Venedig 16: NOCTURNAL ANIMALS von Tom Ford

Jake Gyllenhaal in 'Nocturnal Animals' von Tom Ford © Universal Pictures International
Jake Gyllenhaal in ‚Nocturnal Animals‘ von Tom Ford © Universal Pictures International

Tom Ford macht nicht nur schöne Kleider, er macht auch tolle Filme. Sein Debüt als Regisseur mit A Single Man mit Colin Firth und Julianne Moore lief 2009 auch schon im Wettbewerb von Venedig und brachte Colin Firth den Darstellerpreis ein und Tom Ford gehörigen Respekt als Filmemacher. Nun ist auch sein zweiter Film Nocturnal Animals im Wettbewerb von Venedig – als nächster Höhepunkt nach dem Eröffnungsfilm La La Land.

Tom Ford führt nicht nur Regie, er schrieb auch das Drehbuch zu diesem komplexen Drama mit integriertem Thriller. Nocturnal Animals ist die Adaptation des Romans «Tony and Susan» von Austin Wright und damit eine Roman-im-Roman-Geschichte. In Tom Fords Film wird daraus Roman-im-Film, beziehungsweise eben Film-im-Film.

„Venedig 16: NOCTURNAL ANIMALS von Tom Ford“ weiterlesen

Venedig 16: LA LA LAND von Damien Chazelle

Emma Stone und Ryan Gosling in 'La La Land' von Damien Chazelle © Ascot Elite
Emma Stone und Ryan Gosling in ‚La La Land‘ von Damien Chazelle © Ascot Elite

Gestern Abend wurde das Filmfestival Venedig eröffnet: mit einem romantischen Musical. Regisseur Damien Chazelle sagte, angesprochen auf den Film, der so gar nicht die aktuelle düstere Weltlage reflektiere, er glaube, wir bräuchten jetzt mehr denn je Hoffnung und Romantik auf der Leinwand.

Eine grosse Verbeugung vor den Hollywood-Musicals der 50er Jahren ist La La Land, eine Feier des alten Hollywoods, eine Reminiszenz an Musicals wie «An American in Paris» von Vinzente Minelli oder an «Singin‘ in the Rain» von Gene Kelly. Ein nostalgischer Traum in Cinemascope und Technicolor. Obschon: Nostalgie ist immer da und spürbar, aber sie ist klug reflektiert und gebrochen. Die Geschichte spielt im heutigen Los Angeles, wo Träume und Realität härter aufeinander prallen als irgendwo sonst. „Venedig 16: LA LA LAND von Damien Chazelle“ weiterlesen

Die Unverpassbaren, Woche 35 – 2016

Marcus, Kyuko und Walterli in glücklicheren 'Polder'-Zeiten © filmcoopi
Marcus, Kyuko und Walterli in glücklicheren ‚Polder‘-Zeiten © filmcoopi

Erst diese fünf Filme sehen, dann alle anderen:

  1. Polder von Julian M. Grünthal und Samuel Schwarz. Der Film zum Game zum Transmedia-Projekt. Japan-Chic und Retro-Look, eine verspielte, clevere, vergnügliche Reise zu den Hexen und Business-Dämonen einer dementedly augmented Reality.
  2. Fuocoammare von Gianfranco Rosi. Der Berlinale-Sieger 2016 wirft einen ebenso dokumentarischen wie symbolträchtigen Blick auf die Insel Lampedusa, ihre Bewohner und die Überlebenden wie auch die Toten von den Flüchtlingsschiffen. Keine Anklage, eher eine Einladung zum Nachdenken.
  3. El Olivo von Icíar Bollaín. Spanische Olivenbauern im Sog des kapitalistischen Europa, der Kampf einer jungen Frau für die Heimführung eines 2000jährigen Olivenbaums. Ein Film mit grossem Herz und kleinen Logiklöchern, ein Plädoyer für Sturheit, das nicht ganz aufgeht, dafür aber mit nimmt.
  4. Vor der Morgenröte von Maria Schrader. Die Exil-Jahre des Schriftstellers Stefan Zweig in sechs grossartigen, verknüpften Kurzfilmen. Josef Hader in der Hauptrolle wird perfekt ergänzt von Aenne Schwarz und Barbara Sukowa in den Rollen seiner beiden Ehefrauen. Eine packende, brandaktuelle Kulturgeschichtslektion mit filmischer Wucht.
  5. Captain Fantastic von Matt Ross. Viggo Mortensen als Aussteiger-Papa mit Hippie-Flair lernt mit und dank seinen Kindern, sich auf lebenswerte Kompromisse einzulassen. Ein fast schon utopisch antidogmatischer Film.

Und morgen im Filmpodcast: PolderFuocoammare, Filmfestival Venedig.

