Nifff 10: THE KILLER INSIDE ME von Michael Winterbottom

Killer im Kino: 'The Killer Inside Me' ©frenetic
Killer im Kino: 'The Killer Inside Me' ©frenetic

Psychopathen lassen sich nicht erklären, auch wenn – nicht nur im Kino – die Schuld am leichtesten den Müttern zugeschoben werden kann. Das tut auch Michael Winterbottom, wenn er in kurzen Flashbacks die masochistischen Neigungen der Mutter des von Casey Affleck gespielten Killers aufblitzen lässt. Und darin liegt das misogyne Potential, das dem Film zu Recht und seinem Regisseur zu Unrecht angelastet wird. Wenn der junge Mann die beiden Frauen, die ihn lieben, systematisch tot schlägt, schlägt da eine Prägung durch, so ist er halt geworden, der Kleine.

Michael Winterbottom interessiert sich nicht für bewährte Formeln, und in der Wahl seiner Stoffe ist er so eklektisch wie unvorhersehbar. Damit war zu erwarten, dass auch sein Zugriff auf das Roman-Universum von Jim Thompson nicht einfach den eingespielten hard nosed way einschlagen würde. Und so steht denn auch eher der generelle Vertrauensbruch im Zentrum der Geschichte, nicht die frauenfeindliche Grundeinstellung der Hauptfigur.

„Nifff 10: THE KILLER INSIDE ME von Michael Winterbottom“ weiterlesen

Nifff 10: ONDINE von Neil Jordan

Alicja Bachleda und Colin Farrell in 'Ondine' ©Ascot-Elite
Alicja Bachleda und Colin Farrell in 'Ondine' ©Ascot-Elite

Ein wirklich schöner Auftakt für das diesjährige NIFFF! Nach The Brave One, seinem seltsamen Ausflug mit Jodie Foster in die Grabbelkiste der Selbstjustizthriller , ist Neil Jordan zurückgekehrt zu seinen Wurzeln, jenen irischen Geschichten, die den Alltag mit märchenhaften Zügen durchwachsen. Dass Colin Farrell den gestrauchelten Fischer Syracuse spielt, jenen Mann, den alle „Circus“ nennen, weil er sich jahrelang als Alkoholiker unmöglich gemacht hat, dürfte dem Film das internationale Interesse bescheren, das er sonst kaum fände. Denn eigentlich ist das eine kleine Geschichte, die einem irischen Nachwuchsregisseur wohl angestanden wäre, gleichsam ein Erholungsfilm für den ansonsten eher furchtlosen Experimentierer Jordan. Ondine bezieht sich natürlich ganz direkt auf die Geschichte von Undine, die Geschichte der kleinen Meerjungfrau (und es ist natürlich nicht die Disney-Version bei Jordan). Nur ist die junge Frau, die Syracuse in den ersten Szenen des Films in seinem Fischnetz findet, eher eine Selkie, eine Seehundfrau. Zumindest vermutet das Syracuses Tochter Annie, als ihr der Vater von seinem Fund erzählt.

„Nifff 10: ONDINE von Neil Jordan“ weiterlesen

Filmpodcast Nr. 188: No One Knows About Persian Cats; NIFFF; New York, I Love You.

Fantastisches Schweizer Kino am NIFFF 'L'inconnue de Shandigor' (1967)
Fantastisches Schweizer Kino am NIFFF 'L'inconnue de Shandigor' (1967)

Kino im Kopf mit Michael Sennhauser. Bahman Ghobadi hat im Guerilla-Stil über die Untergrund-Rock-Szene im Iran seinen Film No One Knows Abut Persian Cats gedreht. Das Neuchâtel International Fantastic Film Festival NIFFF zeigt neben internationalen Delikatessen auch 30 fantastische Schweizer Filme. Der Kurzfilm-Omnibus New York, I Love You ist auf DVD erschienen. Und wir haben die üblichen Kurztipps und die Tonspur.

Saugen: Filmpodcast Nr. 188 (Rechtsklick für Download). Hören:


filmpodcast

Den Filmpodcast können Sie via iTunes oder direkt abonnieren; die entsprechenden Links finden Sie auch oben rechts im Blog.

Die Unverpassbaren, Woche 27

'No One knows about Persian Cats' von Bahman Ghobadi ©frenetic
'No One knows about Persian Cats' von Bahman Ghobadi ©frenetic

Erst diese fünf Filme sehen. Dann alle anderen.

