Schweizer Filmpreis: Ein Teenager auf dem Weg zur Selbstfindung

Beste Darstellerin? Mona Petri für  'Verliebte Feinde'
Beste Darstellerin? Mona Petri für ‚Verliebte Feinde‘

Am Samstag, dem 23. März, werden in Genf die Schweizer Filmpreise 2013 vergeben. Das Schweizer Äquivalent zu den amerikanischen Academy-Awards geht zum ersten Mal in der Westschweiz über die Bühne. Zuvor sind die nominierten Filme im Zürcher Filmpodium und in den Genfer Cinémas du Grütli zu sehen.

Von Solothurn nach Luzern, von Luzern nach Genf und von Genf nächstes Jahr zurück nach Zürich: Der Schweizer Filmpreis bleibt in Bewegung – und auf der Suche nach sich selber.

15 Jahre hat der ehemalige «Quartz» auf dem Buckel und ist noch immer ein zögerlicher Teenager. Am Anfang stand der Traum, den Schweizer Filmschaffenden mit einer Award-Show nach dem Vorbild der Oscars mehr Wahrnehmung und Anerkennung in der Öffentlichkeit zu verschaffen. Dazu wurden die Qualitätsprämien aus der Filmförderung des Bundes in Preisgelder umgemünzt und eine Akademie der Schweizer Filmschaffenden gegründet. Die Akademie nominiert seither in einem laufend verfeinerten Verfahren die Kandidatinnen und Kandidaten und stimmt danach über die effektiven Preisträger ab.

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LAURENCE ANYWAYS von Xavier Dolan

Suzanne Clément ©filmcoopi
Suzanne Clément ©filmcoopi

Der Kanadier Xavier Dolan gilt als Filmwunder. Mit dreiundzwanzig Jahren hat er bereits drei Spielfilme ins Kino gebracht und eine Festivalkarriere am Laufen. Mit Laurence anyways erzählt er die Geschichte eines Mannes, der als längst Erwachsener beschliesst, als Frau weiterzuleben.

Laurence Emmanuel James Alia ist der Name des von Melvil Poupaud gespielten Mannes, zu Beginn des Films ein arrivierter Romanautor und Lehrer für Literaturgeschichte. Und in einer mehrjährigen und glücklichen Liebesbeziehung mit der quirligen Fred (Suzanne Clément, die in Cannes für diese Rolle ausgezeichnet wurde). Eines Abends macht er eine Rückblende: «Schon als ich dich das erste Mal sah, Fred, dachte ich: Das wird funktionieren. Ich liebe Dich so sehr… ich muss dich so lieben, wie ich bin!» „LAURENCE ANYWAYS von Xavier Dolan“ weiterlesen

THE MAKING OF JESUS CHRIST von Luke Gasser

The Making of Jesus Christ
©jeridoo productions

Mit historisierender Alpen-Fantasy wie Anuk – Der Weg des Kriegers ging der Innerschweizer Rockmusiker und Filmemacher Luke Gasser unbeirrt den Weg des grössten Widerstands. Sein jüngstes Werk ist The Making of Jesus Christ – ein Dokumentarfilm.

Über einem flirrenden Musikteppich eine Frauenstimme: „Am Anfang war das Wort. Und das Wort war bei Gott…“

Der Beginn des Johannes-Evangeliums. Ein ungewohnter, unerwarteter Anfang – für einen Luke-Gasser-Film. Der Musiker und filmische Autodidakt aus dem Kanton Obwalden erscheint uns Unterländern hin und wieder wie ein Findling, einer jener von eiszeitlichen Gletschern zurückgelassenen fremdartigen Felsbrocken. Dezidiert misstrauisch gegenüber jedem intellektuellen Gehabe, hielt er es bisher eher mit der Wucht der Mythen, der Rockmusik – und der entsprechenden Selbstinszenierung. Und auf genau diesem Weg nähert sich Luke Gasser nun der historischen Figur von Jesus Christus an. „THE MAKING OF JESUS CHRIST von Luke Gasser“ weiterlesen

Oscars 2013: Thank God it’s over…

"Gegen diesen Bon erhalten sie ihren Oscar!"  Ben Affleck in 'Argo'
„Gegen diesen Bon erhalten sie ihren Oscar!“ Ben Affleck in ‚Argo‘

Die lange Nacht der Oscars war wieder einmal besonders lang. Nicht nur darum, weil die Zieldauer von drei Stunden um mehr als eine halbe Stunde überzogen wurde. Sondern, und vor allem, weil die Überraschungen ausblieben.

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Berlinale 13: Bilanz mit Katja Nicodemus und Peter Claus

Berlinale Palast

Die 63. Berliner Filmfestspiele sind schon fast Geschichte. Am Samstag werden die Preise der Jury unter dem Vorsitz von Wong Kar Wei vergeben. Insgesamt konkurrierten im Wettbewerb neunzehn Filme um den einen Goldenen und die acht Silbernen Bären. Im Berlinale-Studio am Potsdamer Platz zieht Michael Sennhauser eine erste Bilanz mit Katja Nicodemus von der «Zeit» und dem freien Berliner Filmjournalisten Peter Claus.

