Welthund

Dieser «erste Oberbaselbieter Kinospielfilm» hat seinen Ursprung in einer Fortsetzungsgeschichte, welche die Autorin Barbara Saladin in der Sissacher Lokalzeitung "Volksstimme" im Sommer 2004 veröffentlicht hat. Der dörfliche Krimi um seltsame Ereignisse und eine Sagengestalt kam gut an, und so entstand die Idee einer filmischen Umsetzung. «Welthund» ist als Low- oder gar «No Budget»-Produktion entstanden, mit Profischauspielerinnen und noch mehr Laien aus der Region. Fast das gesamte Budget von rund 80'000 Franken ging in die Postproduktion, also den Schnitt, die Endabmischung und die Kopienherstellung. Und wie sieht nun der fertige Film aus?

 Das hängt sehr von der eigenen Erwartungshaltung ab. Die Geschichte ums "Bachpfattli", den ruhelosen Geist eines Geizkragens, der das Dorf seiner Nachkommen terrorisiert, fängt stimmungsvoll grobkörnig und ausgewaschen an. Knapp über Bodenhöhe flitzt die Kamera über den Waldboden, dem alten Horrorfilmtrick gemäss den subjektiven Blick eines Tieres mimend. Jogger rennen durch den Wald, ein Mann mit Schlapphut ist mit seinem Hund unterwegs. Ein alter Bauer auf einer Waldlichtung reisst erschreckt die Augen auf und fällt tot um. Das Bachpfattli hat ihn ereilt. Anderen im Dorf gehts weniger schlecht, ihnen beschert die nächtliche Begegnung mit dem seltsamen grossen Hund bloss eitrige Ausschläge. Aber der Dorffrieden ist gestört…

Die inszenatorischen Mittel des Films sind begrenzt, die meisten Szenen wurden offensichtlich mit möglichst kleinem Aufwand gedreht und so sind auch die Anschlüsse der Szenen manchmal holprig, manchmal geglückt, viele Übergänge wirken willkürlich, weil szenenfremdes Material als cutaway herhalten musste. Wie die meisten vergleichbaren Produktionen hat auch "Welthund" zwei grosse Probleme. Das eine ist die Mischung von Profischauspielern mit Laien. Das mag funktionieren, wenn sie nicht aufeinandertreffen. Aber wenn Florian Schneider (das Basler "Phantom of the Opera") oder Charlotte Heinimann Dialogszenen mit Laien bestreiten, wirkt der Kontrast manchmal erschlagend. Nur die grossartige Sylvia Bossart als heimlifeisse alte Louise Gisin bringt es fertig, in jeder Szene gleichzeitig professionell und integrierend zu wirken. Neben ihr strahlen plötzlich auch hölzerne Darsteller für einen Moment auf.

Das zweite Problem ist das Drehbuch, das eine Fülle von Fäden und Figuren anspinnt, aber kaum einen Strang konsequent verfolgen kann, geschweige denn, einen Spannungsbogen aufrecht erhalten. So bleiben vor allem etliche sehr gelungene Szenen in der Erinnerung, beiläufige Auftritte bleicher Geister, oder inszenatorische Einfälle wie der beiläufige Kameraschwenk in der Dorfbeiz über "Bachpfattli"-Gebäck auf der Theke, nach dem das Geistergerücht die Touristen ins Dorf gebracht hat. Bloss wird der hübsche stumme "sight gag" dann totgeschlagen, weil die Serviertochter die Gäste auch noch fragen muss, ob sie ihren Kaffee mit "Bachpfattli-Brötli" möchten oder ohne.

So, wie der Film nun aussieht, hängt er zwischen einer dörflichen Laientheater-Produktion (auf hohem Niveau) und einer Art bewegtem Storyboard, das für die eigentliche Spielfilmentwicklung ideal wäre. Wer sich allerdings auf das Filmerlebnis einzulassen vermag, ohne bei jedem Schlagloch gleich auszusteigen, wird mit einem phantasievollen Garn belohnt, das – ausschliesslich im Hinblick auf seine Stimmung – manchem der Fernsehfilme von SF DRS sogar einen gewissen Biss voraus hat. Der Grund dafür dürfte in der Unbekümmertheit der Produktion zu finden sein, die sich zumindest hier als wirklich unabhängig erweist. In kaum einem aktuellen Film wird noch so unbekümmert geraucht wie in diesem, und diese Unbekümmertheit schlägt positiv auf die Stimmung durch.

Auf der offiziellen Welthund-Seite finden sich viel Hintergrundmaterial, lokale Presseberichte, Fotos, Merchandising (!), Hinweise auf Spielorte und -Zeiten und ein wirklich hübsch gemachter, minimalistischer Trailer. Und da liegt vielleicht das dritte Problem dieser Produktion: Trailer, professionelle Grafik und auch sonst etliches aus der Fundraising-Zeit wecken Erwartungen an die "production values", die der Film natürlich nicht einhalten kann. Tiefer stapeln hätte da vielleicht mehr geholfen.

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