David Carradine ist gestorben

David Carradine Kung Fu Kill Bill

Er war, neben Captain Kirk, einer der Helden meiner Jugend: David Carradine, der westwandernde Kung-Fu-Kämpfer Caine aus jener Fernsehserie, deren Wurfsterne wir aus Messingblech nachbauten. Später habe ich ihn dann in unzähligen B-Pictures gesehen, sein Gesicht wurde immer faltiger, er glich immer mehr seinem Vater. Mit 222 Filmtiteln als Schauspieler in der ImdB gehört er zu den Darstellern, die einfach jeder und jede mindestens einmal im Leben irgendwo gesehen hat. Und spätestens mit seiner Denkmalrolle als Bill in Quentin Tarantinos Kill Bill war er auch für die nächste Generation wieder ein Gesicht.

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Wall Street 2 mit Javier Bardem

wall street poster 2 montage

Es hat ihn ja jucken müssen, den eifrigen Oliver Stone: Da crashen die Finanzzentren und plötzlich sind die Masters of the Universe wieder die Prügelknaben der Nation. Gordon Gekkos Motto „Greed is good. Greed works“ ist längst ein geflügeltes Wort geworden, und trotzdem ist Stones Klassiker Wall Street von 1987 noch immer der einzige Spielfilm, den die meisten Leute spontan im Zusammenhang mit Finanzjongleuren nennen können. Dabei gab es durchaus noch andere, etwa Brian De Palmas sträflich unterschätzen The Bonfire of the Vanities nach Tom Wolfe (die Verwandtschaft haben auch die beiden Originalposter seinerzeit unterstrichen):

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Basterds zerstören die deutsche Sprache

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… zumindest wenn man nach der Website des Schweizer Tages-Anzeigers geht, auf der heute obiger Zwischentitel in einer kleinen Zusammenfassung des österreichisch-deutschen Streits um die Rechte für die Anmeldung von Hanekes Das weisse Band für den Fremdsprachenoscar zu finden war.

Cannes 09: Visage

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Laetitia Casta in Tsai Ming-Liangs 'Visage'

Wenn man von den Poeten des Kinos redet, dann gehört Tsai Ming-Liang aus Taiwan, bzw. Malaysia dazu – allerdings zu den Pop-Art-Poeten. Wer an seinen Berlinale-Beitrag The Wayward Cloud (Tian bian yi duo yun) von 2005 erinnert, redet unwillkürlich vom „Melonenfilm“, die wilde Kombination von Sex und Wassermelonen ist schlicht nicht aus dem Gedächnis zu löschen. Aber auch sonst sind dem unglaublich produktiven Regisseur einige der stärksten Bilder des letzten Jahrzehnts gelungen. Wären seine Filme nicht dermassen poetisch verrätselt und l_a_n_g_s_a_m, wäre er wohl längst ein Popstar. Was also war zu erwarten, wenn Tsai Ming-Liang eine Einladung des Louvres annimmt, im Auftrag des grössten Kunstmuseums der Welt absolut frei einen Film zu entwickeln? Auf keinen Fall das, was hier in Cannes zu sehen war – andererseits: Warum denn nicht?

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Cannes 09: The Imaginarium of Doctor Parnassus

Heath Ledger as Tony in Dr Parnassus
Heath Ledger als Tony in 'The Imaginarium of Doctor Parnassus'

Terry Gilliam ist der grosse Don Quijote des fantastischen Films, der Mann der niemals aufgibt. Nach dem Tod seines Hauptdarstellers Heath Ledger im Januar 2008 stand er mit seinem zu guten Teilen abgedrehten The Imaginarium of Doctor Parnassus wieder einmal vor dem Abgrund, wie so oft in seiner Karriere. Aber anders als bei seinem Don Quijote-Projekt (das schliesslich nur zu einem Dokumentarfilm über das spektakuläre Scheitern führte), kam diesmal Hilfe. Heath Ledgers Freunde Johnny Depp, Colin Farrell und Jude Law sind eingesprungen. Das war möglich, weil der Film ohnehin Transformationen vorsah. Das Imaginarium des Doktors Paranassus ist nämlich ein Spiegel auf der Wanderbühne einer ziemlich heruntergekommenen Truppe. Wer durch den Spiegel geht, findet sich in der Welt seiner Träume wieder. Oder aber in der Welt seiner Alpträume.

