Cannes 18: SHOPLIFTERS (Manbiki kazoku) Hirokazu Kore-Eda (Wettbewerb)

Die Shibatas mit der kleinen Juri © Gaga Int.

Es ist offensichtlich, dass hier ein eingespieltes Team am Werk ist, wenn in der ersten Szene des Films Vater Osamu mit Sohn Shota im Supermarkt auf Einklautour geht: Beobachten, signalisieren, ein kleines Fingerritual von Shota und hopp ist eine weitere Packung Nudeln im Rucksack verschwunden.

Auf dem Heimweg stossen sie auf einem tiefliegenden Balkon wieder auf das kleine Mädchen, das Osamu schon mehrfach in der Kälte hat frieren sehen. Er beschliesst, sie zum aufwärmen mitzunehmen und sie folgt dankbar. Auch wenn die winzige Wohnung mit fünf Menschen völlig überfüllt wirkt Nobuyo ihrem Mann erklärt, das sei den kein Obdachlosenheim hier… „Cannes 18: SHOPLIFTERS (Manbiki kazoku) Hirokazu Kore-Eda (Wettbewerb)“ weiterlesen

Locarno 16: BANGKOK NITES von Katsuya Tomita (Wettbewerb)

Bangkok Nites (6)

«Dieses Land ist das Paradies. Solange du draussen bleibst.» Das sagt einer der Männer in Thailand zum Japaner Ozawa (gespielt von Regisseur Tomita selbst). Ozawa war Soldat in der japanischen «Verteidigungsarmee» und hat nach seiner Dienstzeit nie richtig Fuss gefasst im Leben.

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Er ist, warum auch immer, einer der wenigen Freunde im Leben von Luck, die eigentlich Ling heisst und wie tausende anderer Frauen vom Land nach Bangkok gekommen ist, um als Prostituierte die Familie Zuhause zu versorgen.

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Locarno 16: KAZE NI NURETA ONNA (Wet Woman in the Wind) von Akihiko Shiota (Wettbewerb)

Wet woman (1)

Kosuke, ein Dramatiker, hat sich aus Tokio in eine Waldhütte zurückgezogen, um seine Kreativität wieder zu finden. Als er eines Nachmittags mit seinem Handkarren unterwegs ist, rast neben ihm eine attraktive junge Frau mit dem Fahrrad in den See, steigt aus dem Wasser und zieht ungerührt ihr nasses Oberteil aus.

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Kurz darauf macht sie ihm offen Avancen, erklärt, sie suche ein Quartier für die Nacht. Kosuke weist sie brüsk zurück, aber Shiori lässt nicht locker, verfolgt ihn bis zur Hütte. Als Kosuke erklärt, er habe den Frauen und dem Sex abgeschworen, greift sie ihm in die Hose und meint, er könne lügen so viel er wolle, sein Schwanz sei offensichtlich anderer Meinung. „Locarno 16: KAZE NI NURETA ONNA (Wet Woman in the Wind) von Akihiko Shiota (Wettbewerb)“ weiterlesen

AMA-SAN von Cláudia Varejão

'Ama-San' © Vincafilm
‚Ama-San‘ © Vincafilm

Seit über 2000 Jahren gibt es die Ama-san, die japanischen Muscheltaucherinnen. Wie sie ihren Beruf und ihr traditionsreiches Können in aller Selbstverständlichkeit in die japanische Moderne gerettet haben, das zeigt der Dokumentarfilm Ama-san der Portugiesin Cláudia Varejão.

Matsumi, Mayumi und Masumi beten um Muscheln, Abalone und Seeigel, um Schutz vor Unfällen. Sie sind Mütter oder Grossmütter, leben in einem traditionellen Fischerdorf auf der japanischen Halbinsel Izu. Sie sind Ama-san, Frauen des Meeres.

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SFT 16: DER GROSSE SOMMER von Stefan Jäger

Mathias Gnädinger als Anton Sommer © Impuls
Mathias Gnädinger als Anton Sommer © Impuls

Im letzten Jahr ist der Schweizer Schauspieler Mathias Gnädinger gestorben. Heute hatte sein letzter Spielfilm Premiere an den 51. Solothurner Filmtagen. Der grosse Sommer zeigt den grossen Gnädinger noch einmal in seiner ganzen Wucht. Der Film selbst ist deutlich kleiner.

