Es ist der erste Kinofilm von Fred van der Kooij seit sieben Jahren – und er sprengt gleich wieder alle künstlichen Grenzen zwischen Musik, Film, Raum und Bewegung. Schon der Titel ist ein schillerndes Programm: Die Verliese des Flüchtigen. Das klingt nach dem schmachtenden Graf von Montecristo, aber auch nach jenem flüchtigen Duft, den man nur im Kopf festhalten kann, die olfaktorische Komponente der Erinnerung. Im Film hat eine Frau in klaren Glasflaschen den Geruch der wichtigsten Tage ihres Lebens eingefangen. Die Flaschen stehen auf einer Kommode und die Vergangenheiten lassen sich teilen – mit jenen, welche die Nase dafür haben. „Ein neuer Film von Fred van der Kooij: DIE VERLIESE DES FLÜCHTIGEN“ weiterlesen
Heute Abend werden im Zürcher Schiffbau die Schweizer Filmpreise 2014 vergeben. Der diesjährige Ehrenpreis für das Gesamtwerk geht an einen der heimlichen Revolutionäre des Schweizer Films, an den 86jährigen Alexander J. Seiler, Theaterwissenschaftler, Filmemacher, Publizist.
Mit Dokumentarfilmen wie Siamo italiani von 1964, mit kulturpolitischen Initiativen und mit unzähligen Aufsätzen und Publikationen hat sich Alexander Seiler unermüdlich eingemischt in die „eigenen Angelegenheiten“ der Schweiz. „Schweizer Filmpreis für Alexander J. Seiler“ weiterlesen
Die letzte gedruckte unabhängige Filmzeitschrift der Deutschschweiz tritt in eine neue Ära ein. Das seit Jahrzehnten von Walt R. Vian geleitete «Filmbulletin» wird neu von einer eigens gegründeten Stiftung getragen und soll von einer neuen Chefredaktorin und Verlagsleiterin mit „Erfahrung im E-Publishing-Bereich“ in eine neue Phase geführt werden. Hier die offizielle Medienmitteilung von heute: „Umbau beim «Filmbulletin»“ weiterlesen
„Zombies? Horrorfilme? Das Zeug kann ich nicht gucken. Und Du gehst da freiwillig hin?“ Nein. Ich gehe nicht freiwillig ans NIFFF, ans Neuchâtel International Fantastic Film Festival. Ich muss da hin, unbedingt. Jedes Jahr. Das NIFFF gehört zu meinen Zen-Orten im ansonsten eher irren Kinojahr. Nach dem Globalstress der weltbesten Filme im Mai in Cannes , und vor dem Lokalstress der täglichen live-Sendungen vom Filmfestival in Locarno kann ich in Neuenburg genau das geniessen, was meine Liebe zum Kino über all die Jahre befeuert und am Leben gehalten hat: Überbordende Fantasie, kunstvolle Welten jenseits des immer langweiliger werdenden Movie-Mainstreams für Fünfzehnjährige.
