Annie Girardot est morte

Ihre Karriere war länger und ihre Filme vielfältiger, als die Erinnerung zunächst preisgibt. Bei Visconti in Rocco e i suoi fratelli zeigte sie Raffinesse und Bein um Alain Delon herum. Bei Haneke war sie noch in diesem Jahrtausend in Caché und La pianiste dabei (trotz Alzheimer, wie sich später zeigen sollte), aber bei über 160 Filmen fällt es nicht nur schwer, sich an alle zu erinnern, sondern auch, sich für den schönsten zu entscheiden. Annie Girardot hat in alle Richtungen gespielt und sie hatte stets eine unvergessliche Leinwandpräsenz. Die Szene oben stammt bestimmt nicht aus ihrem besten Film – aber was sie da wortlos neben Belmondo an den Tag legt…  Heute ist sie in Paris gestorben.

Filmpodcast Nr. 222: True Grit, La dernière fugue, Bambi, Léa Pool.

Jacques Godin, Andrée Lachapelle in 'La dernière fugue' von Léa Pool ©filmcoopi
Jacques Godin, Andrée Lachapelle in 'La dernière fugue' von Léa Pool ©filmcoopi

Schnapszahl! Die 222. Filmrolle der DRS-Filmredaktion. Wir bleiben nüchtern, im Gegensatz zu Marshall Reuben ‚Rooster‘ Cogburn in True Grit, den wir heute vorstellen. Dann: Léa Pools neuer Film La dernière fugue, die Neuedition von Disneys Bambi, und schliesslich kommt die Kanada-Schweizerin Léa Pool selber ausführlich zu Wort. Dazu Kurztipps und Tonspur.

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Wer möchte Kummer werden?

SFT Stelle

Es ist so weit. Die Solothurner Filmtage haben die Stelle ihres in die Sektion Film des Bundes wechselnden Direktors Ivo Kummer zu 60-80% ausgeschrieben. Den Buchstaben nach ist das tatsächlich eine richtige, öffentliche Ausschreibung. Da die Filmtage aber grundsätzlich extrem gut verwurzelt sind in ihrer Heimatstadt, würde es sicher nicht schaden, da aufgewachsen zu sein. Es dürfte auch nicht schaden, eine Frau zu sein – es gibt zur Zeit in der Schweiz erst zwei Festivaldirektorinnen: Duscha Kistler vom Fantoche und Anaïs Emery vom NIFFF.

Nachtrag 21.30 Uhr: Daniel Fuchs von den Solothurner Filmtagen ergänzt zu recht:

A propos Frauen: es gibt da noch Claudia Durgnat (Cinémas Tous Ecrans) eine Doppel-Frauendirektion bei Black Movie. Bei den Kurzfilmtagen eine Co-Direktorin (Delphine Lynert) und bei Nyon war über ein Jahrzehnt auch eine Co-Direktorin am Werk (Gabi Bussmann) :-)

Was wiederum nur bedingt stimmt, weil G. Bussmann den Co-Direktions-Status, den sie de facto mit ihrem Mann Jean Perret von Anfang an hatte, erst relativ spät auch vom Festival-Vorstand zugestanden bekommen hatte. Was nicht heisst, dass sie keine Kandidatin für Solothurn sein könnte, schliesslich wurde sie auch als Anwärterin für den Chefposten in der Sektion Film im BAK gehandelt.

Die Unverpassbaren, Woche 8

James Franco (nicht mehr im Bild) in '127 hours' von Danny Boyle ©pathé films
James Franco (nicht mehr im Bild) in '127 Hours' von Danny Boyle ©pathé films

Erst diese fünf Filme sehen. Dann alle anderen.

  1. True Grit von Joel und Ethan Coen. Die Neuinterpretation des Romans von Charles Portis ist nicht nur witziger, sondern auch bissiger: Corporate America löst den Wilden Westen ab.
  2. La dernière fugue von Léa Pool. Familiendrama um das gewünschte Ende eines kranken alten Mannes. Komisch, ernsthaft und sorgfältig.
  3. 127 Hours von Danny Boyle. Ein blutiger Aufhänger am Ende. Davor aber stehen 80 Minuten furioses Nicht-Wohlfühlkino. Thomas Meier hat recht.
  4. The King’s Speech von Tom Hooper. Colin Firth als königlicher Stotterer und Geoffrey Rush als ruppiger Sprechtrainer spielen Schau, was das Zeug hält. Da fallen historische Realitäten und Kontroversen nicht so ins Gewicht.
  5. Goodnight Nobody von Jacqueline Zünd. Vier schlaflose Menschen auf vier Kontinenten. Ein dokumentarisches Traumbild der Nacht, stark und schön.

Im Filmpodcast morgen mehr zu True Grit und La dernière fugue, der DVD-Tipp zu Bambi und ein Gespräch mit Léa Pool.

Sennhausers 2011 Academy Awards Prognosen

Oscarbanderole2011

Ja, die Liste…  schon letztes Jahr habe ich mich durchschnittlich verhauen (11 Treffer in 24 Kategorien), also versuchen wir es auch dieses Jahr (14 Treffer in 24 Kategorien) wieder. Kollege Patrick Bürgler hat schon. Und Tausende andere auch. Wer auf der offiziellen Seite mit klicken möchte, kann sich da in einen ziemlich überhypten social media event einklinken. Ich liste diesmal meine Wunschgewinner zusätzlich in blau und jene, die wohl bei der Mehrheit der überalterten und konservativen Academy das Rennen machen werden, in grün. Wenn sie identisch sind, bleibt es bei der grünen Markierung (überaltert bin ich auch, und manchmal auch konservativ. Rettet das Kino!) Und post festum, am 28. Februar, werde ich alle tatsächlichen Gewinner, sofern sie von meinen Prognosen abweichen, in Orange ergänzen. So here we go:

Hören: Sennhausers Kommentar DRS2aktuell, 28. Februar 2011 „Sennhausers 2011 Academy Awards Prognosen“ weiterlesen

Berlinale 11: Bilanzrunde

Wim Wenders und Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der 'Pina'-Premiere ©Berlinale 2011
Wim Wenders und Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der 'Pina'-Premiere ©Berlinale 2011

Die 61. Berlinale ist fast schon Vergangenheit. Bekannte Namen waren zugegen – etwa Ralph Fiennes, der mit Coriolanus sein Debut als Spielfilmregisseur gab, oder Wim Wenders, der seinen Dokumentarfilm zu Pina Bausch in 3D-Technik gefilmt hat. Nicht nur für Enttäuschungen, sondern auch für Entdeckungen war der Berliner Wettbewerb gut. Im Radiostudio am Potsdamer Platz trifft Brigitte Häring heute die ZEIT-Filmkritikerin Katja Nicodemus und den Schweizer Filmjournalisten Martin Walder zur einer Bilanz der diesjährigen Berlinale.

Freitag, 18. Februar 2011, 11.00-11.30, sowie 22.04 Uhr auf DRS2, etwas später heute jetzt auch direkt hier im Blog als MP3-Download oder zum Nachhören:

Berlinale 11: OFF BEAT von Jan Gassmann

'Off Beat' von Jan Gassmann
'Off Beat' von Jan Gassmann

Jan Gassmann ist noch junge 28 Jahre alt – und ist schon zum zweiten Mal mit einem Langfilm an der Berlinale. 2007 zeigte der Zürcher Jungfilmer den Dokumentarfilm Chrigu, den er zusammen mit und über seinen krebskranken und sterbenden Freund Christian Ziörjen gedreht hatte. Jetzt war er zurück im grossen Kinosaal auf der 61. Berlinale und zeigte grosses Kino: Seinen ersten Spielfilm Off Beat. Der Saal bei der Premiere war bis auf den letzten Platz voll und – noch wichtiger – er blieb es auch. Wieder hat Jan Gassmann für einen Film mit einem Jugendfreund zusammen gearbeitet: diesmal mit dem Musiker und Rapper Hans-Jakob Mühletaler. Der schrieb nicht nur die ganze Musik und die Raptexte zum Film, er spielte auch gleich die Hauptrolle selber. „Berlinale 11: OFF BEAT von Jan Gassmann“ weiterlesen

Filmpodcast Nr. 221: The King’s Speech, Berlinale 2011, Despicable Me.

Ditta Miranda Jasifi in 'Pina' von Wim Wenders. Foto: Donatella Wenders ©Neue Road Movies GmbH
Ditta Miranda Jasifi in 'Pina' von Wim Wenders. Foto: Donatella Wenders ©Neue Road Movies GmbH

Kino im Kopf: Hannes Nüsseler hat The King’s Speech gesehen, Brigitte Häring war an der Berlinale, ich empfehle die DVD von Despicable Me und dazu haben wir die üblichen Kurztipps und eine Tonspur.

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Die Unverpassbaren, Woche 7

Colin Firth und Helena Bonham-Carter in 'The King's Speech' ©Ascot Elite

Erst diese fünf Filme sehen. Dann alle anderen.

  1. The King’s Speech von Tom Hooper. Colin Firth als königlicher Stotterer und Geoffrey Rush als ruppiger Sprechtrainer spielen Schau, was das Zeug hält. Da fallen historische Realitäten und Kontroversen nicht so ins Gewicht.
  2. Goodnight Nobody von Jacqueline Zünd. Vier schlaflose Menschen auf vier Kontinenten. Ein dokumentarisches Traumbild der Nacht, stark und schön.
  3. Rubber von Quentin Dupieux. Grossartig, absurd, clever und sehr, sehr Killerpneu.
  4. Black Swan von Darren Aronofksy. Der Mann hat offenbar ein Hühnchen zu rupfen mit der Leistungsgesellschaft. Diesmal spielt die grazile Natalie Portman The Wrestler im Tutu. Das ist schrecklich schön simpel grauslich.
  5. Les amours imaginaires von Xavier Dolan. Der knapp über zwanzigjährige Kanadier schafft den unverschämten, jungen Film über das Verliebtsein als Konzept und Grundhaltung ohne Zynismus und theoretischen Unterbau, wie ihn etwa Tom Tykwer bei Drei bemüht.

Im Filmpodcast morgen mehr zu The King’s Speech, der DVD-Tipp Despicable Me und viel viel mehr von Brigitte Häring und der Berlinale.

Berlinale 11: THE FUTURE von Miranda July

Miranda July lehnt sich aus dem Fenster in 'The Future'

Der Film beginnt mit schwarzer Leinwand und einer seltsam verstellten Stimme aus dem Off, die davon erzählt, wie es ist, echte Dunkelheit zu kennen, ohne Aussicht auf ein warmes Plätzchen. Bald wird klar, wer oder was da spricht: es ist eine streunende Katze. Miranda July, die schräge US-amerikanische Performance-Video-Filmkünstlerin hat im Berlinale-Wettbewerb ihren neuen Film The Future präsentiert. Der ist so leise und fein und subtil, dass er droht, in diesem zuweilen rauhen, zuweilen düster schweren Wettbewerb etwas unter zu gehen. Die skurrile Künstlerin und Filmemacherin gewann mit ihrem Erstling Me And You And Everyone We Know in Cannes gleich die Camera d’Or.
Ihr neuer Film ist das lakonische Porträt eines Paares Mitte 30, das in Langeweile und Routine feststeckt. „Berlinale 11: THE FUTURE von Miranda July“ weiterlesen