Solothurnbalken2016

Rentner Anton Sommer (Mathias Gnädinger) bastelt Flaschenschiffe und will seine Ruhe haben. Allerdings träumt der zehnjährige Enkel seiner Vermieterin im Stock über ihm von einer Karriere als Sumo-Ringer. „SFT 16: DER GROSSE SOMMER von Stefan Jäger“ weiterlesen

Locarno 15: HAPPY HOUR von Ryusuke Hamaguchi (Wettbewerb)

Happy Hour 1
MIHARA Maiko , TANAKA Sachie , KAWAMURA Rira , KIKUCHI Hazuki

Mit seinen fast fünfeinhalb Stunden überzieht dieser japanische Film die «Happy Hour» seine Titels gewaltig. Aber jede seiner 317 Minuten ist gerechtfertigt und sehenswert.

Vier Frauen in der Stadt Kobe, enge Freundinnen seit der Schulzeit, erleben Erschütterungen und Veränderungen in ihren Leben, als eine von ihnen sich überraschend für die anderen scheiden lässt. „Locarno 15: HAPPY HOUR von Ryusuke Hamaguchi (Wettbewerb)“ weiterlesen

‚Still Walking – ‚Aruitemo, aruitemo‘ von Hirokazu Kore Eda

Still Walking Hirokazu Kore Eda Paar trigon

Das Familienwochenende mit Grosseltern, Eltern und Enkeln hat eine eigene Kino-Tradition. Der Dogma-Film Festen des Dänen Thomas Winterberg oder Home For The Holidays von Jodie Foster brachten so die Generationen zusammen. Wenn mein japanischer  Lieblingsregisseur Hirokazu Kore-Eda ein Familienwochenende inszeniert, gehen einem noch einmal ganz neu die Augen auf. Still Walking heisst Kore-Edas neuer Film. Er beginnt damit, dass die verheirateten Kinder mit den Enkeln die Grosseltern besuchen. Ein alter Mann dominiert diese japanische Familie, der Patriarch, ein pensionierter Hausarzt. Seine Frau hat sich gefreut auf das alljährliche Familientreffen; der eine Sohn, der mit seiner neuen Frau und ihrem Kind aus ihrer ersten Ehe kommt, ist nervös, die Tochter mit ihrem hemdsärmeligen Mann und der fröhlichen Enkelin möchte sich mit ihrer Familie im Elternhaus einnisten. Der alte Arzt bleibt distanziert, schroff, unnahbar. Mit unglaublich präzisen, einfachen Szenen führ Hirokazu Kore-Eda die einzelnen Familienmitgliedert ein. Wenn die Tochter in der Küche zur Mutter sagt, sie solle doch den Vater schnell zum Einkaufen schicken, genügt ein Blick der alten Frau, um klar zu machen, dass dieser Faux-pas nicht in Frage kommt. Wenn der Alte auf seinem kurzen Spaziergang mit dem Stock eine lange Treppe nach leichtem Zögern trotzig in Angriff nimmt, formt sich ein Bild dieses Menschen, das nur mit vielen Worten nach zu zeichnen wäre.
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Cannes 09: Air Doll – Kuki Ningyo

Air Doll Hirokazu Kore-Eda

Der Japaner Hirokazu Kore-eda ist einer meiner Lieblingsregisseure, seit seinem Meisterwerk Maboroshi no hikari. Mit Dokumentarfilmen hat er angefangen und dann mit seinen Spielfilmen immer mehr jene Ecken der japanischen Gesellschaft erforscht, die auf den ersten Blick am unzugänglichsten erscheinen – und gerade darum die universellsten Filmerlebnisse bieten. Der Tod, der Abschied und das mögliche Leben nach dem Abschied gehören zu seinen Themen, am originellsten umgesetzt in After Life. Und jetzt soll der stille Regisseur einen Film über eine aufblasbare Sexpuppe gemacht haben?

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