Berlinale 11: THE FUTURE von Miranda July

Miranda July lehnt sich aus dem Fenster in 'The Future'

Der Film beginnt mit schwarzer Leinwand und einer seltsam verstellten Stimme aus dem Off, die davon erzählt, wie es ist, echte Dunkelheit zu kennen, ohne Aussicht auf ein warmes Plätzchen. Bald wird klar, wer oder was da spricht: es ist eine streunende Katze. Miranda July, die schräge US-amerikanische Performance-Video-Filmkünstlerin hat im Berlinale-Wettbewerb ihren neuen Film The Future präsentiert. Der ist so leise und fein und subtil, dass er droht, in diesem zuweilen rauhen, zuweilen düster schweren Wettbewerb etwas unter zu gehen. Die skurrile Künstlerin und Filmemacherin gewann mit ihrem Erstling Me And You And Everyone We Know in Cannes gleich die Camera d’Or.
Ihr neuer Film ist das lakonische Porträt eines Paares Mitte 30, das in Langeweile und Routine feststeckt.

Hamish Linklater und Miranda July in 'The Future'

Am liebsten sitzen die beiden auf dem Sofa, surfen mit ihren Laptops im Internet und führen dazwischen absurde Dialoge. Sophie und Jason haben beschlossen, eine kranke Katze zu adoptieren, um ihrem Leben etwas Sinn zu geben (eben diese Katze aus dem Vorspann). Sie gehen allerdings davon aus, dass diese Katze, wie ihnen der Tierarzt beim ersten Besuch sagte, nur noch ein halbes Jahr zu leben hat. Danach, so denken die beiden, seien sie wieder frei. Katzenpflege auf Zeit – als eine Art Paar- und Lebenstherapie. Es stellt sich allerdings heraus, dass diese Katze, die sie in einem Monat aus dem Tierheim abholen können, nun doch zäher ist als erwartet. Und so ist den beiden klar: mit dem Datum der Adoption ist es vorbei mit ihrem freien Leben. Sie beschliessen, in diesem letzten freien Monat noch alles zu tun, was sie immer wollten. Sophie kündigt ihren Job als Kindertanzlehrerin und möchte das Projekt «30 Tage, 30 Tänze» umsetzen. Jason kündigt ebenfalls und beginnt, sich als Umweltaktivist zu engagieren.

Das tönt alles viel aufregender und spektakulärer, als es wirklich dargestellt ist. Denn Sophie und Jason sind nicht nur sehr schräge Figuren, sie sind auch beide unheimlich lethargisch, so dass man irgendwie das Gefühl hat, beider Leben läuft quasi in Zeitlupe ab – und als Sophie wegen einer Affäre mit Jason Schluss machen will, stoppt die Zeit schliesslich ganz. Kommentiert wird die Geschichte immer wieder von der Stimme der Katze, die im Tierheim darauf wartet, von den beiden endlich abgeholt zu werden.

Der Film wird wohl wenig Chancen haben in Berlin – zu verschroben, zu fein und vielleicht auch zu klein ist er, man könnte fast sagen zu feminin und zu wenig laut für einen Wettbewerb, der hier die ganz grossen Probleme wälzt. Aber zumindest Jury-Präsidentin Isabella Rossellini, die ihrerseits schräge, experimentelle Kurzfilme produziert, wird Freude haben an diesem Film, der mein heimlicher Lieblingsfilm der Berlinale 2011 ist.

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