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Filmpodcast Nr. 130: Vor-Bilanz Cannes, Ricky, Easy Rider

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Herzlich Willkommen zu Kino im Kopf mit Brigitte Häring:

  • Wir sind immer noch am angesagtesten Festival des Jahres, in Cannes – Michael Sennhauser hat viele Filme gesehen – begeisternde und enttäuschende.
  • Bei uns ist derweil Ricky angelaufen, der komische und schräge Film des erstaunlichen Franzosen François Ozon.
  • Schliesslich blicken wir zurück auf eine Cannes-Premiere von vor 40 Jahren: auf die Mutter aller Road-Movies, Easy Rider.
  • Drei Tage vor der Verleihung der goldenen Palme von Cannes versuchen Michael Sennhauser und seine deutschen Kolleginnen Anke Leweke und Katja Nicodemus eine vorläufige Bilanz der 62. Ausgabe von «Le festival».
  • Dazu wie immer Kurztipps der Filme, die Sie nicht verpassen sollten, und das Tonspurrätsel.

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Cannes 09: The Time that Remains

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Der israelische Palästinenser Elia Suleiman ist noch in bester Erinnerung für seinen Cannes-Beitrag von 2002: Divine Intervention. Der urkomische, lakonisch-poetische Stil, mit dem er damals die Absurditäten im täglichen Leben im nahen Osten ins Auge fasste, hat den Film zu einer dauerhaften Erinnerung gemacht. Und Suleimans neuer, der heute hier in Cannes im Wettbewerb gezeigt wurde, führt den eigenwilligen Stil weiter in die Vergangenheit. Suleiman erzählt aus der eigenen Familiengeschichte und seiner Kindheit und Jugend in Nazareth. Zunächst aber von 1948, dem Gründungsjahr Israels, der Eroberung oder Befreiung Nazareths, je nach Perspektive, und von seinem Vater, einem Widerstandskämpfer.

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Cannes 09: Untertitelte Basterds

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Yes! Yes! Yes! Yes! Martin Wuttke als Hitler in 'Inglourious Basterds'

Ich gehöre ja leider zur Fraktion jener, die von Tarantinos neuem Opus enttäuscht sind, unter anderem, weil ich finde, dass das serielle Nazikillen eher in einen Egoshooter gehört als ins Kino. Aber einen Verdienst hat Inglourious Basterds auf sicher: Tarantino spielt mit den Sprachen, er lässt die Figuren in ihren jeweiligen Landessprachen (und fremdem Italienisch) reden und bringt immer wieder Untertitel ins Bild. Genau jene Untertitel, von denen ein paar Schweizer Kinobetreiber und Verleiher behaupten, ihr Publikum goutiere sie nicht mehr.

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Cannes 09: Das weisse Band

dasweisseband michael haneke

Michael Haneke, der Österreicher, ist längst auch ein Franzose hier in Cannes. Spätestens seit seinen französischen Filmen wie Code inconnue oder Caché mit Juliette Binoche, ist er hier in Cannes jeweils auch angetreten à defendre la France, wie die Franzosen das gerne sehen. Mit Das Weisse Band ist er allerdings zurück in der unheimlichen Heimat. Nicht gerade Österreich, mehr das protestantische Norddeutschland, dazu kurz vor dem ersten Weltkrieg, in einem Dorf, das eine Welt ist. Aber was sich da abspielt, unter der dünnen Oberfläche des Alltags, das ist so mörderisch und niederträchtig, dass man sich trotzdem im österreichischen Kino wähnt.

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Cannes 09: Drag Me to Hell

Drag Me to Hell Sam Raimi

Die bösen Toten, die Evil Dead, sind Sam Raimis Hauptdomäne, auch wenn ich persönlich seine Ausflüge ins Comic-Genre interessanter finde, angefangen bei Darkman bis hin zu seiner Spiderman-Serie. Mit Drag Me to Hell, der hier in Cannes ausser Konkurrenz gezeigt wurde, zerreisst Raimi nun allerdings keine Stricke. Das ist eine kompetent und effizient gemachte Variation bekannter Vorbilder. Die von Alison Lohman gespielte junge und ehrgeizige Bankfrau verweigert einer alten Zigeunerfrau die Schuldenverlängerung, worauf sie von dieser sehr unappetitlich verflucht wird. Eine Lamia hat sie ihr auf den Hals gehetzt, einen Höllengeist, der sie drei Tage plagen und dann in die Hölle zerren wird.

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