rocchi, im Basler Theaterfoyer ©sennhauser

Die vier Musketiere als Emblem für die Freunde des vielfältigen Kinos: Das hat Charme. Und diesem Charme sind gestern Abend in Basel etliche Hundertschaften anspruchsvoller Kinogängerinnen erlegen, die dem Ruf der frisch formierten kult.amici gefolgt sind. Der Abend in den atelier kult.kinos und anschliessend im darüber liegenden Foyer des Basler Stadttheaters war die Initialzündung.

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Weiterhin keine nationale Altersfreigabe

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Fotomontage © sennhauser

Die Altersfreigaben für einzelne Kinofilme in der Schweiz werden von Kanton zu Kanton unterschiedlich geregelt. Zürich und Basel haben zum Beispiel je eine eigene Kommission dafür. Die Filmverleiher müssen ihre Filme anmelden und (gegen Gebühr) eine Freigabe beantragen. Bern überlässt die Altersfreigabe seit einiger Zeit den Kinobetreibern, die dafür allerdings auch das Risiko tragen. Sollten Eltern nämlich klagen, weil ihre Kinder von einem Film traumatisiert worden sind, stünden die Kinobetreiber wohl in der Verantwortung. Viele Kantone übernehmen schlicht und einfach die Altersfreigabeempfehlungen aus Zürich. Seit geraumer Zeit aber laufen Anstrengungen, die Freigabe (ähnlich dem deutschen Modell der FSK) zu zentralisieren. Das würde die Kantone entlasten, aber auch die Verleiher und die Kinobetreiber, die sogar bereit wären, die Kosten eines zentralen Büros zu tragen, wenn sie dafür nicht mehr in jedem Kanton separat zur Kasse gebeten würden. Wie nun gestern der «Sonntag» meldete, ist diese Vereinheitlichung aber vorerst gescheitert.

Die Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD) wollte aufräumen mit dem kantonalen Wirrwarr und hat ein Konzept für eine nationale Filmkommission erarbeitet. Jetzt liegt das Resultat der Vernehmlassung vor: «22 Kantone haben dem Projekt zugestimmt», sagt KKJPD-Generalsekretär Roger Schneeberger. Einige Kantone verlangten leichte Korrekturen. Vier hingegen wollen nichts wissen von einer solchen Kommission – nämlich Genf, Waadt, Neuenburg und Graubünden.
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Strukturwandel im Kinogewerbe

arthousepathekultkino

Während im Konsumgütersektor die Kauflust mit der globalen Finanzkrise abgenommen hat, verzeichnen Kinobetriebe, vor allem in den USA, steigende Zuschauerzahlen. Das bedeutet allerdings keineswegs, dass das Kinogewerbe krisenresistent wäre, im Gegenteil: Die Kinokrise ist seit vielen Jahren Dauerzustand. Michael Sennhauser unterhält sich mit Schweizer Kinobetreibern über steigende Zuschauerzahlen, sinkende Werbeschaltungen, die Verflachung des Filmangebots, die Digitalisierung, ihre Möglichkeiten und Gefahren. Gesprächspartner sind: Beat Käslin, Arthouse Kinos Zürich, Romy Gysin, Kultkino Basel, Brian Jones, General Manager Pathé Schweiz, sowie Laurent Steiert, BAK.

Saugen: Reflexe Strukturwandel Kino (Rechtsklick für Download)
Hören: [audio: http://pod.drs.ch/mp3/reflexe/reflexe_200904221335_10077699.mp3]

Katzenkinderlaternenfilm

katzenfilmlaterne

Die Zauberlaterne, der Schweizer Kinderfilmklub, der als lanterne magique von Neuenburg aus die Welt (oder doch schon Europa) erobert hat, ist laufend bemüht, Kindern und Jugendlichen das Kino und seine Geschichte näher zu bringen. Der jüngste Vorstoss ist eine interaktive Website, ein Portal, auf dem unter anderem in einer animierten mehrteiligen Geschichte erzählt wird, wie die kleine Katze einen Film macht. Die von der Zauberlaterne mit der europäischen Unterstützung von E-Learning entwickelte Internetseite Die Katze, die einen Film machen wollte richtet sich an Kinder ab 5 Jahren. Sie wird in fünf Sprachen angeboten (Deutsch, Französisch, Italienisch, Englisch und Spanisch) und erzählt in Form eines interaktiven Animationsfilms Folge für Folge die Geschichte einer kleinen Katze, die einen Kinofilm drehen will.

