Mit Emilia Clarke, der «Mother of Dragons» aus «Game of Thrones» wurde am Freitagabend das 22. Neuchâtel International Fantastic Film Festival NIFFF eröffnet. In der Science-Fiction Dramödie «The Pod Generation» nehmen eiförmige tragbare Brutpods den Frauen die Schwangerschaft ab.
Emilia Clarke und die Eier… nichts als Probleme mit dem auszubrütenden Nachwuchs. In «Game of Thrones» hat sich ihre Hartnäckigkeit mit den Dracheneiern gelohnt, die ausgewachsenen Biester sicherten der Khaleesi ihre Macht – wenn auch nicht auf Dauer.
In Sophie Barthes Science-Fiction-Satire The Pod Generation ist Clarke die junge Karrierefrau Rachel Novy in New York und gerät wieder in Schwierigkeiten mit eigenartigen Eiern.
Sie hat sich, um ihre Aufstiegschancen in der Firma nicht durch Schwangerschaft zu gefährden, für das Pod-Föten-Programm des Tech-Giganten Pegazus angemeldet.
Ihre Freundin und Vorgesetzte in der Firma feiert die externalisierten Uteri – sie sehen aus wie riesige von Apple designte Eier und sind vollkommen App-gesteuert – als ultimative feministische Befreiung.
Rachels Problem ist ihr Mann Alvy (Chiwetel Ejiofor), ein Botanikprofessor und Naturfanatiker, der am glücklichsten ist, wenn er seine Finger in der Pflanzenerde seiner vielen Bäumchen und Sträucher vergraben kann.
Sophie Barthes inszeniert das mit ihrem Ehe- und Kameramann Andrij Parekh angemessen futuristisch in einem New York, das zwischen Tatis Modern Times und dem Apple-Universum durchgestylt und steril erscheint.
Die satirische Seite des Films ist relativ dünn. Natürlich bekommt die effizienzgetriebene Verlogenheit der Corporate-Welt ihr Fett weg, und die Brüter-Abteilung von Pegazus ist der Inbegriff der verabsolutierten Tech-Hybris, angeführt von einem von Jean-Marc Barr verkörperten Elon-Musk-Steve-Jobs-Klon.
Im Kern aber verhandelt der Film recht anrührend Mutter- und Elternschaft und Sophie Barthes findet auch einen hübschen Twist, um zur Sache zu kommen: Weil Alvy seiner Frau zuliebe schliesslich in eine Pod-Schwangerschaft einwilligt, und weil er mehr Zeit in der Wohnung verbringt, entwickelt er überraschend väterliche Gefühle für das Kind im Plastik-Ei, das er schliesslich immer mit sich trägt.
Und Rachel entwickelt den «Uterus-Neid», den ihre feministische Freundin zuvor den Männern unterstellt hat.
Die philosophischen und psychologiehistorischen Seiten des Drehbuches der französisch-amerikanischen Filmemacherin schlagen sich etwas gar oft in Dialogen nieder. Allerdings findet sie auch witzige bildhafte Umsetzungen.
So ist etwa Rachels Therapeutin eine künstliche Intelligenz, gottgleich repräsentiert von einem riesigen Auge im Blumenkranz. Und sie hat gleich die ganze Psychologie des 20. Jahrhunderts verworfen, bis hin zu den Trauminterpretationen. Was einen schönen Kontrast bildet zu den vielen Traumsequenzen, die Rachel rund um die externalisierte Schwangerschaft erlebt.
Und die wiederum gehen zurück auf die Träume der Filmemacherin, die sie vor 14 Jahren während ihrer Schwangerschaft bei ihrem ersten grossen Filmprojekt geträumt hat:
Ein Buch über natürliche Bindung zwischen Eltern und Kindern, das Alvy von seinem Vater geschickt bekommt, lässt das Paar zuerst staunend lachen, stammt es doch aus dem Jahr 1974. Aber vielleicht sei ja doch etwas dran meint Alvy.
1974 ist das Geburtsjahr der Filmemacherin Sophie Barthes.
Die Darsteller holen ein Maximum aus ihren nicht ganz einfachen Rollen heraus. Insbesondere Chiwetel Ejiofor gelingt als Alvy eine verletzliche, rührende Männlichkeit mit einem Maximum an Würde. Emilia Clarke kämpft dagegen an, dass ihre Rolle zunächst mehr Katalysator und Funktion zu sein hat, als eine psychologisch glaubwürdige Frauenfigur. Am stärksten ist sie in den Traumsequenzen und dann gegen Ende des Films, wenn sich ihre Rachel gefunden hat.
Kinostart Deutschschweiz via Ascot-Elite: 14. September 2023