  1. No One Knows About Persian Cats von Bahman Ghobadi. Für seinen Kamikaze-Film über die Untergrund-Rock-Szene im Iran ging der Kurde Bahman Ghobadi selber under cover und filmte digital im Guerilla-Stil. Packend.
  2. Women without Men von Shirin Neshat. Die Künstlerin und Fotografin überzeugt auch mit ihrem ersten Spielfilm, der so ganz anders daherkommt, als die erwartete Betroffenheitsreihung.
  3. Les plages d’Agnès von Agnès Varda. Ein Leben mit Filmen, Künstlern, Fischern und Fotografien. Vardas Kompendium macht Heimweh nach Ciné-viel.
  4. Honeymoons – Medeni Mesec von Goran Paskaljevic. Ein Liebespaar in Serbien, eines in Albanien, zwei protzige Hochzeiten, und dazwischen der Kosovo und Auswanderungshoffnungen. So schön erzählt, dass die raffinierten Symmetrien erst nachtträglich auffallen.
  5. Les herbes folles von Alain Resnais. Das Kino des 87jährigen ist beschwingter, tiefer, verrückter und schöner anzuschauen als fast alles, was seine junge Konkurrenz auf die Leinwand bringt.

Im Filmpodcast morgen gibts es mehr zu Bahman Ghobadi, zum NIFFF, das am Sonntag beginnt, zur DVD von New York, I Love You und mehr Rap aus Teheran.

Filmpodcast Nr. 187: Women without Men, Tales from the Golden Age, Claude Chabrol.

'Tales from the Golden Age' ©frenetic
'Tales from the Golden Age' ©frenetic

Brigitte Häring hat Shirin Neshats Women without Men gesehen, ich Cristian Mungius Tales from the Golden Age. Osteuropa-Korrespondent Marc Lehmann erzählt von Rumäniens aktuellem Verhältnis zur Vergangenheit. Und ich gratuliere Claude Chabrol zum 80. Geburtstag. Dazu Kurztipps und Tonspur, wie gewohnt.

Saugen: Filmpodcast Nr. 187 (Rechtsklick für Download). Hören:


filmpodcast

Den Filmpodcast können Sie via iTunes oder direkt abonnieren; die entsprechenden Links finden Sie auch oben rechts im Blog.

Frank Giering ist gestorben

Er wuchs einem immer ein wenig ans Herz in seinen Rollen, und er ging einem immer ein wenig auf die Nerven. In Funny Games, Absolute Giganten und – am stärksten beides – in Romuald Karmakars Die Nacht singt ihre Lieder. Gestern ist Frank Giering in Berlin gestorben – mit 39 Jahren. In den meisten seiner Rollen hat er gewirkt wie ein altes Kind, und so wird er mir nun auch in Erinnerung bleiben.

Die Unverpassbaren, Woche 26

'Women without Men' von Shirin Neshat ©cineworx

Erst diese fünf Filme sehen. Dann alle anderen.

  1. Women without Men von Shirin Neshat. Die Künstlerin und Fotografin überzeugt auch mit ihrem ersten Spielfilm, der so ganz anders daherkommt, als die erwartete Betroffenheitsreihung.
  2. Les plages d’Agnès von Agnès Varda. Ein Leben mit Filmen, Künstlern, Fischern und Fotografien. Vardas Kompendium macht Heimweh nach Ciné-viel.
  3. Honeymoons – Medeni Mesec von Goran Paskaljevic. Ein Liebespaar in Serbien, eines in Albanien, zwei protzige Hochzeiten, und dazwischen der Kosovo und Auswanderungshoffnungen. So schön erzählt, dass die raffinierten Symmetrien erst nachtträglich auffallen.
  4. Les herbes folles von Alain Resnais. Das Kino des 87jährigen ist beschwingter, tiefer, verrückter und schöner anzuschauen als fast alles, was seine junge Konkurrenz auf die Leinwand bringt.
  5. Coeur Animal von Séverine Cornamusaz. Eine unwahrscheinliche Liebesgeschichte und eine Art Menschwerdung. Starkes und beeindruckendes Filmdebut aus den Westschweizer Alpen.

