Die Oscars haben wir übernächtigt überlebt, und ein paar davon sind auch noch oder schon im Kino: Die Edward-Snowden-Doku Citizenfour, Iñárritus Birdman oder JK Simmons in Whiplash zum Beispiel. Und eben angelaufen sind Claudia Lorentz‘ Unter der Haut, Samba, der neue Film vom Intouchables-Team und die Dancing Arabs von Eran Riklis. Auf die drei kommen wir heute zu sprechen. Und auf die überlappenden Dialoge bei Robert Altman. Kurztipps haben wir auch. Und eine Tonspur, natürlich.
Dora oder Die sexuellen Neurosen unserer Eltern von Stina Werenfels. Die Schweizer Regisseurin hat die Anlage von Lukas Bärfuss‘ Theaterstück um die sexuelle Selbstbestimmtheit einer geistig Behinderten aufgefächert und weiter entwickelt. Nach 45 Minuten ist Dora sexuell und juristisch frei und selbstbestimmt. Aus den «was wäre wenn»-Überlegungen der ersten Filmhälfte werden konkrete Probleme. Dabei fordert der Mut der Filmemacherin eben so Respekt wie die Leistung der Darstellerinnen.
Citizenfour von Laura Poitras. Die ersten Begegnungen der Filmemacherin mit dem Whistleblower Edward Snowden im Hotel in Hongkong bilden die Basis dieses beängstigend nüchtern gehaltenen Dokumentarfilms. Auch wer vorher noch nicht paranoid war, verlässt das Kino danach mit einer latent chronischen Panik.
Inherent Vice von Paul Thomas Anderson. Ein dauerbekiffter Privatdetektiv spürt im Los Angeles der 1970er-Jahre einer Verschwörung von Immobilienhändlern, Rauschgiftschmugglern und dem FBI nach. Der Film noir ist nicht so heiter wie The Big Lebowski, dafür entwickelt der Thriller einen hypnotischen Sog, der im besten Fall bewusstseinserweiternd wirkt.
National Gallery von Frederick Wiseman Der Meister des Institutionenfilms kann es mit über 85 immer noch, und zwar drei kurzweilige Stunden lang: Er thematisiert das Sehen in all seinen Facetten, bringt die Bedingungen des Mediums Malerei, die Bedingungen zum Aufbau einer Sammlung und die Eigenheiten der Rezeption auf den Punkt und bannt einen damit drei Stunden lang in den Kinosessel.
Birdmanvon Alejandro González Iñárritu. Ein in Vergessenheit geratener Superheldendarsteller aus Hollywood sucht eine neue Karriere am Broadway. Kino, das einen anspringt, eine Komödie über Kino und Theater, die auch ein Drama ist. Grossartig!
Und morgen im Filmpodcast: Unter der Haut, Samba, Omar Sy, Altman’s Dialogue.
Acht neue Filme sind eben angelaufen, drei davon stellen wir heute vor: Hannes Nüsseler hat Whiplash gesehen, die smarte Alternative zu Fifty Shades of Grey. Ich habe meine Paranoia gefüttert, mit Laura Poitras Edward-Snowden-Film Citizenfour. Und Georges Wyrsch hat sich mit Richard Dindos eigenwilliger Max Frisch Lektüre Homo Faber (drei Frauen) auseinandergesetzt. Dazu Kurztipps wie jede Woche. Und natürlich eine kleine Tonspur für kinoerprobte Ohren.
Dora oder Die sexuellen Neurosen unserer Eltern von Stina Werenfels. Die Schweizer Regisseurin hat die Anlage von Lukas Bärfuss‘ Theaterstück um die sexuelle Selbstbestimmtheit einer geistig Behinderten aufgefächert und weiter entwickelt. Nach 45 Minuten ist Dora sexuell und juristisch frei und selbstbestimmt. Aus den «was wäre wenn»-Überlegungen der ersten Filmhälfte werden konkrete Probleme. Dabei fordert der Mut der Filmemacherin eben so Respekt wie die Leistung der Darstellerinnen.
Citizenfour von Laura Poitras. Die ersten Begegnungen der Filmemacherin mit dem Whistleblower Edward Snowden im Hotel in Hongkong bilden die Basis dieses beängstigend nüchtern gehaltenen Dokumentarfilms. Auch wer vorher noch nicht paranoid war, verlässt das Kino danach mit einer latent chronischen Panik.
Inherent Vice von Paul Thomas Anderson. Ein dauerbekiffter Privatdetektiv spürt im Los Angeles der 1970er-Jahre einer Verschwörung von Immobilienhändlern, Rauschgiftschmugglern und dem FBI nach. Der Film noir ist nicht so heiter wie The Big Lebowski, dafür entwickelt der Thriller einen hypnotischen Sog, der im besten Fall bewusstseinserweiternd wirkt.
National Gallery von Frederick Wiseman Der Meister des Institutionenfilms kann es mit über 85 immer noch, und zwar drei kurzweilige Stunden lang: Er thematisiert das Sehen in all seinen Facetten, bringt die Bedingungen des Mediums Malerei, die Bedingungen zum Aufbau einer Sammlung und die Eigenheiten der Rezeption auf den Punkt und bannt einen damit drei Stunden lang in den Kinosessel.
Birdmanvon Alejandro González Iñárritu. Ein in Vergessenheit geratener Superheldendarsteller aus Hollywood sucht eine neue Karriere am Broadway. Kino, das einen anspringt, eine Komödie über Kino und Theater, die auch ein Drama ist. Grossartig!
Und morgen im Filmpodcast: Whiplash, Citizen Four, Homo Faber.