Entgegen landläufiger Vorurteile ist das NIFFF kein Blutbad, sondern ein feines kleines Sommerfestival mit ebenso familiärer wie internationaler Atmosphäre. Der fantastische Film gehört – wenn nicht gerade Peter Jackson seine Hobbits inszeniert – zu den Nischenprodukten des Weltkinomarktes. Das sind Filme zwischen Untergrund, Insiderfeiern und Fringe-Benefits, im wörtlichsten Sinne. „NIFFF 13: Eine Liebeserklärung“ weiterlesen
Einer der originellsten Köpfe zwischen Film und Musik, Bild und Ton, Theorie und Praxis in Wort und Ohr in der Schweiz ist unbestritten Fred van der Kooij. Bisher waren vor allem seine Videoessays zu einzelnen Filmen auf fredundfilm.ch lohnenswerte Klickziele. Jetzt hat van der Kooij aber auch endlich seine über die Jahre gesammelten Texte aufbereitet und in einer Form zugänglich gemacht, die über die übliche gedruckte Essaysammlung hinausgeht. Auf seiner Website stellt er das ganze Buch in einzelnen pdf-Kapiteln zum Download zur Verfügung. Die Texte sind nicht nur illustriert, sie verlinken auch immer wieder auf Videobeispiele – was die Lektüre am PC, aber vor allem auch auf dem iPad zu einem ganz speziellen Vergnügen macht. „Fred van der Kooij über das Filmische“ weiterlesen
Für meine Generation ist Disneys Tron ein Meilenstein. Nicht der Filmgeschichte, aber der Mediengeschichte. Ich gehöre gerade noch nicht zur Generation Pac-Man (da wirkte schon mein kleiner Bruder), sondern eher noch zur Generation Pong, und für uns war die Idee, ein Videospiel könnte eine eigene physische Realität entwickeln, in die man gar eindringen oder in der man in Gefangenschaft geraten könnte, noch rein metaphorisch faszinierend. Dennoch (oder trotzdem) wurde Tron zur Enttäuschung. Visuell gab das zwar etwas her, aber konzeptionell blieb das ein schwacher Action-Film mit einfachen Verfolgungsjagden, visuell aufgepeppt. Jetzt, fast dreissig Jahre später, hat Disney dem zur Legende gehypten Pionier-Film ein Tron – Legacy genanntes Nachfolgevehikel hinterhergejagt. Und das ist erst recht eine Enttäuschung:
Eben offiziell über Twitter verbreitet (vom Locarno Press Office): Der künstlerische Direktor des Festivals, Olivier Père, hat einen persönlichen Blog aufgemacht. Die ersten beiden Einträge blicken zurück auf den verstorbenen Produzenten Dino De Laurentiis und berichten davon, wie der im Sommer in Locarno gefeierte Produzent Menahem Golan danach in der Welt weiter gefeiert wurde. Natürlich ist der Blog auf französisch verfasst – und das ist doch schon mal etwas neues für die Szene hier. Denn irgendwie schafft es die deutsche Blogosphäre zwar, die anglophone einzubinden (umgekehrt geht gar nichts), aber die Blogs der frankophonen Welt sind irgendwo in einem parallelen Universum. Nur ganz wenige von uns lesen über die Sprachgrenze hinweg. Vielleicht hilft Olivier Pères Initiative da ein wenig weiter. Seine Blogroll umfasst allerdings erst die Word-Press-Defaults, aber da hilft ihm ja vielleicht noch jemand vom Press-Office weiter damit. (Nachtrag: Ein Hinweis darauf, dass bei einem nicht kommerziellen Blog der Vollfeed ins RSS gehört und nicht nur die Anrisse, sei dem Press Office da auch gleich noch ans Herz gelegt)
Heute beginnt in die 8. Ausgabe von Fantoche, dem internationalen Animationsfilmfestival (ich bin im Vorstand des Vereins). Fantoche war immer am Puls der Zeit und ist es jetzt, im neuen jährlichen Rhythmus, erst recht. Ein spannender Schwerpunkt, der sich schon in der letzten Ausgabe abzeichnete, ist das Grenzgebiet zwischen Animationsfilm und Game-Entwicklung. FAntoche widmet sich der Gamekultur mit einer ganzen Reihe von Ausstellungen, Podien und Veranstaltungen. Die Beschäftigung mit der Game-Kultur ist gerade für angestammte Filmjournalisten ein zwiespältiges Feld. Einerseits spüren wir alle die Verwandschaft (und die Konkurrenz, die dem traditionellen Kino erwachsen ist), andererseits hängen die meisten von uns an Linearität, Storyline und Plot. Entsprechend eingeengt schreiben denn auch die meisten über das weite Feld. Blogkollege Christof Zurschmitten von nahaufnahmen.ch hat mich auf einen Aufsatz aufmerksam gemacht, mit dem er versucht hat, das übliche Schreiben für Game-Insider zu durchbrechen:
In der SZ von gestern fasst Fritz Göttler einmal mehr zusammen, warum der 3D-Boom bereits in der Sackgasse steckt. Was James Cameron mit Avatar demonstriert hat, hätte wohl eine Zukunft gehabt. Aber die industrialisierte Billig-Umrechnerei des Materials auf zwei flaue Halbbilder entspricht letztlich eher der Fernsehtechnik. Ich bin dankbar dafür, dass Nolan bei Inception auf den Schnickschnack verzichtet hat, der Film hätte gelitten.