Cannes: Charlie Kaufman ufert aus

Synechdoche New YorkCharlie Kaufman, der geniale Drehbuchautor, der uns Being John Malkovich geschenkt hat, und Eternal Sunshine of the Spotless Mind, hat sich mit Synechdoche New York zum ersten Mal als Regisseur betätigt – und ist einigermassen gescheitert damit. Nicht, weil der Film schlecht konstruiert oder gar inhärent uninteressant wäre, sondern ganz einfach, weil dieses Story-Monster dermassen ausufert, dass das Publikum ermüdet aussteigt, lange bevor der Zerfall der Hauptfigur ihren Höhepunkt erreicht hätte. Im Zentrum steht der vom genialen Philip Seymour Hoffman gespielte Theaterregisseur Caden, dem das Leben zunehmende entgleitet. Seine Frau verlässt ihn mit seiner Tochter, seine Liebschaften scheitern, nur ein riesiges Stipendium hält ihn am Leben, das es ihm ermöglicht, ein ehrgeiziges Projekt zu realisieren: Sein Leben in Echtzeit. Das bedeutet, dass für jede Figur aus seinem Leben ein Schauspieler oder eine Schauspielerin einspringt. In einer riesiegen Halle wird New York als Bühnenlandschaft aufgebaut, inklusive der Halle selber. Und bald sind die Figuren nicht nur doppelt vorhanden, im Stück und in Cadens Leben, sondern dreifach oder mehr. Kaufman spielt seine Obsession vom Kopf, der sich im Kopf einen Kopf ausdenkt, in allen denkbaren Varianten durch, leider ohne damit neue Einsichten zu generieren. So verliert sich der Film bald in einer multiplen Versuchsanlage, in der einzelne Einfälle brillieren, aber die Stimmung immer mehr auf Verzweiflung zu läuft. Dass zum Beispiel Cadens Freundin in einem Haus lebt, das permanent in Flammen steht, macht Spass, zumal wenn man die amerikanische Redewendung dazu nimmt «they get along like a house on fire». Überhaupt ist Kaufmans Hang zu intellektueller Sprachspielerei zunächst sehr amüsant, mit der Zeit aber vor allem anstrengend. Nur schon der Titel, der mit jener Sprachfigur spielt, in der ein Teil das Ganze oder das ganze einen Teil bezeichnet, ist eine Blaupause des Prinzips, zugleich aber auch seine Erstarrung.

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