BLACK FLIES von Jean-Stéphane Sauvaire

Sean Penn und Tye Sherindan in ‚Black Flies‘ © Ascot-Elite

Das ist zunächst erst mal kein Film, sondern eine Attacke. Die ersten 25 Minuten von Black Flies folgt dem jungen Paramedic Ollie Cross (Tye Sheridan) auf seinen ersten Einsätzen in einer Ambulanz des New York City Fire Departments FDNY.

Lärm, Sirenen, Musik und Blinklichter erzeugen einen Stroboskop-Effekt, den Jean-Stéphane Sauvaire auch dann noch weiterzieht, wenn die Bilder für einen Moment ruhiger werden, wenn der Protagonist zu schlafen versucht, das Blinken des Rotlichtes unterliegt einem guten Teil dieser Sequenzen.

Subtil ist das nicht, genau so wenig, wie der Einsatz von Wagners «Rheingold»-Ouvertüre als Kontrast zur Audioattacke der restlichen Tonspur.

Dieses Rheingold unterlagert übrigens auch die letzten Bilder des Films, die in ihrer Helden-Erlösungsbestrebung das abgedroschenste Gemütsboostermaterial der Firefighter-Heroen bemühen und damit quasi postum noch die gelungeneren Momente des Filmes disqualifizieren.

Doch: Auf der Leinwand macht das was her. Tye Sheridans Ollie in seiner Dauerüberforderung in einem undankbaren Job, in dem die angeschossenen Gangsta die Paramedics genau so misstrauisch beschimpfen wie die obdachlose Alkoholikerin, die sie im Waschsalon auflesen müssen, das fährt ein.

Es gab doch schon ein paar sehr unterschiedliche Ambulanz-Filme, von Martin Scorseses Bringing Out The Dead, der hier mehr als nur Pate stand, über den mexikanischen Midnight Family von 2019, bis zu Michael Bays Remake des dänischen Bankräuber-Thrillers Ambulance von 2005.

Und im Ansatz ist auch Black Flies durchaus interessant. Allerdings wird die Reihung von schrecklichen Begegnungen mit verwesenden Leichen, heroinsüchtigen, HIV-positiven Gebärenden, Kampfhundeopfern oder auch nur schon Opfern häuslicher Gewalt zu mehr als nur einer Idealismus-Prüfung für den jungen Mann.

Und dann ist da noch Sean Penn. Der gibt den erfahrenen älteren Kollegen des Rookie, den Mann, der alles schon gesehen hat und der auf die Protokolle pfeift, wenn Geschwindigkeit und wirksamer Einsatz gefragt sind.

Dafür hat er stets einen Zahnstocher im Mund. Und diesen verbissen leidenden Hundeblick in den Augen, den nur Sean Penn genau so hinkriegt. Oder Nicolas Cage.

Sean Penn ist in diesem Film genau so wirkungsvoll wie das Rheingold von Wagner: Gefühle auf Abruf.

Dann doch lieber die Ton-Bild-Attacke der ersten halben Stunde.

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