Stadtkino Basel: Kontrolliertes Filmwissen für Studierende

Eben hat uns eine bittersüsse Medienmitteilung erreicht: Gute Idee mit kleinen Borsten, würde ich sagen (Erklärung am Ende):

Das Stadtkino Basel und das Institut für Medienwissenschaften der Universität Basel gehen im Bereich der Vermittlung von Filmgeschichte neue Wege. Studierende im Bachelor-Studiengang können ab dem Frühjahrssemester 2009 das Modul «Filmwissen» belegen. Ziel des Angebots sind die Erweiterung des Filmwissens und der Erwerb von Kenntnissen der Schlüsselwerke der Filmgeschichte sowie der filmhistorisch relevanten Filmemacher und Genres. Mit regelmässigen Besuchen im Stadtkino Basel sollen die an der Universität vermittelten theoretischen Ansätze mit kinematographischen Inhalten bereichert werden. „Stadtkino Basel: Kontrolliertes Filmwissen für Studierende“ weiterlesen

Berlinale09: Vorspannkino im Berliner KW

Plakat Vorspannkino im KW Berlin

Nach der Pressevorführung des enttäuschenden Abschlussfilms von Costa-Gavras heute morgen liessen wir diese Berlinale am Nachmittag mit der neuen Ausstellung im Berliner KW Institute for Contemporary Art ausklingen. Die von Susanne Pfeffer kuratierte Ausstellung zeigt 54 Filmvorspänne aus diversen Epochen des Kinos in vier raffiniert einfachen Ausstellungskinos. Kino 1 funktioniert wie ein gewöhnlicher Kinosaal, man setzt sich in Holzkinostühle und schaut sich fasziniert 19 Vorspänne an, über die ganze Bandbreite der Gestaltung hinweg. Lotte Reinigers Scherenschnittfilm Die Abenteuer des Prinzen Achmed von 1926 folgt auf die alten Fotos im Titelvorspann von Arthur Penns Bonnie and Clyde von 1976. Jean Luc Godard zitiert mit den mündlich vorgetragenen „credits“ seines Le mépris von 1963 den Trick, den Orson Welles 1942 für den Vorspann von The Magnificent Ambersons verwendet hat. „Berlinale09: Vorspannkino im Berliner KW“ weiterlesen

Erste Besprechung von J.J. Abrams‘ Cloverfield

Todd McCarthy, Chefkritiker der amerikanischen Branchenzeitschrift Variety, hat eine erste Besprechung des seit Juli 2007 gehypten neuen Monsterfilms „Cloverfield“ von „Lost“-Erfinder J.J. Abrams veröffentlicht. Der Film sei, wie erwartet, eine Mischung von „The Blair Witch Project“ und „Godzilla“. Wie schon der Trailer klar machte, wird die ganze Geschichte über Camcorder-Aufnahmen der mehrheitlich jungen Protagonisten quasi-dokumentarisch erzählt, was offensichtlich viel zur Intensität beiträgt. Allerdings entpuppe sich der Angreifer dann eben doch als klassisches Monster, und das reduziere den Terror naturgemäss. Denn klassische Monster sind grundsätzlich zerstörbar. Faszinierendes Details für die Schweiz: So wie es aussieht, wird der Film vom Verleiher den Medien nicht wie sonst üblich vorgängig gezeigt. Normalerweise ist das Indiz dafür, dass sich der Verleih vor schlechten Kritiken fürchtet. In diesem Fall gehe ich davon aus, dass der Hype und die Spekulationen um den Film, wie sie von der Internetkampagne initiiert wurden, möglichst lange aufrecht erhalten werden soll.

Sonntags-Sermon von Klaus Maria Brandauer

Klaus Maria Brandauer, Klara Obermüller ©sennhauser
Klaus Maria Brandauer, Klara Obermüller ©sennhauser

Der Mann ist in Sachen PR auf jeden Fall sein Geld wert: Wenn Klaus Maria Brandauer redet, hört die Menge zu. So war es auch vor etwas mehr als einer Stunde im Basler Luxushotel „Les trois rois“ bei der Pressekonferenz zum Drehstart von „Das Verhör des Harry Wind“ nach dem Roman von Walter Matthias Diggelmann. Geladen hat die Basler Produktionsfirma Sunvision, und auf dem Podium sassen neben Hauptstar Brandauer auch Nebenstar Sebastian Koch, Regisseur Pascal Verdosci, Produzent und Drehbuch-Co-Autor Alex Martin und die unverwüstliche Klara Obermüller, Witwe und Nachlassverwalterin von Walter Matthias Diggelmann. Obermüller hat denn auch die substantiellsten Informationen zum Roman von 1962 und seiner Aktualität geliefert. Und erklärt, sie müsse sich immer noch hin und wieder kneifen, um zu glauben, dass das Buch nun tatsächlich verfilmt werde. Nach ihr gab Produzent Martin Sebastian Koch das Wort, weil der Schauspieler bereits in der Maske erwartet wurde.