Die Berlinale endet heute Abend mit der Preisverleihung im Berlinale Palast (live auf 3sat ab 19 Uhr). Gestern schon habe ich mit Katja Nicodemus und Peter Claus Bilanz gezogen:
Kino im Kopf mit Brigitte Häring. Michael Sennhauser ist an der Berlinale und hat dort den Schweizer Filmemacher Samir getroffen, dessen Film Iraqi Odyssey am Montag gezeigt wurde. Aber auch hier ist im Kino einiges los: Hannes Nüsseler bespricht die Thomas Pynchon-Verfilmung Inherent Vice von Paul Thomas Anderson, Kunstredaktorin Ellinor Landmann hat einen Blick in Frederick Wisemans National Gallery geworfen und führt die Erzählung um Kunst und Geldsorgen weiter. Und USA-Korrespondentin Sacha Verna berichtet von den Diskussionen, die Clint Eastwoods Film American Sniper dort ausgelöst hat. Und mit der Liste der fünf Kurztipps helfen wir wie immer bei der Entscheidung für den Kinogang und sorgen mit der Tonspur für Rätselraten.
Eine junge Frau in den Bergen Albaniens entschliesst sich, von einer Tradition Gebrauch zu machen und fortan als Mann in ihrer Gesellschaft zu leben. Dazu muss sie allerdings ewige sexuelle Enthaltsamkeit schwören. Zehn Jahre später reist sie nach Mailand und wird dort ganz langsam doch noch zur Frau.
Laura Bispuris Erstlingsfilm geht von einer Situation aus, die direkt einem Gender-Studies-Labor hätte entsprungen sein können. Aber ihr Film braucht keine Theorie, er spielt das alles ganz praktisch und vor allem ganz einleuchtend und zu Herzen gehend durch. „Berlinale 15: VERGINE GIURATA – Sworn virgin – von Laura Bispuri“ weiterlesen
Inherent Vice von Paul Thomas Anderson. Ein dauerbekiffter Privatdetektiv spürt im Los Angeles der 1970er-Jahre einer Verschwörung von Immobilienhändlern, Rauschgiftschmugglern und dem FBI nach. Der Film noir ist nicht so heiter wie The Big Lebowski, dafür entwickelt der Thriller einen hypnotischen Sog, der im besten Fall bewusstseinserweiternd wirkt.
National Gallery von Frederick Wiseman Der Meister des Institutionenfilms kann es mit über 90 85 immer noch, und zwar drei kurzweilige Stunden lang: Er thematisiert das Sehen in all seinen Facetten, bringt die Bedingungen des Mediums Malerei, die Bedingungen zum Aufbau einer Sammlung und die Eigenheiten der Rezeption auf den Punkt und bannt einen damit drei Stunden lang in den Kinosessel.
Die Böhms von Maurizius Staerkle-Drux Der feinfühlige und hochinteressante Film über die Familie des Pritzkerpreisträgers Gottfried Böhm und seiner drei Architekten-Söhne ist weniger Architekturfilm als vielmehr ein vielschichtiges Porträt einer Familie, um den Tod der greisen Mutter herum gebaut. Ein leiser und reifer Film des erst 26jährigen Schweizers.
Birdmanvon Alejandro González Iñárritu. Ein in Vergessenheit geratener Superheldendarsteller aus Hollywood sucht eine neue Karriere am Broadway. Kino, das einen anspringt, eine Komödie über Kino und Theater, die auch ein Drama ist. Grossartig!
Foxcatcher von Bennett Miller. Ein Millionär kauft sich ein Wrestling-Team als Familienersatz und scheitert kläglich. Ein amerikanischer Neo-Klassiker, ein Film, der auf gründliche Recherche abstützt, mit einer zwingenden Entwicklungsdramaturgie und viel erstklassigem Handwerk. Ein ‘Morality Tale’ in der Tradition von Citizen Kane.
Und morgen im Filmpodcast: Samir mit Iraqi Odyssey an der Berlinale, Inherent Vice, National Gallery, American Sniper.
Peter Greenaway re-imaginiert Sergei Michailowitsch Eisensteins lange Monate in Mexiko, als der sowjetische Filmemacher und Montagepionier dort zu Beginn der dreissiger Jahre des letzten Jahrhunderts versuchte, seinen Revolutionsfilm Que Viva Mexico! zu drehen. Und wie!
Nachdem der dreiundsiebzigjährige Waliser dem frontalen Kino eigentlich schon abgeschworen hatte und die letzten Jahre vor allem mit multimedialen Installationen in Erscheinung trat, zeigt er nun überraschend und überraschend gut gelaunt, dass ihm auch zur digitalen Umnutzung der klassischen Kinomittel noch allerhand verblüffendes eingefallen ist. „Berlinale 15: EISENSTEIN IN GUANAJUATO von Peter Greenaway“ weiterlesen
Man kann tatsächlich eine intime, persönliche Geschichte in 3D erzählen, ohne sie zum Spektakel zu machen. Wim Wenders hat seine Erfahrungen aus zwei Dokumentarfilmen in diesen sehr schön anzuschauenden Spielfilm eingebracht.
James Franco spielt den kanadischen Romanautor Tomas Eldan, dem an einem Winterabend auf einer verschneiten Nebenstrasse ein Kind unters Auto schlittelt. Er weiss, dass ihn keine Schuld am Tod des kleinen Jungen trifft, und auch die von Charlotte Gainsbourg gespielte Mutter gibt ihm keine Schuld. Eher schon sieht sie die Schuld bei sich. Oder bei William Faulkner, weil dessen Lektüre sie an dem Abend so fesselte, dass sie ihre Buben zu lange draussen unbeaufsichtigt liess. „Berlinale 15: EVERYTHING WILL BE FINE von Wim Wenders“ weiterlesen