Hören:

Bilanz-Reflexe 63. Berlinale (Rechtsklick für Download)

Berlinale 13: UROKI GARMONII – Harmony Lessons – von Emir Baigazin

© Harmony Lessons Film Production

Manchmal, ganz selten, erkennt man ein filmisches Meisterwerk schon an seiner ersten Einstellung. Das ist mir heute früh bei der ersten Vorführung von Harmony Lessons nicht passiert. Da blickt die Kamera im Panoramaformat auf das wogende Gras der kasachischen Steppe. Ein Junge im Anzug tritt abrupt von links ins Bild und schreitet dann ins Grasmeer hinaus.

Ach je, dachte ich. Einer von denen. Wahrscheinlich ist der geliebte Grossvater gestorben und gleich lernen wir den Rest der weiterverzweigten Grossfamilie kennen, die für die Beerdigung angereist ist. Der Junge wollte mit seiner Trauer einen Moment allein sein.

So kann man sich täuschen.

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Berlinale 13: NACHTZUG NACH LISSABON von Bille August

Martina Gedeck, Jeremy Irons © Concorde Filmverleih
Martina Gedeck, Jeremy Irons © Concorde Filmverleih

Bestsellerverfilmungen sind grundsätzlich heikler als andere Literaturverfilmungen. Schliesslich ist ein gegebenes Ziel das Erreichen genau jenes Publikums, das schon das Buch gekauft und geliebt hat. Nun hat sich Pascal Merciers Roman Nachtzug nach Lissabon weltweit in 32 Sprachen bestens verkauft. Ein Indiz dafür, dass sich das Buch übersetzen lässt.

Die „Übersetzung“ in einen Film dagegen bedingt immer eine Entscheidung für die Reduktion auf einen Aspekt. In der Regel ist das die Handlung, der Plot, die Storyline. Wenn ein Buch darüber hinaus nch mit sprachlicher Aesthetik operiert, mit philosophischen Gedanken, kurz, mit reinen Ideen… dann wird es schwieriger. Aber nicht unmöglich, wie Bille August beweist. „Berlinale 13: NACHTZUG NACH LISSABON von Bille August“ weiterlesen

Berlinale 13: PRINCE AVALANCHE von David Gordon Green

Emile Hirsch, Paul Rudd
Emile Hirsch, Paul Rudd

Dass die Amerikaner gerne Remakes drehen von originellen und/oder erfolgreichen Filmen in fremden Zungen, das ist nicht der Rede wert. Dass so ein Remake im Wettbewerb der Berlinale läuft, schon eher. Prince Avalanche ist das amerikanische Remake von Hafsteinn Gunnar Sigurðssons Á annan veg, einer erst zwei Jahre alten dramatischen Komödie aus Island.

Aber irgendwie ist es Green gelungen, sich das Material wirklich zu eigen zu machen. Er siedelt die Geschichte der zwei Männer in der Semi-Wildnis im Texas von 1988 an. Der ältere Alvin und der jüngere Lance sind damit beschäftig, hunderte von Kilometern Strasse nach den Waldbränden vom Vorjahr mit neuen Reflektorstangen und der gelben Mittellinie zu versehen. Ein einsamer Sommerjob für fast echte Männer. „Berlinale 13: PRINCE AVALANCHE von David Gordon Green“ weiterlesen

Berlinale 13: EPIZODA U ZIVOTU BERACE ZELJEZA – An Episode in the Life of an Iron Picker – von Danis Tanovic

Senada Alimanovic, Nazif Mujic
Senada Alimanovic, Nazif Mujic

Senada Alimanovic und Nazif Mujic sind ein Paar im Hinterland von Bosnien-Herzegovina. Mit ihren kleinen Töchtern Semsa und Sandra überleben sie knapp dank dem Metall, das Nazif mit dem Zerlegen alter Autos erwirtschaftet. Brennholz schlägt er im Wald, währen Senada am Rande ihrer Kräfte kocht, wäscht und sich um die Mädchen kümmert. Bis sie eine Fehlgeburt erleidet und man ihr im Spital die lebensrettende Operation verweigert: Die Roma-Familie hat keine Krankenversicherung.

Danis Tanovic, der mit seinem No Man’s Land 2002 den Oscar gewann und unter anderem mit L’enfer ein Drehbuch von Kieslowski umsetzte, bleibt diesmal dokumentarisch: Die Familie spielt sich selber und stellt eine Episode aus ihrem eigenen Leben für die Kamera nach. „Berlinale 13: EPIZODA U ZIVOTU BERACE ZELJEZA – An Episode in the Life of an Iron Picker – von Danis Tanovic“ weiterlesen

Berlinale 13: CAMILLE CLAUDEL 1915 von Bruno Dumont

Juliette Binoche
Juliette Binoche

Fünfundzwanzig Jahre nachdem an der Berlinale Bruno Nuyttens Camille Claudel mit Isabelle Adjani uraufgeführt wurde, kommt ein anderer Bruno und macht alles ganz anders. Bruno Dumont ist einer der eigenwilligsten europäischen Filmemacher, seine Art, dem Drama der Camille Claudel näherzukommen dezidiert unkonventionell.

Juliette Binoche spielt die in einem Heim für geistig Behinderte und Irre eingesperrte Künstlerin 1915, die Mitpatienten werden von geistig Behinderten gespielt. In einer Szene proben zwei von ihnen gar eine Szene aus Don Juan unter der Regie einer der Schwestern, die den in einem alten Kloster untergebrachten Betrieb betreuen. Da spielen dann also geistig Behinderte geistig Behinderte welche wiederum Theater spielen. Das bringt Camille zuerst zum Lachen, dann zum Heulen.

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