Im Filmpodcast morgen gibts es mehr zu Shirin Neshat, Cristian Mungiu, Rumänien, Claude Chabrol.

Filmpodcast Nr. 186: Wilhelmsschrei, Konrad Zuse, Agnès Varda.

Corinne Marchand in 'Cléo de 5 à 7' von Agnès Varda ©CinéTamaris

Kino im Kopf mit Michael Sennhauser. In Basel an der Art Unlimited stellt auch die französische Filmemacherin Agnès Varda aus – parallel dazu läuft ihr neuer Film Les plages d’Agnès im Kino und eine Retrospektive im Stadtkino Basel. Ausserdem: Der Ursprung des häufigsten Schreis der Filmgeschichte und warum Konrad Zuses Computer von 1936 der letzte filmtaugliche seiner Art gewesen ist. Dazu Kurztipps und Tonspur, wie gewohnt.

Saugen: Filmpodcast Nr. 186 (Rechtsklick für Download). Hören:


filmpodcast

Den Filmpodcast können Sie via iTunes oder direkt abonnieren; die entsprechenden Links finden Sie auch oben rechts im Blog.

Die Unverpassbaren, Woche 25

'Les plages d'Agnès' von Agnès Varda (links) ©CinéTamaris
'Les plages d'Agnès' von Agnès Varda (links) ©CinéTamaris

Erst diese fünf Filme sehen. Dann alle anderen.

  1. Les plages d’Agnès von Agnès Varda. Ein Leben mit Filmen, Künstlern, Fischern und Fotografien. Vardas Kompendium macht Heimweh nach Ciné-viel. Das kann derzeit übrigens hier gestillt werden.
  2. Honeymoons – Medeni Mesec von Goran Paskaljevic. Ein Liebespaar in Serbien, eines in Albanien, zwei protzige Hochzeiten, und dazwischen der Kosovo und Auswanderungshoffnungen. So schön erzählt, dass die raffinierten Symmetrien erst nachträglich auffallen.
  3. Panique au village von Stephane Aubier und Vincent Patar. Täuschend einfache, extrem atem- und pausenlose Animations-Action aus Belgien. Anstrengender und befriedigender als das Fitness-Center.
  4. Les herbes folles von Alain Resnais. Das Kino des 87jährigen ist beschwingter, tiefer, verrückter und schöner anzuschauen als fast alles, was seine junge Konkurrenz auf die Leinwand bringt.
  5. Coeur Animal von Séverine Cornamusaz. Eine unwahrscheinliche Liebesgeschichte und eine Art Menschwerdung. Starkes und beeindruckendes Filmdebut aus den Westschweizer Alpen.

Im Filmpodcast morgen gibts es mehr zu Agnès Varda, Konrad Zuse und seinem Computer und zum Wilhelmsschrei.

Die Unverpassbaren, Woche 24

'Honeymoons - Medeni Mesec' von Goran Paskaljevic ©trigon
'Honeymoons - Medeni Mesec' von Goran Paskaljevic ©trigon

Erst diese fünf Filme sehen. Dann alle anderen.

  1. Honeymoons – Medeni Mesec von Goran Paskaljevic. Ein Liebespaar in Serbien, eines in Albanien, zwei protzige Hochzeiten, und dazwischen der Kosovo und Auswanderungshoffnungen. So schön erzählt, dass die raffinierten Symmetrien erst nachträglich auffallen.
  2. Panique au village von Stephane Aubier und Vincent Patar. Täuschend einfache, extrem atem- und pausenlose Animations-Action aus Belgien. Anstrengender und befriedigender als das Fitness-Center.
  3. Les herbes folles von Alain Resnais. Das Kino des 87jährigen ist beschwingter, tiefer, verrückter und schöner anzuschauen als fast alles, was seine junge Konkurrenz auf die Leinwand bringt.
  4. Coeur Animal von Séverine Cornamusaz. Eine unwahrscheinliche Liebesgeschichte und eine Art Menschwerdung. Starkes und beeindruckendes Filmdebut aus den Westschweizer Alpen.
  5. Chloe von Atom Egoyan. Egoyans eigenwilliger Nachbau des französischen Dramas Nathalie hat was. Und dazu noch Julianne Moore.

Im Filmpodcast morgen gibts es mehr zu Honeymoons, Serbien, Albanien und zur Umzingelung durch den Neoliberalismus auf DVD.