Die Unverpassbaren, Woche 34 – 2016

Anna Castillo als Alma in 'El Olivo' © filmcoopi
Anna Castillo als Alma in ‚El Olivo‘ © filmcoopi

Erst diese fünf Filme sehen, dann alle anderen:

  1. El Olivo von Icíar Bollaín. Spanische Olivenbauern im Sog des kapitalistischen Europa, der Kampf einer jungen Frau für die Heimführung eines 2000jährigen Olivenbaums. Ein Film mit grossem Herz und kleinen Logiklöchern, ein Plädoyer für Sturheit, das nicht ganz aufgeht, dafür aber mit nimmt.
  2. Vor der Morgenröte von Maria Schrader. Die Exil-Jahre des Schriftstellers Stefan Zweig in sechs grossartigen, verknüpften Kurzfilmen. Josef Hader in der Hauptrolle wird perfekt ergänzt von Aenne Schwarz und Barbara Sukowa in den Rollen seiner beiden Ehefrauen. Eine packende, brandaktuelle Kulturgeschichtslektion mit filmischer Wucht.
  3. Captain Fantastic von Matt Ross. Viggo Mortensen als Aussteiger-Papa mit Hippie-Flair lernt mit und dank seinen Kindern, sich auf lebenswerte Kompromisse einzulassen. Ein fast schon utopisch antidogmatischer Film.
  4. L’avenir von Mia Hansen-Løve. Isabelle Huppert ist die Philosophielehrerin, welche zwar für das theoretische Leben gerüstet scheint, in der Praxis aber auf unerwartete Freiheitsphobien stösst, als ihr Mann mit einer anderen auftaucht. Eine sehr lebensnahe Verbindung von Film und Philosophie, Hansen-Løves erster rundum geglückter Film.
  5. Toni Erdmann von Maren Ade. Ein Vater mischt mit falschen Zähnen und Perücke die strukturierte Businesswelt seiner Tochter auf. Ein Wurf von einem Film, ein traurig-komisches Meisterstück mit grossem Atem.

Und morgen im Filmpodcast: The Shallows, El Olivo, Samir und seine Iraqi Odyssey.

EL OLIVO von Icíar Bollaín

Alma (Ines Ruiz) und ihr Grossvater (Manuel Cucala) © filmcoopi
Alma (Ines Ruiz) und ihr Grossvater (Manuel Cucala) vor dem geliebten 200 Jahre alten Olivenmonster © filmcoopi

Der Brexit mag beschlossene Sache sein, aber im Kino blitzt zur Zeit eine spanisch-britische Europaproduktion. Paul Laverty, der Drehbuchautor des britischen Altmeisters Ken Loach, hat eine Geschichte geschrieben über eine junge Spanierin und einen alten Olivenbaum. Und Spaniens gefeierte Filmemacherin Icíar Bollaín hat El Olivo gedreht, in spanischen Olivenhainen und Hühnerfarmen, auf französischen Autobahnraststätten und im deutschen Düsseldorf.

Alma (Anna Castillo), eine hübsche junge Frau um die zwanzig, geht langsam und routiniert durch eine riesige Halle voller Hühner. Sie liest zwei tote Tiere auf, dann füttert sie in der nächsten Halle tausende von Kücken.

„EL OLIVO von Icíar Bollaín“ weiterlesen

Die Unverpassbaren, Woche 33 – 2016

Josef Hader als Stefan Zweig in 'Vor der Morgenröte' © filmcoopi
Josef Hader als Stefan Zweig in ‚Vor der Morgenröte‘ © filmcoopi

Erst diese fünf Filme sehen, dann alle anderen:

  1. Vor der Morgenröte von Maria Schrader. Die Exil-Jahre des Schriftstellers Stefan Zweig in sechs grossartigen, verknüpften Kurzfilmen. Josef Hader in der Hauptrolle wird perfekt ergänzt von Aenne Schwarz und Barbara Sukowa in den Rollen seiner beiden Ehefrauen. Eine packende, brandaktuelle Kulturgeschichtslektion mit filmischer Wucht.
  2. Captain Fantastic von Matt Ross. Viggo Mortensen als Aussteiger-Papa mit Hippie-Flair lernt mit und dank seinen Kindern, sich auf lebenswerte Kompromisse einzulassen. Ein fast schon utopisch antidogmatischer Film.
  3. L’avenir von Mia Hansen-Løve. Isabelle Huppert ist die Philosophielehrerin, welche zwar für das theoretische Leben gerüstet scheint, in der Praxis aber auf unerwartete Freiheitsphobien stösst, als ihr Mann mit einer anderen auftaucht. Eine sehr lebensnahe Verbindung von Film und Philosophie, Hansen-Løves erster rundum geglückter Film.
  4. Toni Erdmann von Maren Ade. Ein Vater mischt mit falschen Zähnen und Perücke die strukturierte Businesswelt seiner Tochter auf. Ein Wurf von einem Film, ein traurig-komisches Meisterstück mit grossem Atem.
  5. Ama-san von Cláudia Varejão. In mehr als 2000 Jahren haben die japanischen Muscheltaucherinnen ein Parallelmatriarchat aufgebaut. Ein ruhiger, respektvoller, sehr schöner Dokumentarfilm über diese Frauen des Meeres.