Sebastian Koch an der PK ©sennhauser

Koch war gewohnt zurückhaltend, schliesslich gebe es vor dem Dreh für einen Schauspieler noch wenig zu sagen. Aber das hinderte natürlich den Hauptstar des Anlasses keinesfalls am ausgiebigen Reden. Klaus Maria Brandauer liess seine bühnentrainierte Stimme über die Köpfe hinweg dröhnen und lieferte eine fast 15minütige Sonntagspredigt. Er fing mit dem Geständnis an, dass sein Einfluss auf das Weltgeschehen leider begrenzt sei. Als Schauspieler sei er nur ein Interpret, aber, und das sei schliesslich auch der Kern des Romans von Diggelmann: Es gebe ja ohnehin keine Wahrheit, sondern nur Interpretationen davon. Und es gebe nichts Neues unter der Sonne. Alles, vom ersten Schrei eines Kleinkindes bis zu den Malereien von Picasso, so Brandauer, sei eine Reprise. Sogar er selbst sehe sich ausserstande, zu wiederholen, was er fünf Minuten früher gesagt habe. Er könne das nur interpretieren. Das alles hatte irgendwie mit dem Projekt und dem Drehbuch zu tun, war aber inhaltlich viel grösser, schwerer, weitreichender. Irgendwie. Aber ausschlaggebend war natürlich die Präsenz des Mannes. Der Star ist ein Star, weil er sich wie ein Star benimmt, der sich nicht wie ein Star benimmt. Das ist meine Interpretation der Wahrheit, natürlich. Oder etwas ähnliches. Unbestritten ist die magnetische Präsenz des Schauspielers Brandauer. Selbst wenn es sich leicht peinlich anfühlt, ihm zuzuhören, die Faszination ist da:

Ich kann mir gut vorstellen, dass die Kombination Koch-Brandauer mit dem Stoff von Diggelmanns Roman bestens korrespondiert. Brandauer als akribischer Verhörer, als Wahrheitssucher im Dienste der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Und Koch als nebelkerzenverfeuernder PR-Spezialist, als Spin-Doctor, der auch seine eigene Geschichte vorzu neu erfindet und dreht und wendet. Denn das ist offenbar auch der Angelpunkt des Drehbuches von Alex Martin und Marion Reichert: Die Schauplätze des Buches werden auf einen Hauptschauplatz reduziert, das Verhör und damit das Kammerdrama mit zwei Schauspielern wird in einem improvisierten Studio in einem Einkaufszentrum in Lörrach gedreht, mit einem Minimum an Aussenschauplätzen. Damit wird der Film effektiv ein Zweipersonenstück. Und das ist auf jeden Fall reizvoll, gerade mit diesem Duo aus Brandauer und Koch. Mehr dazu mit Oton morgen Montag in DRS2aktuell und natürlich am Freitag im Filmpodcast.

Celebrity-Placement II: John Malkovich verkauft sich und Computer

Da habe ich doch gestern noch behauptet, product placement im Kino sei überholt. Keine wirklich fundierte Aussage, muss ich zugeben. Und wie zur Strafe erreicht mich heute die Pressemeldung eines grossen Konzerns, der Filme, Unterhaltungselektronik, Computer und Musik produziert. Ab sofort werben die für ihre Notebook-Reihe mit einer eigenen Website mit Schauspieler John Malkovich. Irgendwie muss sich der Star ja sein Leben in Südfrankreich und die vielen Indie-Filmprojekte finanzieren. Das im Betty-Bossi-Stil gehaltene Webalbum ist nicht sehr gehaltvoll, aber die Stimme und der unverwechselbare Silberblick des Stars erzeugen doch eine gewisse Aura. Im übrigen bin ich überzeugt, dass auch Malkovich, wie fast alle seiner Gattung, in Wirklichkeit mit einem schicken Computer der kalifornischen Firma mit dem Obstlogo arbeitet.