Und morgen im Filmpodcast: Maggie’s Plan, Captain Fantastic, L’avenir, Race, u.a.

Locarno 16: BANGKOK NITES von Katsuya Tomita (Wettbewerb)

Bangkok Nites (6)

«Dieses Land ist das Paradies. Solange du draussen bleibst.» Das sagt einer der Männer in Thailand zum Japaner Ozawa (gespielt von Regisseur Tomita selbst). Ozawa war Soldat in der japanischen «Verteidigungsarmee» und hat nach seiner Dienstzeit nie richtig Fuss gefasst im Leben.

Pardobalken2016

Er ist, warum auch immer, einer der wenigen Freunde im Leben von Luck, die eigentlich Ling heisst und wie tausende anderer Frauen vom Land nach Bangkok gekommen ist, um als Prostituierte die Familie Zuhause zu versorgen.

„Locarno 16: BANGKOK NITES von Katsuya Tomita (Wettbewerb)“ weiterlesen

Locarno 16: GODLESS (Безбог) von Ralitza Petrova (Wettbewerb)

© Klas Film
© Klas Film

«Die Väter haben uns kaputt gemacht, ihre Söhne machen uns nun fertig», sagt der alte Yoan in einer Szene dieses Films. Die ambulante Altenpflegerin Gana hat ihn in den Steinbruch gefahren, in dem er jahrelang Gefangener war. Mitten im Geröll erinnert eine Gedenktafel an die Opfer des Kommunismus.

Pardobalken2016

Dreissig Jahre nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Regimes in Bulgarien sei noch immer keine Besserung in Sicht, sagt die bulgarische Regisseurin Ralitza Petrova. Das Leben in dem Land sei für die meisten Menschen hart, Korruption allgegenwärtig und Hoffnung gebe es allenfalls dann, wenn alles verloren sei.

„Locarno 16: GODLESS (Безбог) von Ralitza Petrova (Wettbewerb)“ weiterlesen

Die Unverpassbaren, Woche 32 – 2016

Isabelle Huppert in 'L'avenir' von Mia Hansen-Løve © frenetic
Isabelle Huppert in ‚L’avenir‘ von Mia Hansen-Løve © frenetic

Erst diese fünf Filme sehen, dann alle anderen:

  1. L’avenir von Mia Hansen-Løve. Isabelle Huppert ist die Philosophielehrerin, welche zwar für das theoretische Leben gerüstet scheint, in der Praxis aber auf unerwartete Freiheitsphobien stösst, als ihr Mann mit einer anderen auftaucht. Eine sehr lebensnahe Verbindung von Film und Philosophie, Hansen-Løves erster rundum geglückter Film.
  2. Toni Erdmann von Maren Ade. Ein Vater mischt mit falschen Zähnen und Perücke die strukturierte Businesswelt seiner Tochter auf. Ein Wurf von einem Film, ein traurig-komisches Meisterstück mit grossem Atem.
  3. Guibord s’en va-t-en guerre von Philippe Falardeau. Ein liebenswerter kanadischer Provinzabgeordneter wird zum Zünglein an der Waage und lernt die Tücken der direkten Demokratie auf ungemein witzige Art kennen. Vor einem Jahr als utopische Satire in Locarno. Jetzt als beinahe realistische Geschichte im Kino.
  4. Le miracle de Tekir von Ruxandra Zenide. Zwei Frauen im Donaudelta, eine unerklärliche Schwangerschaft, Eifersucht und Freundschaft. Ein schwebender Film zwischen Archaik und Skepsis, verstörend schön.
  5. Coup de chaud von Raphael Jacoulot: Ein kollektiver Hitzestau bestimmt dieses französische Kinodrama. Es geht um einen Krisensommer in einer Kleinstadt, um bröckelnde Solidarität, wachsende Angst vor dem Fremden. All das entlädt sich in einem Gewaltausbruch.

Filmpodcast Kino im Kopf macht Sommerpause bis 19. August

Locarno 16: DAO KHANONG (By the Time It Gets Dark) von Anocha Suwichakornpong (Wettbewerb)

Dao Khanong (3)

Die Thailänderin Anocha Suwichakornpong ist eine erfahrene Filmemacherin, und offenbar auch eine reflektierte. Jedenfalls ist Dao Khanong wahrscheinlich in erster Linie ein Film über das Filmemachen.

Pardobalken2016

In aller Regel sind gerade wir Filmjournalisten und -Kritiker die grössten Fans solcher Übungen, kommen sie doch im idealen Fall unserer eigenen Arbeit sehr nahe. Aber leider nicht ins diesem Fall.

„Locarno 16: DAO KHANONG (By the Time It Gets Dark) von Anocha Suwichakornpong (Wettbewerb)“ weiterlesen